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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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negativen Eindruck hinterlassen. Die Augen fest auf Bobbys Brandzeichen gerichtet, bejahte er die Frage mit dem kleinstmöglichen Kopfnicken. Ohne mich beirren zu lassen, wies ich mit einer Geste auf die Indianer, die Hiram mit deutlich größerem Interesse betrachteten als er es ihnen gegenüber an den Tag legte. »Darf ich Euch Miss Wilson vorstellen, ihren Bruder, Mr. Wilson, und ihre… äh … Freunde?«
    Hiram erstarrte noch mehr, sofern das möglich war.
    »Wilson?«, sagte er in unfreundlichem Ton.
    »Wilson«, bestätigte Miss Mouse fröhlich.
    »Das war der Familienname meiner Frau«, quetschte er in einem Tonfall heraus, der keinen Zweifel daran ließ, dass er seine Verwendung durch die Indianer für eine grobe Entgleisung hielt.
    »Oh«, sagte ich. »Wie schön. Meint Ihr, sie könnten vielleicht Verwandte Eurer Frau sein?«
    Seine Augen quollen leicht vor, und ich hörte ein ersticktes Gurgeln aus Bobbys Richtung.
    »Nun, sie haben den Namen doch ganz offensichtlich von einem schottischen Vater oder Großvater«, erläuterte ich. »Vielleicht…«

    Hirams Gesicht arbeitete wie ein Nussknacker und wurde in rascher Folge von Gefühlen überzogen, die von Wut bis hin zur Bestürzung reichten. Seine rechte Hand ballte sich zusammen, und Zeige- und kleiner Finger standen wie Hörner ab, das Zeichen gegen das Böse.
    »Großonkel Ephraim«, flüsterte er. »Jesus steh uns bei.« Und ohne ein weiteres Wort machte er auf dem Absatz kehrt und wackelte davon.
    »Wiedersehn!«, rief Miss Mousie auf Englisch und winkte. Er sah sich mit einem kurzen, gehetzten Blick nach ihr um und flüchtete dann, als seien Dämonen hinter ihm her.
     
    Schließlich traf der Whisky ein, und nachdem reichlich davon an Patientin wie Zuschauer ausgeteilt worden war, nahm die Operation endlich ihren Lauf.
    Die Feile wurde normalerweise für Pferdezähne benutzt und war daher ein wenig größer, als es mir lieb war, doch sie funktionierte. Miss Mouse tat lauthals kund, wie unangenehm es sich anfühlte, doch mit zunehmendem Whiskykonsum wurden ihre Klagen leiser. Bis ich so weit war, dass ich ihren Zahn ziehen musste, würde sie nichts mehr spüren.
    Unterdessen unterhielt Bobby Jamie und Ian, indem er Hiram Crombies Reaktion auf die Entdeckung imitierte, dass er möglicherweise gemeinsame Familienbande mit den Wilsons besaß. Zwischen seinen Lachanfällen übersetzte Ian den Indianern, worum es ging, und sie wälzten sich von Belustigung geschüttelt im Gras.
    »Haben sie denn einen Ephraim Wilson in ihrem Stammbaum?«, fragte ich und nahm Miss Mousies Kinn fest in die Hand.
    »Nun, sie sind sich nicht sicher, ob er Ephraim hieß, aber aye, den haben sie.« Jamie grinste breit. »Ihr Großvater war ein schottischer Wanderer. Ist lange genug geblieben, um ihre Großmutter zu schwängern, dann ist er von einer Klippe gestürzt und unter einem Erdrutsch verschüttet worden. Sie hat natürlich wieder geheiratet, aber sie mochte den Namen.«
    »Ich frage mich, was es nur war, das Großonkel Ephraim aus Schottland vertrieben hat?« Ian setzte sich hin und wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
    »Wahrscheinlich der unausweichliche Umgang mit Menschen wie Hiram«, sagte ich und kniff die Augen zusammen, um zu sehen, was ich tat. »Meint Ihr -« Ich begriff plötzlich, dass alle aufgehört hatten zu lachen und zu reden und ihre Aufmerksamkeit auf etwas am anderen Ende der Lichtung gerichtet hatten.
    Es war die Ankunft eines weiteren Indianers, der etwas in einem Bündel über der Schulter trug.
     
    Der Indianer war ein Mann namens Sequoyah, der um einiges älter war als die Wilsons und ihre Freunde. Er nickte Jamie nüchtern zu, schwang sich
das Bündel von der Schulter, legte es zu Jamies Füßen auf den Boden und sagte etwas auf Cherokee.
    Jamies Gesicht veränderte sich; die letzten Spuren der Belustigung verschwanden und wichen der Neugier – und dem Argwohn. Er kniete sich hin, schlug das zerschlissene Leinentuch zurück und legte ein Durcheinander verwitterter Knochen frei, aus deren Mitte uns die Augenhöhlen eines Schädels entgegenstarrten.
    »Wer zum Teufel ist das ?« Ich hatte die Arbeit eingestellt und stand mit allen anderen, Miss Mouse eingeschlossen, da und starrte auf den Neuankömmling hinunter.
    »Er sagt, es ist der Alte, dem die Hütte gehört hat, von der MacDonald erzählt hat – die jenseits der Vertragsgrenze gestanden hat und abgebrannt ist.« Jamie streckte die Hand aus und hob den Schädel auf, den er sanft

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