Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
dann schubste sie ihn von sich.
    Sein Gesicht und sein Hals waren dunkelrot angelaufen, und er atmete schwer. Er nickte der Hure zu und bückte sich, um mit unsicheren Fingern seine Hose aufzuheben. Er stand auf und wies mit einer Handbewegung auf den überfüllten Schreibtisch.
    »Nimm dir deine Bezahlung, Liebes, aber gib mir die Flasche wieder, aye?«
    Die Hure deutete einen Schmollmund an, trank aber einen letzten, großen Schluck Schnaps und reichte ihm die Flasche, die jetzt höchstens noch ein Viertel voll war. Sie zog ein zusammengefaltetes Tuch aus der Tasche an ihrer Taille und legte es zwischen ihre Oberschenkel, dann schüttelte sie ihre
Röcke zu Boden, trat an den Tisch und durchstocherte den Krimskrams vorsichtig nach verstreuten Münzen, die sie mit zwei Fingern herauspickte, um sie einzeln in die Tiefen ihrer Tasche fallen zu lassen.
    Bonnet, der jetzt wieder angezogen war, ging hinaus, ohne die beiden Frauen eines weiteren Blickes zu würdigen. Die Luft in der Kajüte war heiß und stickig und roch nach Sperma, und Brianna spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Nicht angewidert, sondern panisch. Der kräftige Männergeruch hatte eine instinktive Reaktion ausgelöst, die ihr ganzes Inneres packte; einen kurzen, verwirrenden Moment lang spürte sie Rogers Haut schweißnass an der ihren, und ihre Brüste kribbelten geschwollen und sehnsüchtig.
    Sie presste Lippen und Beine fest zusammen, ballte die Hände zu Fäusten und atmete flach. Das Letzte, was sie jetzt ertragen konnte, dachte sie, wirklich das Letzte – war der Gedanke an Roger und Sex, während sie sich nur irgendwie in Stephen Bonnets Nähe befand. Sie schob den Gedanken entschlossen beiseite und näherte sich der Hure, während sie nach einer Bemerkung fischte, mit der sie eine Unterhaltung anfangen konnte.
    Die Hure spürte ihre Bewegung und warf einen Blick auf Brianna, registrierte ihr zerrissenes Kleid, aber auch dessen gute Qualität, beachtete sie dann aber nicht weiter und setzte ihre Münzensuche fort. Wenn sie ihre Bezahlung hatte, würde die Frau gehen und zu den Docks zurückkehren. Es war eine Chance, Roger und ihren Eltern eine Nachricht zukommen zu lassen. Keine große vielleicht, aber doch eine Chance.
    »Kennt Ihr… äh … ihn gut?«, sagte sie.
    Die Hure sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Wen? Oh, Stephen? Aye, er ist ein guter Kunde.« Sie zuckte mit den Achseln. »Braucht nie länger als zwei oder drei Minuten, macht kein Palaver wegen des Geldes, will’s immer nur ganz einfach. Hin und wieder ist er grob, aber er schlägt nur zu, wenn man sich widersetzt, und so dumm ist sowieso keiner. Zumindest nicht öfter als einmal.« Ihre Augen verweilten einen Moment auf Briannas zerrissenem Kleid, und sie zog sardonisch eine Augenbraue hoch.
    »Ich werde es mir merken«, sagte Brianna trocken und zog die Kante ihrer zerrissenen Chemise höher. In dem Durcheinander auf dem Tisch fiel ihr eine Glasflasche ins Auge, die mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt war und einen kleinen, runden Gegenstand enthielt. Es konnte doch wohl nicht … doch so war es. Ein rundes, fleischiges Objekt, das sehr an ein hartgekochtes Ei erinnerte und gräulichrosa gefärbt war – und von einem sauberen Loch durchbohrt war.
    Sie bekreuzigte sich, und ihr wurde mulmig zumute.
    »Ich war schon ganz überrascht«, fuhr die Hure fort und betrachtete Brianna mit unverhohlener Neugier. »Soweit ich weiß, hat er noch nie zwei Mädchen zusammen gehabt. Eigentlich mag er es nicht, wenn jemand dabei zusieht, wie er seinen Spaß hat.«

    »Ich bin keine -«, begann Brianna, doch dann hielt sie inne, weil sie die Frau nicht beleidigen wollte.
    »Keine Hure?« Die junge Frau grinste breit, so dass ihre schwarze Zahnlücke sichtbar wurde. »Darauf wäre ich auch selbst gekommen, Herzchen. Nicht, dass das für Stephen irgendeine Rolle spielen würde. Er pflanzt, wo er lustig ist, und ich kann mir schon vorstellen, dass er Lust auf Euch hat. Das hätten die meisten Männer.« Sie betrachtete Brianna mit einem neutralen, abschätzenden Blick und wies kopfnickend auf ihr zerzaustes Haar, ihr rotes Gesicht und ihre schlanke Gestalt.
    »Euch mögen sie doch bestimmt auch«, sagte Brianna mit einem schwach surrealen Gefühl. »Äh … wie heißt Ihr eigentlich?«
    »Hepzibah«, sagte die Frau voller Stolz. »Oder kurz Eppie.« Es lagen zwar noch Münzen auf dem Tisch, doch die Frau rührte sie nicht an. Bonnet mochte großzügig sein, aber offenbar wollte

Weitere Kostenlose Bücher