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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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durch den täglichen Umgang mit ihm viel zu sehr an den Anblick gewöhnt, als daß sie etwas Absonderliches an dem Tier gefunden hätte. Nur Herr Holldorf schüttelte jedesmal den Kopf, wenn er vom Dienst heimkam und den Hund sah, und er schwor Stein und Bein, der Flocki sei zwischen Morgen und Abend schon wieder ein Stück gewachsen.
    »Und dieser Kopf, Herta! Sieh dir bloß einmal den Kopf an. Also wenn es bei den Hunden auch Wasserköpfe gibt, dann hat unser Hocki bestimmt einen. Allmählich wird mir angst und bange davor. Wenn ich nur einen Hundekenner wüßte, der einem sagen kann, was daraus noch werden soll. Vielleicht der Oberst?«
    Ein guter Gedanke! Und eines Abends nahm sich Herr Holldorf ein Herz und läutete unten an der Tür. Fräulein von Krappf öffnete ihm und meldete ihrem Bruder den Besuch, und der Oberst ließ bitten. Er saß in seinem braunen Schlafrock, der an das Habit eines Mönchs erinnerte, in einem riesigen Ohrenbackenstuhl, ein Werk über die Feldzüge Friedrich II. vor sich und einen Pokal mit mildem Rotwein in Griffnähe. »Nun, Herr Holldorf, was gibt’s?«
    »Ich wollte nur fragen, Herr Oberst, ob Sie sich zufällig mit Hunden auskennen.«
    »Natürlich. Habe Hunde gehalten, seit ich denken kann. Alle möglichen Rassen. Pferde und Hunde. Sozusagen Steckenpferd.«
    »Meine Kinder haben nämlich neulich einen Hund heimgebracht. Flocki heißt er. Und nun möchte ich gern wissen, was er wohl für eine Rasse sein mag.«
    »Flocki... hm... halte nichts von diesen Zärtelnamen. Aber schön, will mir den Hund mal ansehen. Bringen Sie ihn herunter. Wie alt?«
    »Fast zwei Monate.«
    »Gut, ich warte.« Der Oberst winkte einmal hin und einmal her, was heißen sollte, daß Holldorf gehen und wieder mit dem Hund erscheinen möge. Der Flocki war sehr munter, als er dem Oberst vorgestellt wurde, er wollte nach den Kordeln des Schlafrocks schnappen und hätte auch nichts dagegen gehabt, mit seinen nadelspitzen Zähnen ein paar Fransen aus dem Teppich zupfen zu dürfen. Aber Holldorf hielt ihn fest am Genick. Der Oberst umkreiste den Hund im Abstand von drei Schritten dreimal. »Sie nennen ihn Flocki?« fragte er.
    »Ja, Herr Oberst, Flocki.«
    Herr von Krappf preßte die Lippen strichschmal zusammen; es sah beinahe so aus, als müsse er sich ein Grinsen verkneifen.
    »Hm! Würde vor allem anderen Namen wählen! Donar vielleicht, oder Tyras, Cäsar oder Ajax.«
    »Und warum?« stotterte Herr Holldorf ahnungsvoll.
    »Deutsche Dogge mit guten Merkmalen. Zwingerhund, wie?«
    »Ja, er soll aus einem Zwinger stammen.«
    »Wird schätzungsweise hundertfünfzig Pfund schwer bei einer Schulterhöhe von neunzig Zentimetern.«
    »Um Gottes willen«, stöhnte Herr Holldorf auf.
    »Frißt pro Woche zehn Kilo Fleisch und fünfzehn Kilo Reis. Weiß Bescheid. Habe selber mal Dogge besessen. Kein billiger Spaß. Aber lohnt sich, wenn Hund ohne Fehler.«
    »Danke sehr, Herr Oberst, vielen Dank auch«, sagte Herr Holldorf vernichtet. Ihm war schwach in den Knien, und er mußte seine Kraft zusammennehmen, um den Flocki zu packen und ihn wieder nach oben zu tragen. Der Oberst begleitete ihn bis zur Tür seiner Wohnung und sah ihm nach, wie er oben um die Treppenbiegung verschwand.
    »Tolles Stück«, sagte er zu seiner Schwester, »wirklich tolles Stück. Flocki... hahaha! Pflock!!«
    Der einzige, der bei der Unglücksbotschaft heiter blieb, war der Hund selber. Frau Holldorf und den Kindern verschlug es einfach die Sprache, und besonders die Anni hing angstvoll an ihres Vaters Lippen, als er darauf zu sprechen kam, was nun mit dem Flocki geschehen solle.
    »Ich bin kein Unmensch, nee, wirklich nicht, aber der Hund kommt mir aus dem Haus. So oder so.« Er sagte nicht, was er unter dem einen So verstand, aber mit dem anderen meinte er fraglos, daß der Hund abgegeben werden mußte.
    »Zehn Kilo Fleisch in der Woche. Der frißt uns ja arm.«
    »Aber jetzt, solange er noch klein ist«, wollte Anni einwenden.
    »Kein Wort weiter«, sagte der Vater energisch, je länger ihr euch an den Hund gewöhnt, um so schwerer wird es euch, ihn zu verlieren. Macht, was ihr wollt, aber spätestens in acht Tagen ist der Hund aus dem Hause.« Und er sah mit düsterem Blick zu, wie der Flocki die alte Decke durchs Zimmer zerrte, auf der er in seiner Kiste schlief. »Hundertfünfzig Pfund. Ein schönes Flöckchen. Direkt blamiert hat man sich. Gebt ihm bloß ‘nen anderen Namen. Mir kommt der Kaffee hoch, wenn ich Flocki noch mal

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