Ein Haus für vier Schwestern
gehen und neue Freunde finden müssen, zum dritten Mal in zwei Jahren. Jeffs Bruder Logan will uns beim Umziehen helfen. Ich hoffe, er kann Cassidy ein bisschen ablenken. Er kann super mit ihr und John umgehen. Die beiden beten ihn förmlich an.«
»Glaubst du nicht, dass sie sich an die Veränderungen gewöhnen werden, solange ihr, Jeff und du, vernünftig miteinander umgeht? Zwei Zuhause und vielleicht zwei Elternpaare, die einen lieben, könnten doch auch etwas für sich haben.« Sie sagte das nicht nur, um Rachel aufzumuntern, sie glaubte es wirklich. Sie würde alles dafür tun, um Marcs Kindern nach der Scheidung ein gemütliches und liebevolles Zuhause zu bieten.
»Kindern ist es egal, ob die Eltern fremdgehen oder einfach Lust haben, sich wieder zu verlieben. Solange Mom und Dad sich nüchtern und gesittet verhalten, finden sie in der Regel ein Familienleben im Stil der Seifenopern aus den Fünfzigern ganz okay.«
»Wenn du meinst, dass …«
»Was?«, forderte Rachel sie auf.
»Egal.«
»Warum habe ich Jeff bloß gehen lassen?«
Ginger antwortete nicht. Sie konnte nicht.
Rachel sah wieder zum Seitenfenster hinaus.
»Es tut so weh«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Nachdem wir uns das letzte Mal unterhalten hatten, wollte ich wirklich und ganz ernsthaft versuchen, darüber wegzukommen. Aber egal, was auch immer ich anstelle, sobald ich ihn ansehen, schiebt sich das Bild vor meine Augen, wie er mit ihr schläft.«
»Vielleicht brauchst du einfach noch ein bisschen Zeit.« Himmel, das war der Gipfel der Scheinheiligkeit.
»Das hat meine Mutter immer gesagt: Die Zeit heilt alle Wunden. Egal worüber ich mich bei ihr beklagt habe. Ich glaube, damit wollte sie sich selbst genauso überzeugen wie mich. Die Männer sind nie lange bei ihr geblieben. Sie hat das wahrscheinlich gebraucht, um es zu ertragen, dass wieder einer verschwunden war.«
»Konntest du jemals mit einem der Freunde deiner Mutter was anfangen?«
Rachel stieß ein bitteres Lachen aus. »Annas Typen waren als Väter ziemlich ungeeignet. Ich war schon dankbar, wenn ich mich nicht vor ihnen verstecken musste, sobald sie uns allein ließ.«
Rachels Kindheit unterschied sich so sehr von allem, was Ginger erfahren hatte, dass es ihr fast vorkam, als würde sie eine fremde Sprache sprechen – Ginger verstand nicht, worum es ging. »Wo habt ihr denn gewohnt?«
»Überall. Anna ist nirgendwo lange geblieben. Sie hat ihre Rechnungen nicht bezahlt und fing gern etwas Neues an. Wir sind viel rumgekommen. Das erste Mal, dass ich ein komplettes Jahr an einer einzigen Schule verbrachte, war mein erstes Jahr an der Uni.«
»Das war bestimmt nicht leicht.« Der Verkehr wurde dichter. Ginger musste sich auf die Straße konzentrieren.
»Ich habe mir das nicht ausgesucht.« Rachel schob ihren Sitz zurück und schlug die Beine übereinander. »Wie war das bei dir?«
»Hast du mal Happy Days gesehen?«
»Die Fernsehserie?«
Ginger nickte. »Meine Eltern waren wie die Cunninghams, total langweilig.«
»Und dir hat das nicht gefallen?«
Ginger linste zu Rachel hinüber, um zu sehen, ob die das ernst meinte. Rachel sah sie einfach neugierig an. »Damals ja. Die Mütter meiner Freundinnen machten alle irgendwelche aufregenden Sachen. Meine blieb einfach zu Hause, strickte Socken und Pullover für den Kirchenbasar.«
»Und dein Vater?«
»Der hatte eine Autowerkstatt. Mein Bruder sollte mit ins Geschäft einsteigen, sobald er seinen Abschluss hatte. Aber seine Freundin wollte unbedingt nach New York. Das hat meinem Vater das Herz gebrochen. Er zog sich aus dem Geschäft zurück und verkaufte die Werkstatt. Zwei Monate später wurde Billy von seiner Frau sitzengelassen und kam wieder nach Hause.« Sie lächelte. »Irgendwie hat mir die Ironie an der Geschichte gefallen.«
»Wie hat Billy darauf reagiert, als er erfuhr, dass du adoptiert warst?«
»Er wollte wissen, ob er auch ein Adoptivkind war. Ich glaube, er war sogar ein bisschen enttäuscht, dass es nicht so gewesen ist.« Ihr Bruder befand sich gerade in seiner Midlifecrisis. Neue Frauen, neue Abenteuer, neues teures Spielzeug. Eine neue Familie wäre so etwas wie eine frische Olive in einem schalen Martini gewesen.
»Was ist mit dir? Bist du schon drüber weg? Ich weiß gar nicht, wie ich das finden würde.«
»Meistens finde ich es ganz okay. Zumindest bin ich nicht mehr wütend.« In der Ferne tauchte Sacramentos Skyline auf. Hohe Stahl- und Betontürme auf fruchtbarem Ackerboden. In
Weitere Kostenlose Bücher