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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hässlichen Brandzeichen auf seiner Wange.
    »Der Rotrock da drüben«, sagte er mit aufgesetzter Sorglosigkeit, während er eine Kiste abstellte. »Ihr kennt ihn doch, oder, Ma’am?«
    »Das ist Major MacDonald«, sagte ich und vermied es bewusst, in die Richtung des Majors zu blicken; ich konnte spüren, wie er mir Löcher in den Rücken starrte. »Ja. Er… arbeitet für den Gouverneur, glaube ich. Aber nicht als regulärer Soldat; er ist Offizier auf halbem Sold.«
    Dieses Wissen schien Bobby ein wenig zu beruhigen. Er holte Luft, als wollte er etwas sagen, überlegte es sich dann aber anders. Stattdessen griff er in sein Hemd und zog einen versiegelten Brief hervor, den er mir reichte.
    »Der ist für Euch«, erklärte er. »Von Seiner Lordschaft. Ist Miss Lizzie zufällig in der Nähe?« Sein Blick suchte bereits die Schar der Frauen und Mädchen ab, die die Tische deckte.
    »Ja, ich habe sie zuletzt in der Küche gesehen«, erwiderte ich, und ein leises Gefühl der Beklommenheit huschte mir über den Rücken. »Sie kommt gleich. Aber Ihr… Ihr wisst doch, dass sie verlobt ist, nicht wahr, Bobby? Ihr Verlobter kommt mit den anderen Männern zum Abendessen.«
    Er sah mich direkt an, und sein Lächeln war unvergleichlich hinreißend.
    »Oh, aye, Ma’am, das weiß ich wohl. Ich wollte mich nur dafür bedanken, dass sie so freundlich zu mir war, als ich das letzte Mal hier war.«
    »Oh«, sagte ich ohne das geringste Vertrauen in dieses Lächeln. Trotz seines blinden Auges war Bobby ein hübscher Kerl – und er war Soldat gewesen. »Nun … gut.«
    Bevor ich noch etwas sagen konnte, hörte ich Männerstimmen zwischen den Bäumen. Es war nicht ganz Gesang, eine Art rhythmischer Singsang. Ich war mir nicht sicher, was es war – ich konnte gälische »Ho-ro!«-Laute heraushören – doch alle schienen einträchtig mitzugrölen.
    Die Heuernte war eine völlig unbekannte Erfahrung für die neuen Pächter, die eher daran gewöhnt waren, Tang zu rechen als Gras zu mähen. Doch Jamie, Arch und Roger hatten sie geduldig eingearbeitet, und ich hatte nur eine Hand voll kleinerer Verletzungen nähen müssen. Daher ging ich davon aus, dass die Ernte ein Erfolg gewesen war – keine abgehackten Hände und Füße, ein paar laute Streitereien, aber keine Schlägereien, und es war nicht mehr Heu als sonst zertrampelt oder ruiniert worden.
    Sie schienen alle bester Laune zu sein, als sie sich jetzt auf dem Hof verteilten, schmutzig, schweißdurchtränkt und durstig wie die Schwämme. Sie umringten Jamie; er lachte und stolperte, als ihn jemand schubste. Sein Blick fiel auf mich, und ein breites Grinsen zerteilte sein sonnengebräuntes Gesicht. Mit einem Schritt hatte er mich erreicht und umfing mich in einer überschwänglichen Umarmung, die nach Heu, Pferden und Schweiß roch.
    »Geschafft, bei Gott!«, sagte er und küsste mich gründlich. »Himmel, ich brauche etwas zu trinken. Und nein, das ist keine Gotteslästerung, lieber Roger«, fügte er hinzu und blickte hinter sich. »Es ist tief empfundene Dankbarkeit und großer Durst, aye?«
    »Aye. Trotzdem, eins nach dem anderen, aye?« Roger war hinter Jamie aufgetaucht. Seine Stimme war so heiser, dass sie in dem allgemeinen Aufruhr kaum zu hören war. Er schluckte und verzog das Gesicht.
    »Oh, aye.« Jamie warf einen raschen, abschätzenden Blick auf Roger, dann zuckte er mit den Schultern und trat in die Mitte des Hofes.
    »Eìsd-ris! Eìsd-ris« , dröhnte Kennny Lindsay bei seinem Anblick. Evan und Murdo fielen ein und riefen so laut »Hört ihn an!«, dass die Menge zu verstummen und sich zu konzentrieren begann.

    »Ich spreche das Gebet mit meinem Mund,
ich spreche das Gebet aus meinem Herzen,
ich richte das Gebet an Dich selbst,
o heilende Hand, o Sohn des erlösenden Gottes.«
    Er sprach kaum lauter als sonst, doch es wurde sofort vollkommen still, so dass die Worte deutlich erklangen.
    »Du, Herr, Gott der Engel,
breite Deine Leinenrobe über mich,
beschütze mich vor jeder Hungersnot,
verschone mich von jedem Geisterspuk,
stärke mich im Guten,
leite mich in der Not,
behüte mich bei jeder Krankheit,
und halte mich von bösen Taten ab.«
    Schwacher Beifall regte sich in der Menge; ich sah, wie einige der Fischersleute die Köpfe neigten, obwohl sie die Blicke weiter auf ihn gerichtet hielten.
    »Sei zwischen mir und allen Schrecknissen,
sei zwischen mir und allem Bösen,
sei zwischen mir und jeder Grausamkeit,
die mir dunkel naht.
     
     
    O Gott der

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