Ein Haus für vier Schwestern
unterhaltsam gefunden als Erics Klassenausflug in die Kläranlage in der Fünften.
»Sieht nicht ganz billig aus.«
»So schlimm war es gar nicht.«
»Wie viel schulde ich dir?«
»Sechshundertachtzig Dollar.«
»Für eine Nacht?«
»Ich habe zwei Zimmer gebucht.«
»Es ist mir egal, ob sie mir Clark Gable mit ins Bett legen. Auf keinen Fall …«
»Du bist reich, was soll’s also?«
»Noch bin ich nicht reich.«
Elizabeth grinste verschlagen. »Und es hat auch nicht so viel gekostet. Du kannst dich wieder beruhigen, okay?«
»Du doofe Zimtzicke.« Sie lächelte und der Tonfall war fast liebevoll.
»Hör auf, dir dauernd Sorgen zu machen. Es wird alles glatt über die Bühne gehen.«
Christina warf Elizabeth einen Seitenblick zu, bevor sie ausstieg. »Man merkt dir dein Alter doch an.«
»Zimtzicke«, murmelte Elizabeth.
»Das habe ich gehört.«
»Solltest du auch.«
Sie checkten ein, machten sich frisch und trafen sich in der Lobby. Christina war zuerst da. Als Elizabeth kam, sprach sie gerade mit dem Mann an der Rezeption. Sie strahlte Elizabeth an.
»Das ist unglaublich. Joe«, sie nickte in Richtung des Mannes, »hat einen Film eingereicht. Er sagt, viele von den Filmleuten, die schon da sind, haben sich in der Bar Zum wandernden Elch getroffen. Was meinst du? Sollen wir auch hingehen? Das könnte doch ganz nett werden.«
»Ja, schätze schon.« Randy wollten sie erst am nächsten Abend treffen, nach der Preisverleihung. Sie nahm Christina am Arm und zog sie von der Rezeption weg. »Und wenn wir Randy treffen?«
»Dann übergeben wir ihm die Papiere.«
»Ich dachte, du wolltest …« Machte es einen Unterschied, wann Christina das tat? »Vergiss es. Warte bitte einen Moment, ich muss noch mal kurz aufs Zimmer.«
Elizabeths Pfefferspray hatte nicht mehr in die Handtasche gepasst und lag deswegen noch im Koffer.
Die Bar war riesig, dunkel und laut, obwohl sie nur halb voll war. Christina sah sich um. »Ich kann Randy nirgends entdecken. Lass uns den Tisch dort drüben nehmen, dann können wir die Tür im Auge behalten.« Sie fand es offensichtlich wirklich nett hier. Deswegen war es für Elizabeth ziemlich schwierig, einen gelangweilten Eindruck zu machen. Ihr kam das Ganze eher vor wie eine der Detektivgeschichten, die sie so gern las. Sie würde jede Sekunde genießen, und wenn es nur in ihrer Einbildung war.
Eine gefärbte Blondine mit gestrafften Oberschenkeln und aufgemotzten Brüsten kam an ihren Tisch. »Was kriegt ihr?«
»Kaffee«, sagte Elizabeth.
»Bleifrei?«
Was war bloß mit den jungen Leuten unter dreißig los? Elizabeth war noch keine fünfzig und wurde behandelt wie eine Greisin. »Nein, schwarz und stark, bitte.«
»Hoho«, sagte Christina. »Gewagt.« Sie sah die Bedienung an. »Für mich auch, bitte.«
»So. Wonach suchen wir? Groß, klein, dürr, fett?«, fragte Elizabeth, nachdem die Bedienung weg war.
»Groß, dunkler Typ, schulterlange braune Haare, blaue Augen, athletisch.«
»Vorsicht. Du klingst wehmütig.«
»Er kommt bestimmt in Begleitung. Mit einem sehr schönen Mädchen. Wenn nicht, hat sie viel Kohle.«
»Eine späte Einsicht?«
»Was?«
»Ich nehme an, dass du nicht mit ihm zusammen geblieben wärst, wenn dir das früher klar geworden wäre.«
Die Bedienung brachte den Kaffee. Elizabeth legte einen Zehner auf ihr Tablett und verzichtete auf das Wechselgeld. Christina sah sie fragend an.
»Sie kann es gebrauchen, man kann schon den Haaransatz sehen.«
Christina brach in lautes Gelächter aus. »Coole Antwort.«
Elizabeth rutschte weiter in die Nische mit dem Tisch. In Fresno hatte es Bars wie diese gegeben – ziemlich versifft und eher in den schäbigen Ecken der Stadt. Die Männer dort hatten Jeans- oder Lederwesten getragen, die Frauen knallenge Klamotten und Hochfrisuren. In Fresno, Bakersfield und all den anderen Kleinstädte in dieser Gegend liebte man Countrymusic und gab sich entsprechend. Mit den liberalen Nachbarstädten Los Angeles und San Francisco hatte man ungefähr so viel gemeinsam wie George Bush mit Al Gore.
Als sie es damals dann endlich geschafft hatte, dass Sam sie in eine solche Bar mitnahm, war sie enttäuscht gewesen. Zu schäbig, zu ordinär – wie eins der Schnellrestaurants an der Straße, nur dunkler und mit zwielichtigen Gestalten.
Ein gutaussehender Junge erschien in der Tür. Sie berührte Christinas Hand, um sie auf ihn aufmerksam zu machen. »Ist er das?«
Christinas Augen verengten sich.
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