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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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über Eier, die noch nicht ausgebrütet sind. Aber ich dachte, wenn Sie vielleicht mitkommen würden... Mit dem Motorrad ist es ein Weg von einer knappen halben Stunde.«
    »Also gut«, sagte Werner, »ich fahre Sie hin. Und damit Sie nicht bis zum Dienstag zu warten brauchen, bringe ich die Batterie noch heute zum Aufladen. Dann kann’s am Montag losgehen.«
    Holldorf verabschiedete sich und ging in seine Wohnung hinüber. Werner sah Sabine an und hob die Schultern.
    »Holldorfs Geheimnisse«, spöttelte er, »ich hoffe nur, daß er nicht bei den Bauern Äpfel klauen will.«
    »Ich meine, sie sind noch nicht reif.«
    Sie rätselten noch ein Weilchen herum und drückten sich davor, das Gespräch wieder aufzunehmen, in dem Holldorf sie unterbrochen hatte.
    Das Motorrad stand seit Wochen unbenutzt im Hof. Der Lack war völlig erblindet, und die Nickelteile hatten Rost angesetzt. Werner baute die Batterie aus und trug sie in eine Werkstätte, um sie aufladen zu lassen. Und dann vergnügte er sich noch eine Stunde damit, die Maschine zu putzen und die blanken Teile einzufetten. Als er damit fertig war, hatte sich der Himmel schwarz überzogen, es grollte in der Feme, Blitze zuckten auf, und bald fielen die ersten Regentropfen schwer wie Kieselsteine auf die Blechdächer der Mansardenfenster. Bei jedem Blitz schloß Sabine die Augen, und bei den krachenden Donnerschlägen flüchtete sie sich in Werners Arme. Später, als das Gewitter abgezogen war, rissen sie die Fenster und die Türen auf, um Durchzug zu machen, aber die Wände waren zu sehr eingeglüht, um die Luft wirklich abkühlen zu lassen. In der Nacht lagen sie, nur mit den Leinentüchern bedeckt, nebeneinander; die Fenster standen weit offen, aber wie man sich auch drehen mochte, man lag wie auf einem glühenden Rost.
    »Schläfst du, Bienchen?« flüsterte er.
    »Nein, ich schmore im eigenen Saft.«
    Er erhob sich und streifte die Jacke des Schlafanzugs von den Schultern: »Ich möchte noch eine Zigarette rauchen.«
    »Bitte, mich stört es nicht.«
    Die Benzinflamme des Feuerzeugs zuckte auf, erhellte für Sekunden das Zimmer und erlosch. Werner setzte sich auf den Bettrand und blies den Rauch zum offenen Fenster hinaus. Ein sehr heller, gelber Stern, Jupiter vielleicht, wanderte langsam über das nachtdunkle Viereck.
    »Ja, Sabinchen«, sagte er, als nähme er ein soeben unterbrochenes Gespräch auf, »wenn du also schon der Meinung bist, daß das, was ich tue, nicht ganz das Richtige ist, dann solltest du mir wenigstens sagen können, was ich deiner Meinung nach tun sollte.«
    »Mir geht die Begegnung mit deinem Vater nicht aus dem Kopf.«
    »Wollen wir ihn nicht lieber aus dem Spiel lassen?« fragte er nervös. »Das hat doch mit meiner Frage nichts zu tun.«
    »Ich hatte das Gefühl, daß er sich freute, dich zu sehen.«
    Die Glut der Zigarette leuchtete rot auf und warf einen Schein, in dem sein Kopf für einen Moment wie in einer Aureole stand.
    »Ach, Sabine, daß du es nicht lassen kannst, darauf herumzubohren. Weshalb läßt du diese Dinge, die für mich erledigt sind, nicht ruhen?«
    »Weil sie nicht erledigt sind. Weil dein Vater dein Vater bleibt, auch wenn es zwischen euch eine Verstimmung gegeben hat.«
    »Verstimmung? Wenn ein Vater seinem Sohn den Stuhl vor die Tür stellt, das nennst du Verstimmung?«
    »Hat er das wirklich getan, Werner?«
    Er drehte sich scharf um und starrte sie an, aber er konnte in der Dunkelheit nur einen Schimmer ihres Gesichtes erkennen.
    »Ich verstehe deine Frage nicht, Sabine«, sagte er grollend, »oder meinst du, ich würde so leben, wie ich lebe, wenn es zwischen uns nicht zum Krach gekommen wäre? Natürlich nicht zu einem lauten Krach. Das liegt nicht in seiner Art. In seiner Art liegen Zitate von Goethe und Schiller.«
    »Was für Zitate?«
    »Ach, laß doch. Jedenfalls erklärte er mir, als ich ihm sagte, daß ich dich heiraten wolle und daß du ein Kind erwartest, daß sich unter solchen Umständen unsere Wege trennen müßten. Genauso war es und nicht anders.«
    »Und das hat dich so empört, daß du davonliefst?«
    »Na hör mal. Das klingt ja genauso, als ob du ihn verteidigst.«
    »Ich versuche nur, mich in seine Gedanken hineinzudenken.«
    »Gib’s auf. Denn jetzt werde ich dir erzählen, was er sagte. Er sagte: solche Pannen ließen sich mit Geld arrangieren. Und das war nicht Goethe, sondern von ihm.«
    »Ich verstehe«, flüsterte Sabine.
    »Wen?« fragte er scharf. »Ihn oder mich?«
    »Euch

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