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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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waren abwechselnd geritten, während der andere an den Steigbügelriemen geklammert dahertrottete.
    Fergus hörte ihm aufmerksam zu, während er sich den Mund mit dem Taschentuch abwischte, das er aus dem Kragen gezogen hatte; sie waren mitten ins Abendessen geplatzt.
    »Der Sheriff – das ist Mr. Tolliver«, sagte er. »Ich kenne ihn. Sollen wir -«
    Jamie schnitt ihm mit einer abrupten Geste das Wort ab.

    »Da sind wir schon gewesen«, sagte er. Sie hatten den Sheriff nicht angetroffen, und es war niemand im Haus außer einer ziemlich betrunkenen Frau mit einem mürrischen Vogelgesicht, die schnarchend auf der Kaminbank lag und ein kleines Negerbaby im Arm hatte.
    Er hatte ihr das Baby abgenommen und es Ian gegeben, den er grimmig bat, darauf aufzupassen, während er die Frau so weit ausnüchterte, dass sie reden konnte. Er hatte sie auf den Hof gezerrt und eimerweise Brunnenwasser über sie geschüttet, bis sie keuchend blinzelte. Dann hatte er sie triefend und stolpernd zurück ins Haus gezerrt, wo er sie gezwungen hatte, Wasser zu trinken, das er über den angebrannten Zichorienkaffeesatz gegossen hatte, den er in der Kanne fand. Sie hatte sich ebenso heftig wie widerwärtig übergeben, aber einen Hauch von Sprachvermögen zurückerlangt.
    »Zuerst konnte sie uns nur sagen, dass die weiblichen Gefangenen alle fort waren – davongelaufen oder gehängt.« Er sagte nichts von der Angst, die ihm bei diesen Worten wie eine Lanze durch den Bauch gefahren war. Doch er hatte die Frau heftig geschüttelt und nach Details verlangt, und nach weiterer Anwendung von Wasser und dem ekelhaften Kaffee hatte er sie erhalten.
    »Vorgestern ist ein Mann gekommen und hat sie mitgenommen. Das war alles, was sie wusste – oder alles, woran sie sich erinnern konnte. Ich habe sie dazu gebracht, ihn mir zu beschreiben, so gut sie konnte – es war weder Brown noch Neil Forbes.«
    »Ich verstehe.« Fergus spähte hinter sich; seine Familie hatte sich vollständig um Ian geschart, um ihn mit Fragen zu löchern und ihn zu drücken. Doch Marsalis Blick war auf den Alkoven gerichtet; ihr Gesicht war voller Sorge, und ihr war anzusehen, dass sie gern zu ihnen gekommen wäre, doch Joan hing an ihrem Rock und hielt sie auf.
    »Wer könnte sie mitgenommen haben?«
    »Joanie, a chuisle , kannst du mich nicht loslassen? Hilf doch bitte Felicité, aye?«
    »Aber Mama -«
    » Jetzt nicht. Gleich, aye?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Jamie, und die Frustration der Hilflosigkeit stieg ihm wie schwarze Galle in der Kehle auf. Dann kam ihm plötzlich ein noch grauenvollerer Gedanke. »Gott, glaubst du, es könnte Stephen Bonnet gewesen sein?«
    Die gelallte Beschreibung der Frau hatte sich nicht nach dem Piraten angehört – doch sie war sich ihrer Sache auch alles andere als sicher gewesen. War es möglich, dass Forbes von seiner eigenen Flucht erfahren und einfach beschlossen habe, die Rollen in dem Drama, das er sich ausgedacht hatte, zu vertauschen – indem er Claire gewaltsam nach England verschiffte und versuchte, Jamie die Schuld an Malva Christies Tod in die Schuhe zu schieben?
    Das Atmen fiel ihm schwer, und er musste die Luft in seine Brust zwingen.
Wenn Forbes Claire an Bonnet übergeben hatte, würde er den Anwalt vom Schlüsselbein bis zum Schwanz aufschlitzen, ihm die Eingeweide aus dem Bauch reißen und ihn damit erwürgen. Und dasselbe galt für den Iren, sobald er ihn in die Finger bekam.
    »Papi, Papiee...« Joans Singsang drang schwach durch die rote Wolke, die seinen Kopf anfüllte.
    »Was denn, chérie ?« Fergus hob sie mit der Leichtigkeit langer Übung hoch und balancierte ihren runden kleinen Hintern auf dem linken Arm, um die rechte Hand frei zu behalten.
    Sie legte ihm die Arme um den Hals und zischte ihm etwas ins Ohr.
    »Oh, wirklich?«, sagte er sichtlich abgelenkt. » Très bien. Wo hast du es hingetan, chérie ?«
    »Zu den Schlimme-Damen-Bildern.«
    Sie zeigte auf das obere Regalbrett, auf dem mehrere in Leder gebundene, aber diskret unbetitelte Bände lagen. Als er in die Richtung blickte, in die sie zeigte, sah Jamie, dass zwischen zwei dieser Bücher ein fleckiger Zettel steckte.
    Fergus schnalzte verärgert mit der Zunge und versetzte ihr mit der gesunden Hand einen leichten Klaps auf den Hintern.
    »Du weißt doch, dass du dort nicht hinklettern sollst!«
    Jamie streckte die Hand aus und zog den Zettel heraus. Und spürte, wie ihm alles Blut aus dem Kopf sackte, als er die vertraute Handschrift sah.
    »Was?«

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