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Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
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kann.« Er bedeutete ihr, sich in einen grün-schwarz gestreiften Lehnstuhl zu setzen. Dann ließ er sich in dem Stuhl daneben nieder und sah sie an. »Verzeih mir, dass ich dich so ansehe. Unser Treffen in der letzten Woche hat mir viele Erinnerungen zurückgebracht. Dinge, an die ich viele Jahre nicht gedacht hatte. Ich hatte fast vergessen, wie schön deine Mutter gewesen ist.«
    Sie erwiderte seine Blicke und suchte nach Anhaltspunkten für eine Verbindung, nach einer Ähnlichkeit. Doch sie nahm nur wahr, wie alt er aussah, wie eingefallen, faltig und grau. »Ich habe im Internet nach Fotos von ihr gesucht. Aber ich habe nur Bühnenaufnahmen gefunden, nichts Privates.«
    »Hast du dich in ihnen wiedererkannt?«
    »Nein.« Sie hatte, aber nur oberflächlich, und auch erst, als sie Fotos von sich um die zwanzig zu Hilfe genommen hatte.
    »Das wirst du aber eines Tages – wenn du über deine Wut hinweg bist.«
    »Glaube nicht, dass du etwas von mir weißt, nur weil du sie gekannt hast. Ich bin ein ganz anderer Mensch.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte er mit einem halben Lächeln auf den Lippen.
    Er mochte alt sein und bald sterben, aber schwer von Begriff war er nicht.
    »Ich glaube, dass die Erziehung die Gene schlägt.«
    Er gluckste. »Dann ist es wahrscheinlich gut, dass ich nicht gesagt habe, du hättest einen Gutteil der berüchtigten Reed’schen Sturheit abbekommen.«
    »Warum bist du so sicher, dass du mein Erzeuger bist? Damals gab es noch keinen DNA-Test.« Das war ihr einfach so herausgerutscht. Sie schämte sich für den Versuch, ihm wehzutun.
    »Warum sollte ich behaupten, du seist meine Tochter, wenn ich nicht sicher wäre, dass das stimmt?«
    »Sie könnte dich belogen haben. Frauen machen so was.«
    »Nicht Barbara.«
    »Ich habe mir ihre Lieder angehört. Sie hat viel über die Freiheit in der Liebe gesungen, unabhängig von Ort, Zeit und Person. Es kommt mir logisch vor, dass sie auch so gelebt hat.«
    »Du akzeptierst Barbara als Mutter, aber nicht mich als Vater? Ist das richtig? Du würdest es vorziehen, kein Gesicht und keinen Namen zu haben und ihn nicht kennenzulernen?«
    Sie fühlte sich in die Ecke gedrängt. »Ich weiß nicht.«
    »Warum bist du gekommen?«
    »Ich wollte wissen, ob es irgendwelche Erbkrankheiten gibt, die ich meinen Kinder weitergeben könnte.«
    »Nur deswegen?«
    »Ja.«
    »Aus keinem anderen Grund?«
    »Ich wollte etwas über Barbara erfahren«, gab sie zu. »Wie sie war. Das ist aus den vielen Berichten über sie nicht herauszulesen.«
    Jessie schloss die Augen. Nach einiger Zeit konnte Ginger nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob er nachdachte oder eingeschlafen war. Als er sie wieder ansah, schien er bereit zu sein, egal was jetzt kam. »In medizinischer Hinsicht hat sie keinerlei Probleme mit der Schwangerschaft oder der Geburt gehabt. Sonst kann ich dazu nichts sagen. Du wirst deswegen deine Großmutter oder eine von Barbaras Schwestern fragen müssen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ich dir dazu raten würde.«
    »Warum denn nicht?«
    Jessie schnaubte. »Sie sind ein hochnäsiger Haufen, die dir die Pulsadern aufschlitzen würden, um zu sehen, ob blaues Blut darin fließt. Sie haben Barbara geliebt, waren aber trotzdem froh, als sie in den Westen verschwand. Auf diese Weise vermieden sie es, dauernd Erklärungen für ihre Freunde abgeben zu müssen.«
    »Wie schrecklich, so etwas zu sagen.«
    »Es ist noch viel schrecklicher, zu wissen, dass es stimmt.«
    »Du warst damals schon ziemlich alt. Mir kommt es komisch vor, dass ihr Freunde gewesen sein sollt. Was konntet ihr schon für Gemeinsamkeiten haben?«
    »Glaub, was du willst, Ginger. Ich werde dich nicht vom Gegenteil überzeugen.« Schatten der Müdigkeit zogen über sein Gesicht. »Frag mich lieber etwas Wichtigeres«, sagte er mit schmerzlicher Sanftheit. »Etwas, was dich glücklich macht, wenn du sie nicht mehr für etwas hassen wirst, was sie dir vermeintlich angetan hat.«
    Damit hatte er einen Weg vorbei an ihrer Wut, ihrem Schmerz und ihrer Verwirrung gefunden. »Ich habe keine Ahnung, was das sein könnte.«
    »Dann werde ich dir einfach erzählen, woran ich mich erinnere, wenn ich zurückblicke. Ich wusste schon, dass sie tot war, bevor es in den Nachrichten kam. Ich habe vorher nie darüber gesprochen, denn es erschien mir zu persönlich zu sein und keinen anderen etwas anzugehen. Sie hatte sich nicht verabschiedet, bevor sie in dieses Flugzeug stieg. Sie hatte eigentlich kaum

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