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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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dessen, was sich wahrscheinlich gerade darin abspielte; dieser geordnete Tanz der sich teilenden Zellen, eine Art friedlicher Gewaltakt, der ihr Leben für immer veränderte und ihr das Herz brach.
    Wann war es geschehen? Sie versuchte, zurückzudenken und sich zu erinnern. Möglich, dass es die Nacht vor Rogers Aufbruch nach Edenton gewesen war. Er war aufgeregt gewesen und hatte beinahe jubiliert, und sie hatten sich mit einer anhaltenden Wonne geliebt, unter die sich Sehnsucht mischte, denn sie wussten beide, dass der nächste Morgen die Trennung bringen würde. Sie war in seinen Armen eingeschlafen und hatte sich geliebt gefühlt.
    Doch sie war mitten in der Nacht allein erwacht und hatte ihn am Fenster sitzen sehen, vom Licht des Halbmonds überspült. Sie hatte seine einsamen
Gedankengänge nicht stören wollen, doch er hatte ihren Blick auf sich gespürt und sich umgedreht, und es hatte etwas in seinen Augen gelegen, das sie aufstehen und zu ihm gehen ließ, um seinen Kopf an ihre Brust zu legen und ihn zu halten.
    Dann hatte er sich erhoben, sie auf den Boden gelegt und sie noch einmal genommen, wortlos und drängend.
    Als Katholikin, die sie war, hatte sie es schrecklich erotisch gefunden; die Vorstellung, einen Pastor am Vorabend seiner Ordination zu verführen, ihn Gott zu stehlen, wenn auch nur für einen Moment.
    Sie schluckte, die Hände vor dem Bauch gefaltet. Vorsicht, worum du betest. Das hatten die Nonnen in der Schule den Kindern stets gesagt.
    Der Wind wurde jetzt kalt, so dass sie fror, und sie zog die Kante eines Quilts – des saubersten – über sich. Dann konzentrierte sie sich mit aller Kraft und begann ganz vorsichtig zu beten.

103
    Das Verhör
    Neil Forbes saß im Salon des King’s Inn und labte sich an einem Glas Cidre sowie dem Gefühl, dass alles gut war in der Welt. Er hatte eine höchst fruchtbare Zusammenkunft mit Samuel Iredell und seinem Freund hinter sich, zwei der prominentesten Rebellenführer von Edenton – und eine noch fruchtbarere Zusammenkunft mit Gilbert Butler und William Lyons, zwei ortsansässigen Schmugglern.
    Er besaß eine große Vorliebe für Juwelen, und zur Feier der eleganten Beseitigung jeder Bedrohung durch James Fraser hatte er sich eine neue Schmucknadel gekauft, die von einem bildschönen Rubin gekrönt wurde. Diese betrachtete er nun von stummer Genugtuung erfüllt und erfreute sich an den hübschen Schatten, die der Stein auf den Seidenstoff seiner Halsrüsche warf.
    Seine Mutter hatte er sicher im Haus seiner Schwester abgesetzt, er war zum Mittagessen mit einer Dame verabredet und hatte vorher noch eine Stunde Zeit. Vielleicht ein Spaziergang; es war ein herrlicher Tag.
    Er hatte den Stuhl schon zurückgeschoben und sich ans Aufstehen gemacht, als sich eine große Hand mitten auf seine Brust legte und ihn wieder auf den Stuhl drückte.
    »Was -?« Er blickte entrüstet auf – und achtete sehr darauf, sich diesen Gesichtsausdruck zu erhalten, obwohl ihm plötzlich Übles schwante. Ein hoch gewachsener, dunkelhaariger Mann stand über ihm, und seine Miene
war ausgesprochen unfreundlich. MacKenzie, der Ehemann der kleinen Nervensäge.
    »Wie könnt Ihr es wagen?«, begann er kampflustig. »Ich muss eine Entschuldigung verlangen!«
    »Ihr könnt verlangen, was Ihr wollt«, sagte MacKenzie. Unter seiner Sonnenbräune war er blass und grimmig. »Wo ist meine Frau?«
    »Woher soll ich das wissen?« Forbes’ Herz schlug rasend schnell, doch genauso vor Schadenfreude wie aus Angst. Er hob das Kinn und tat so, als wollte er aufstehen. »Ihr werdet mich entschuldigen, Sir?«
    Eine Hand auf seinem Arm hielt ihn auf, und als er sich umdrehte, blickte er in das Gesicht von Frasers Neffen, Ian Murray. Murray lächelte, und Forbes Gefühl der Genugtuung ließ ein wenig nach. Man erzählte sich, der Junge hätte bei den Mohawk gelebt und sei einer von ihnen geworden – dass er mit einem gefährlichen Wolf zusammenlebte, der mit ihm sprach und seinen Befehlen gehorchte, dass er einem Mann das Herz herausgeschnitten und es bei einem heidnischen Ritual verzehrt hatte.
    Doch als er jetzt das gewöhnliche Gesicht und die zerschlissene Kleidung des Jungen betrachtete, war Forbes alles andere als beeindruckt.
    »Entfernt Eure Hand von meiner Person«, befahl er würdevoll und richtete sich im Sitzen auf.
    »Nein, das lasse ich lieber«, sagte Murray. Die Hand legte sich fester um seinen Arm, wie das Gebiss eines Pferdes, und Forbes öffnete den Mund, auch wenn er kein

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