Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
gleich, was geschieht. Du wirst deinen Hut aufbehalten und still und leise warten, bis ich zurückkomme, und dann sehen wir weiter, aye?«
    Jamie zog sich die Hutkrempe tiefer ins Gesicht – es war ein wettergegerbter Filzschlapphut, wie ihn die Schweinebauern trugen und unter dem er gut seine Haare verstecken konnte.
    »Wie kommst du denn darauf, dass ich das nicht vorhabe?«, fragte er genauso sehr aus Neugier wie aus angeborener Streitlust.
    »Deine Miene«, erwiderte Ian knapp. »Ich wünsche sie mir genauso sehr zurück wie du, Onkel Jamie – nun ja«, verbesserte er sich mit einem leisen Auflachen, »vielleicht nicht ganz so sehr – aber ich habe trotzdem vor, sie zurückzuholen. Du -«, er stieß seinen Onkel mit Nachdruck vor die Brust, »wartest gefälligst ab.«
    Damit ließ er Jamie unter einer hitzegeplagten Ulme stehen und schritt zielsicher auf die Tore des Palastes zu.
    Jamie holte ein paarmal tief Luft, um seine Verärgerung über Ian wachzuhalten, als Mittel gegen die Angst, die sich wie eine Schlange um seine Brust wand. Da diese Verärgerung jedoch von Anfang an nur gespielt gewesen war, löste sie sich in Luft auf wie der Wasserdampf über einem Kessel, und er wand sich vor Nervosität.
    Ian hatte das Tor erreicht und diskutierte mit dem Wachtposten, der dort mit gezogener Muskete stand. Jamie konnte sehen, wie der Mann heftig den Kopf schüttelte.
    Das hier war Unsinn, dachte er. Er spürte geradezu, wie es seinen Körper nach ihr drängte wie einen durstigen Matrosen nach Wochen der Flaute auf See. Er hatte dieses Bedürfnis schon oft gespürt, oft, in den Jahren ihrer Trennung. Doch warum jetzt? Sie war in Sicherheit; er wusste, wo sie war – war es nur die Erschöpfung der vergangenen Wochen und Tage, oder war es vielleicht die Schwäche des schleichenden Alters, die seine Knochen schmerzen ließ, als hätte man sie körperlich von ihm gerissen wie Adams Rippe, die Gott zu Eva machte?
    Ian redete mit beschwörenden Gesten auf den Wachtposten ein. Das Knirschen von Rädern auf dem Kies lenkte ihn ab; eine Kutsche kam die Auffahrt entlang, ein kleines offenes Gefährt mit zwei Passagieren und einem Kutscher, das von zwei hübschen Dunkelbraunen gezogen wurde.

    Der Posten hatte Ian mit dem Lauf seiner Muskete zurückgeschoben und wies ihn an, Abstand zu halten, während er und sein Kamerad die Tore öffneten. Die Kutsche ratterte ohne anzuhalten hindurch, bog in die Straße ein und kam an ihm vorbei.
    Er war Josiah Martin noch nie begegnet, glaubte aber, der untersetzte, wichtigtuerisch aussehende Herr müsse gewiss der – sein Blick fiel für den Bruchteil einer Sekunde auf die Frau, und sein Herz ballte sich zusammen wie eine Faust. Ohne jedes Nachdenken rannte er hinter der Kutsche her, so schnell er konnte.
    Zu seinen besten Zeiten hätte er nicht mit einem Pferdegespann mithalten können. Doch bis auf wenige Meter kam er an die Kutsche heran, und er hätte gerne gerufen, doch er bekam keine Luft, sah nichts, und dann stieß sein Fuß gegen einen deplaztierten Pflasterstein, und er fiel der Länge nach hin.
    Er blieb betäubt und atemlos liegen; ihm war schwarz vor Augen, seine Lungen standen in Flammen, und er hörte nichts als das schwächer werdende Klappern der Hufe und Wagenräder, bis ihn eine kräftige Hand am Arm packte und daran riss.
    »Wir werden jedes Aufsehen vermeiden, sagte er«, knurrte Ian und bückte sich, um Jamie die Schulter unter den Arm zu schieben. »Du hast deinen Hut verloren, ist dir das aufgefallen? Nein, natürlich nicht, und auch nicht, dass dich die ganze Straße angestarrt hat, du hirnkranker Trottel. Gott, du wiegst ja so viel wie ein dreijähriger Bulle!«
    »Ian«, sagte er und hielt dann inne, um nach Luft zu schnappen.
    »Aye?«
    »Du klingst wie deine Mutter. Hör auf damit.« Mehr Luft. »Und lass meinen Arm los. Ich kann selber laufen.«
    Ians Prusten ließ ihn noch mehr wie Jenny klingen, doch er hörte auf, und er ließ los. Jamie hob seinen Hut auf und humpelte zur Druckerei zurück, während ihm Ian unter angespanntem Schweigen durch die Straßen voller Gaffer folgte.
     
    Als wir den Palast heil hinter uns gelassen hatten, trabten wir gemächlich durch die Straßen von New Bern, ohne dabei großes Interesse unter den Bürgern hervorzurufen. Einige von ihnen winkten, ein paar riefen vage Feindseligkeiten, und die meisten starrten uns einfach nur an. Am Stadtrand steuerte der Kutscher das Gespann auf die Hauptstraße und wir rollten munter

Weitere Kostenlose Bücher