Ein Hauch von Schnee und Asche
oder wen auch immer zu warnen, ihn mir ja nicht wegzunehmen.
113
Die Geister von Culloden
Als es dämmerte, stand Roger neben seinem Schwiegervater hinter dem niedrigen Erdwall, die Muskete in der Hand, und blinzelte angestrengt in den Nebel. Die Geräusche einer Armee drangen deutlich zu ihm; Töne leitete der Nebel gut. Das gemessene Stampfen der Füße, obwohl sie nicht annähernd im Gleichschritt gingen. Metallklirren und Stoffrascheln. Stimmen – die Rufe der Offiziere, dachte er, die begannen, ihre Truppen zu ordnen.
Inzwischen mussten sie die verlassenen Lagerfeuer gefunden haben; sie würden wissen, dass der Feind jetzt am anderen Ufer lag.
Kräftiger Talggeruch lag in der Luft; Alexander Lillingtons Männer hatten die Längsbalken geschmiert, nachdem sie die Planken entfernt hatten. Er hatte den Eindruck, seine Schusswaffe jetzt schon seit Stunden festzuhalten, und doch war das Metall nach wie vor kalt in seiner Hand – seine Finger waren steif.
»Hörst du, was sie rufen?« Jamie wies kopfnickend auf den Nebel, der das andere Ufer verhüllte. Der Wind hatte sich gedreht; es kamen nur zusammenhanglose gälische Satzfetzen von jenseits der Zypressenstämme, und er verstand sie nicht. Jamie schon.
»Wer auch immer sie anführt – der Stimme nach glaube ich, dass es McLeod ist -, will den Bach im Sturm nehmen«, sagte er.
»Aber das ist glatter Selbstmord«, sagte Roger. »Sie müssen es wissen – es hat doch sicher jemand die Brücke gesehen?«
»Sie sind Highlander«, erwiderte Jamie leise, den Blick auf den Ladestock gerichtet, den er gerade hervorzog. »Sie werden dem Mann folgen, dem sie die Treue schwören, auch wenn er sie in den Tod führt.«
Ian stand in der Nähe; er warf einen raschen Blick in Rogers Richtung, dann hinter sich, wo sich Kenny und Murdo Lindsay mit Ronnie Sinclair und den McGillivrays befanden. Sie standen beiläufig beisammen, doch jede Hand lag an einer Muskete oder einem Gewehr, und ihre Augen huschten alle paar Sekunden zu Jamie hinüber.
Sie waren an diesem Ufer zu Oberst Lillingtons Männern gestoßen; Lillington schritt zwischen den Männern hin und her und ließ den Blick auf und ab huschen, um ihre Kampfbereitschaft einzuschätzen.
Bei Jamies Anblick blieb Lillington abrupt stehen, und Roger verspürte ein dumpfes Gefühl in der Magengegend. Randall Lillington war ein naher Verwandter des Obersts gewesen.
Alexander Lillington war kein Mann, der seine Gedanken geheim halten
konnte; ganz offensichtlich war ihm klar, dass seine eigenen Männer fünfzehn Meter weiter standen und sich Jamies Männer zwischen ihm und ihnen befanden. Sein Blick huschte in den Nebel hinüber, wo Donald McLeods Rufe vom anschwellenden Gebrüll seiner Highlander beantwortet wurden, dann wieder zu Jamie.
»Was sagt er?«, wollte Lillington wissen. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte stirnrunzelnd zum anderen Ufer, als würde ihm seine Konzentration die Bedeutung der Worte erschließen.
»Er sagt zu ihnen, dass ihr Mut ihnen zum Sieg verhelfen wird.« Jamie blickte zum Kamm der Anhöhe in ihrem Rücken hinüber. Mutter Covingtons lange schwarze Nase war im Nebel gerade eben zu sehen. »Wäre es doch so« , fügte er leise auf Gälisch hinzu.
Alexander Lillington streckte plötzlich die Hand aus und packte Jamie am Handgelenk.
»Und Ihr, Sir?«, fragte er mit offenem Argwohn in Blick und Stimme. »Seid Ihr nicht auch Highlander?«
Lillingtons andere Hand ruhte auf der Pistole in seinem Gürtel. Roger spürte, wie die Männer hinter ihm ihre beiläufigen Gespräche einstellten, und sah sich um. Jamies Männer beobachteten das Geschehen mit großer Neugier, aber nicht besonders alarmiert. Offenbar hatten sie das Gefühl, dass Jamie selbst mit Lillington zurechtkommen konnte.
»Ich frage Euch, Sir – wem gilt Eure Loyalität?« »Wo stehe ich denn, Sir?«, sagte Jamie ausgesucht höflich. »Auf dieser Seite des Bachs oder auf der anderen?«
Ein paar der Männer grinsten bei diesen Worten, verkniffen sich aber das Lachen; die Frage der Loyalität war immer noch ein wunder Punkt, den keiner unnötig ansprach.
Lillingtons Griff um Jamies Handgelenk lockerte sich, doch er ließ ihn noch nicht los, auch wenn er Jamies Worte mit einem Kopfnicken zur Kenntnis nahm.
»Schön und gut. Aber woher sollen wir wissen, dass Ihr nicht vorhabt, uns im Kampf in den Rücken zu fallen. Denn Ihr seid doch Highlander, oder nicht? Und Eure Männer?«
»Ich bin Highlander«, sagte Jamie mit
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