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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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achtete nicht darauf und stürzte auf sie zu. Sie fiel rückwärts über das Geländer und landete ungeschickt auf Händen und Knien auf dem Palmdach, doch er hatte sie zumindest nicht erwischt.
    Sie kroch hektisch auf die Dachkante zu, stieß ständig mit Händen und Knien durch das Dach und ließ dann die Beine über die Dachkante baumeln, panisch auf der Suche nach den Tritten der Leiter.
    Er war hinter ihr, packte ihr Handgelenk mit festem Griff, zerrte sie auf das Dach zurück. Sie holte mit der freien Hand aus und zog ihm die Elfenbeinstange
quer über das Gesicht. Er brüllte auf und lockerte seinen Griff; sie entwand sich seiner Hand und ließ sich fallen.
    Sie landete mit einem markerschütternden Plumps auf dem Rücken im Sand und lag wie gelähmt da, unfähig zu atmen, während ihr der Regen ins Gesicht prasselte. Ein Triumphschrei kam vom Dach, gefolgt von einem bestürzten Knurren. Er dachte, er hätte sie umgebracht.
    Fein , dachte sie benommen. Glaub das ruhig weiter. Der Schock des Aufpralls ließ langsam nach, ihr Zwerchfell setzte sich ruckartig in Bewegung, und wunderbare Luft rauschte in ihre Lungen. Konnte sie sich bewegen?
    Sie wusste es nicht und traute sich auch nicht, es auszuprobieren. Durch ihre regennassen Wimpern sah sie, wie sich Emmanuels massiger Körper vom Dach herabließ und sein Fuß nach den einfachen Tritten angelte, die, wie sie jetzt sehen konnte, an die Wand genagelt waren.
    Sie hatte ihre Waffe verloren, als sie stürzte, entdeckte sie aber dumpf glänzend dicht neben ihrem Kopf. Da ihr Emmanuel gerade den Rücken zukehrte, fasste sie mit einer raschen Handbewegung danach. Dann lag sie wieder still und stellte sich tot.
     
    Sie hatten das Haus fast erreicht, als Geräusche aus dem Wald sie zum Stehen brachten. Roger erstarrte, duckte sich und verließ den Weg. Jamie und Ian waren schon mit dem Wald verschmolzen. Doch die Geräusche kamen nicht vom Weg, sondern von einer Stelle irgendwo zu ihrer Linken – Stimmen, Männerstimmen, die Befehle riefen, und das Schlurfen von Füßen, das Klirren von Ketten.
    Panik durchfuhr ihn. Brachten sie sie etwa fort? Obwohl er vom Regen durchnässt war, spürte er, wie ihm am ganzen Körper der kalte Schweiß ausbrach, kälter als der Regen.
    Howard, der Mann, den sie im Wald gestellt hatten, hatte ihnen versichert, dass Brianna im Haus in Sicherheit war, doch was wusste er schon? Er lauschte angestrengt auf eine Frauenstimme, und dann hörte er sie, ein schriller Aufschrei.
    Er bewegte sich ruckartig darauf zu, doch Jamie war an seiner Seite und packte ihn am Arm.
    »Das ist nicht Brianna«, sagte sein Schwiegervater drängend. »Ian geht nachsehen. Du und ich – ab zum Haus!«
    Ihnen blieb keine Zeit zum Diskutieren. Vom Strand drangen schwach die Geräusche einer gewaltsamen Auseinandersetzung zu ihnen – Gebrüll und Aufschreie -, doch Jamie hatte Recht, es war nicht Briannas Stimme. Ian, der schon auf den Strand zurannte, gab sich jetzt keine Mühe mehr, leise zu sein.
    Eine Sekunde des Zögerns, weil ihn sein Instinkt drängte, Ian zu folgen, dann war Roger wieder auf dem Weg und folgte Jamie im Laufschritt zum Haus.

    Emmanuel beugte sich über sie; sie spürte ihn und fuhr auf wie eine zuschnappende Schlange, benutzte ihr angespitztes Korsettstäbchen wie einen Fangzahn. Sie hatte auf seinen Kopf gezielt und auf ein Auge oder die Kehle gehofft, mindestens aber damit gerechnet, dass er automatisch zurückfahren und damit kurz im Nachteil sein würde.
    Er fuhr tatsächlich zurück, war aber viel schneller, als sie gedacht hatte. Sie stach mit aller Kraft nach ihm, und das angespitzte Stäbchen fuhr ihm unter den Arm, wo es mit einem Aufprall wie in Gummi stecken blieb. Zuerst erstarrte er und glotzte mit ungläubig geöffnetem Mund auf das Stück Elfenbein, das aus seiner Achselhöhle ragte. Dann zerrte er es heraus und stürzte sich mit heiserem Wutgebrüll auf sie.
    Doch sie war schon auf den Beinen und rannte dem Wald entgegen. Irgendwo vor sich hörte sie Rufe – und einen Schrei, der ihr das Blut in den Adern gerinnen ließ. Noch einen, und dann noch mehr, die jetzt von der Vorderseite des Hauses kamen.
    »Casteal DHUUUUUUIN!«
    »Pa« , dachte sie völlig verblüfft, dann stolperte sie über einen Ast, fiel Hals über Kopf hin und landete als zerzauster Haufen.
    Während sie sich hochkämpfte, kam ihr der absurde Gedanke: » Das kann nicht gut für das Baby sein .« Dann tauchte Emmanuel aus dem Nichts an ihrer Seite auf und

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