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Ein Hauch von Seele

Ein Hauch von Seele

Titel: Ein Hauch von Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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potentiellen Opfer den Risikobereich verlassen hatten, dann begann er, Bannsiegel an dem Gebäude anzubringen. Wenn der Poltergeist da drinnen gefangen saß, war schon einmal das wichtigste Ziel erreicht. Für die Außenwelt bestand anschließend nur noch Gefahr durch Explosionen oder schwere Geschosse, die Fenster oder Wände durchschlugen. Bannsiegel wirkten leider nicht so intensiv wie ein Beschwörungskreis, der würde sogar verhindern, dass der gefangene Dämon irgendetwas von innen nach außen schleudern könnte. Ein Kreis von dieser Größe wäre allerdings viel zu aufwändig zu erstellen. Ebereschenpulver und geweihte Kreide waren teuer und beides in der freien Natur störanfällig für Regen, Wind und Getier aller Art.
    Alle Müdigkeit fiel von ihm, während er höchst konzentriert seiner Arbeit nachging. Sobald er sicher sein konnte, dass der Bann wirkte, betrat er die Turnhalle.
    Wie erwartet, begegneten ihm Chaos und Zerstörung. Der Poltergeist hatte so ziemlich alles zerschlagen, was sich in diesem Gebäude befunden haben mochte – Turngeräte, Türen, die Spinde in den Umkleiden, Putzmaterial, einfach alles. Matten und Seile lagen zerfetzt über den Boden verstreut, und irgendwo mussten Eimer mit grüner und blauer Farbe gelagert worden sein, die der Poltergeist großzügig verteilt hatte – deshalb also waren die Kinder mit Farbe bespritzt gewesen.
    Jeremy hielt ein Kästchen mit entweihter, von Dämonenblut beschmutzter Erde in der einen, und eine geweihte Waffe schlagbereit in der anderen Hand. Als er vor ein paar Monaten zum ersten Mal gegen einen Poltergeist angetreten war, hatten Zedrik und er den Unhold schlicht nicht zu packen bekommen. Tagelang hatten sie ihn durch das Gebäude verfolgt, in dem sie ihn mit Bannsiegeln festgesetzt hatten, bis Jeremy schließlich in seiner erschöpften Verzweiflung Groshphank beschworen hatte. Seitdem wusste er, dass Poltergeister einen speziellen Köder brauchten: Entweihte Erde zog sie geradezu magisch an. Warum auch immer. Höchst konzentriert schritt Jeremy voran, sehr langsam, alle Sinne geschärft. Der Poltergeist verhielt sich ruhig, gewiss lauerte er auf eine Gelegenheit, um ihn fertig zu machen. Interessanterweise töteten Poltergeister beinahe nie absichtlich, obwohl sie solch durch und durch verdorbene Charaktere zu Lebzeiten gewesen waren. Im Gegensatz zu menschgeborenen Dämonen, die meist zu den grausamsten Killern mutierten, gleichgültig, wie friedliebend sie zuvor gewesen sein mochten. Die Reduzierung auf den Seelenzustand brachte also immense Verbesserungen mit sich … Eine Ausnahme waren Vampire, die regelmäßig Seelenkraft zu sich nahmen und dadurch menschlicher waren als nahezu alle anderen Dämonenrassen. Übertroffen wurden sie nur noch durch die Succubi, die auf den Diebstahl von Seelen spezialisiert waren.
    Vermutlich war das die Erklärung dafür, warum Zedrik so etwas wie Skrupel und ein Gefühl für Gut und Böse besaß; immerhin besaß er diesen Hauch von Seele.
    Wodurch er ausschließlich leidet. Nimmt man ihm das weg, wird er vermutlich zu einem gewissenlosen Monster, das ich letztendlich töten muss, dachte Jeremy traurig. Verdammte Welt, wieso gab es keine Gerechtigkeit?
    Sein Fehler wurde ihm klar, als er es hinter sich rauschen hörte. Er hatte sich ablenken lassen, verdammt!
    Nur seine jahrelang trainierten Reflexe retteten ihm den Kopf, als er es gerade noch schaffte sich zu ducken. Die Überreste eines Sprungbrettes zerschellten neben ihm an der Wand. Umherfliegende Trümmer und Splitter trafen Jeremys ungeschützten Körper. Glücklicherweise hatte er heute Morgen vorgesorgt und schwarze, schmutzunempfindliche Kleidung angelegt, zudem seine ältesten Sachen, die für solche Zwecke gedacht waren. Vor allem die Jacke war praktisch, sie hatte viele Taschen, in denen er seine gesamte Ausrüstung transportieren konnte und so die Hände frei behielt. Harrison hatte recht verkrampft gewirkt, als er gesehen hatte, mit welchen Schuhen sein Herr auf die Straße ging – unpoliert und zerkratzt – doch er hatte es aufrecht ertragen.
    Eine weiße Platte, an der ziemlich sicher zuvor ein Basketballkorb befestigt gewesen war, flog heran, zwang Jeremy auszuweichen und sich über den Boden abzurollen. Durch eine große Lache grüner Farbe. Armer Harrison!
    Jetzt reicht es aber , dachte er wütend. Er rannte geduckt in die Mitte des Schlachtfelds, in das die Sporthalle verwandelt worden war, stellte das Kästchen auf den Boden und

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