Ein Haus geteilt durch 8
beide.«
»Und dir steigt nicht die Galle hoch?«
»Ich bin nicht so leicht auf die Palme zu bringen wie du, Wernerchen.«
»Palme. Jedenfalls wirst du jetzt verstehen, weshalb ich es ihm zeigen wollte, daß ich auch ohne ihn fertig werde.«
»Du müßtest ihm vielleicht durch Herrn Henrici eine Aufstellung über deine Einkünfte schicken lassen«, sagte sie sanft.
»He, Sabinchen, du entwickelst dich ja zu einem Biest. Seit wann bist du so boshaft?«
»Ich bin nicht boshaft. Ich finde nur, daß du bisher nur dir und mir gezeigt hast, wie tüchtig du bist. Wozu aber diese Anstrengungen, wenn sie am Ziel Vorbeigehen?«
»Aha, jetzt bist du endlich dort, wo du hinkommen wolltest.«
»Ja, Werner. Und jetzt kann ich dich endlich fragen, was ich dich schon immer fragen wollte, ob du nämlich glaubst, daß du deinem Vater imponierst, wenn du Rasierapparate und Bügeleisen verkaufst?«
»Ich glaube, du kennst die Firma Fröhlich & Söhne nicht. Bares Geld imponiert dort immer.«
»Gut, dann schicke ihm also einen Auszug von deinem Konto.«
»Dieser Witz nutzt sich allmählich ab, Sabine. Kannst du nicht etwas Neues erfinden, wenn du schon so witzig bist?«
»Komm von der Palme runter, Wernerchen.«
»Quatsch. Ich bin gar nicht oben.« Er stand auf und zerdrückte den Rest der Zigarette auf dem Fensterblech.
»Wann beginnt eigentlich das neue Semester, Werner?«
»Im Oktober. Wie immer. Aber was soll das?«
»Dann würde ich an deiner Stelle bis zum Oktober so viele Bügeleisen wie möglich verkaufen und im nächsten Sommer Nähmaschinen oder Staubsauger oder Bohnergeräte.«
»Verrücktheit«, murmelte er.
»Keine Verrücktheit, Werner. Sondern das ist ein Ziel, für das es sich abzurackern lohnt. Wie viele Semester brauchst du noch bis zum Examen?«
»Zwei oder drei«, antwortete er widerborstig.
»Dann kannst du es in zwei Jahren schaffen. Im Sommer als Vertreter mit Bügeleisen, und im Winter als Student. Und wenn du als Student so tüchtig bist wie als Vertreter, dann schaffst du das Examen mit Leichtigkeit.«
»Was du für einen komischen Ehrgeiz hast«, murmelte er, »Frau Referendar zu werden.«
Sie krümmte sich ein wenig zusammen und stöhnte leicht auf.
»Was hast du, Süße?« fragte er erschrocken.
»Unser Kaninchen strampelt wieder einmal. Und weißt du, Wernerchen, auf lange Sicht ist Referendar doch besser als Bügeleisenvertreter. Denn ewig wirst du ja wohl nicht Referendar bleiben, nicht wahr?«
»Das ist anzunehmen.«
»Na siehst du. Und was sagst du zu meinem Vorschlag?«
»Ach, du und dein Kaninchen, ihr seid zwei kluge Kinder. Ich glaube wahrhaftig, ihr seid klüger als ich.« Er wanderte, um sich nicht die Zehen anzustoßen, vorsichtig um die Couch herum und nahm seine Sabine zärtlich in die Arme.
Am Montag begleitete Werner Sabine ins Büro. Auf dem Rückweg holte er die Batterie ab und baute sie wieder in die Maschine ein. Herr Holldorf kam mit einem Rucksack und mit einem kurzen Pionierspaten bewaffnet aus dem Keller. Der Rucksack sah verdächtig nach Obst aus. Aber was der Spaten sollte, den Holldorf im Rucksack verstaute, ehe er auf den Soziussitz kletterte, blieb Werner rätselhaft. Holldorf dirigierte ihn. Sie fuhren aus der Stadt heraus und bogen nach ein paar Kilometern auf einen Feldweg ein, den das gestrige Gewitter staubfrei gemacht hatte. Der Himmel war wolkenlos, die Luft noch morgenfrisch, und die Natur sah aus, als wäre sie in der Nacht aufpoliert worden. Sie fuhren durch zwei Dörfer und kamen nach Getreide- und Rübenfeldern in einen Wald, der sich hügelan und hügelab bis zum Horizont erstreckte.
»Langsamer jetzt«, schrie Holldorf Werner zu. »Und nach etwa zweihundert Metern rechts herein. Es ist kein richtiger Weg, sondern mehr eine Schneise.«
Werner stoppte ab und schaltete auf den ersten Gang zurück. Ein sehr alter, verwaschener Wegweiser stand schief an der Straße. Die Schrift war nicht mehr zu entziffern.
»Es heißt: Zum Kugelfang«, erklärte Holldorf.
»Komischer Name. Waren Sie schon einmal hier?«
»Vor etwa vier Jahren, als Schwibus hier das neue Forsthaus baute.«
Eine uralte Wagenspur war noch deutlich zu erkennen, aber sie war flach geworden und völlig eingewachsen. Werner hielt sich auf dem Mittelstreifen, der einigermaßen fest war, wenn ihn auch alte Wurzelstümpfe oft genug zwangen, in die rechte oder linke Rinne abzuweichen.
»Halten Sie lieber an«, sagte Holldorf, »und stellen Sie die Maschine im Wald ab. Ich wollte
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