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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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schmolz der Asphalt. Am Himmel türmten sich weiße Wolkengebirge auf. Die Sonne stach wie vor einem Gewitter. Die Schnäpse hatten Werner Fröhlich für die halbe Stunde der Unterredung aufgepulvert. Jetzt legten sie sich wie Blei in seine Beine. Er nahm die Trambahn, um heimzukommen, und schleppte sich mit Anstrengung die drei Treppen hoch. Auch Sabine war erschöpft. Die Sonne lag vom Vormittag bis zum Abend auf dem Dach und heizte die Mansarde unerträglich ein. Sie hätte etwas darum gegeben, am Fluß zu liegen und baden zu dürfen, aber ihr Zustand erlaubte es nicht mehr.
    »Ich habe acht Tage frei, Süße! Wie wäre es, wenn du dir von deiner Firma Urlaub geben lassen würdest?«
    »Das geht nicht, Werner, sieh es ein. In zwei Monaten muß ich ohnehin Urlaub nehmen.«
    »Ich finde dein Pflichtgefühl leicht übertrieben.«
    »Es geht nicht, Werner, vor allem in der Ernte nicht, wenn bei uns Hochbetrieb herrscht.«
    »Schade, ich habe es mir so hübsch vorgestellt, mit dir am Wasser zu liegen, an einem schattigen Platz natürlich.«
    »Das kannst du doch jetzt acht Tage lang haben.«
    »Allein macht es keinen Spaß.«
    Er wusch sich von Kopf bis Fuß, aber das Leitungswasser war so warm, daß es keine rechte Erfrischung brachte, und später, als er nur mit der Badehose bekleidet auf der Couch lag, spürte er, wie ihm der Schweiß bei jeder Bewegung aus den Poren brach.
    »Was hast du mit deinem Auge, Werner?«
    »Ein kleiner Juckreiz«, murmelte er, »wahrscheinlich habe ich im Auto ein wenig Zug bekommen.«
    »Und weshalb hast du acht Tage frei?«
    »Mit den Rasierapparaten ist es aus. Die Wiese ist abgemäht. Am Montag über acht Tage geht es mit einer neuen Sache los. Bügeleisen. Ein todsicheres Geschäft. Und ich führe eine Kolonne. Das bringt mir drei Prozent vom Gesamtumsatz meiner sechs Leute ein. Na, Süße, was sagst du jetzt zu deinem Mann?«
    »So... das ist wirklich schön.«
    Er richtete sich halb auf und stützte sich auf die Ellenbogen: »Das klingt aber reichlich lahm, mein Herzchen. Ich glaube, du machst dir keine rechte Vorstellung davon, was drei Prozent vom Umsatz bedeuten. Das ist ein Haufen Geld.«
    Sie setzte sich zu ihm und stützte sich mit den Fingerspitzen leicht auf seine Brust, dort, wo sie das Herz unter den Rippen schlagen sah und pochen spürte.
    »Beantworte mir eine Frage, Werner. Damit ich weiß, ob ich mich freuen soll. Macht es dir Freude, Bügeleisen zu verkaufen?«
    »Was soll das?« fragte er ein wenig gereizt. »Spielt das eine Rolle, ob es mir Spaß macht oder nicht? Oder glaubst du, daß es einem Bankbeamten Spaß macht, Konten zu führen und Geld zu zählen, oder daß es Herrn Brieskorn Freude macht, Käse zu verkaufen?«
    »Was geht mich Brieskorns Käse an? Ich habe dich gefragt, ob es dir Freude macht, Bügeleisen zu verkaufen. Und du hast mir die Frage nicht beantwortet.«
    »Macht es dir Freude, bei Zettel & Sartor Preislisten abzuschreiben und Rechnungen auszustellen?«
    »Das ist ganz etwas anderes! Es ist eine Beschäftigung, die ich brauche. Und zweitens läßt sie mir Zeit für mich selbst. Das ist doch etwas anderes, nicht wahr?«
    »Schön, ich gebe es zu. Ich bin eben ehrgeiziger.«
    Sie beugte sich über ihn, daß ihr Gesicht ganz nah an seinen Augen war, aber es lag nichts in ihrer Haltung, was ihn ermutigte, sie zärtlich zu sich niederzuziehen.
    »Nein, Werner«, sagte sie langsam, »das ist kein Ehrgeiz. Und wenn du ehrlich bist, dann verstehst auch du unter Ehrgeiz etwas anderes als Geld zu verdienen. Du sagst: Geld zu machen. Es ist eine Redewendung, die neu an dir ist.«
    Er hob den Kopf und sah sie mit einem Blick an, als entdecke er Züge an ihr, die er noch nie bemerkt hatte.
    »Aber Sabinchen. Für wen laufe ich mir denn die Absätze schief, wenn nicht für uns. Für dich und für unser Kleines. Und ich bin sogar stolz darauf, daß ich es geschafft habe. Und du findest kein Wort der Anerkennung dafür?«
    »Ach, Werner, darum geht es doch nicht. Natürlich finde ich es fabelhaft, wie tapfer du in diese Sache hineingesprungen bist... tapferer vielleicht, als ich es dir jemals zugetraut habe. Aber ich bin auch nicht blind, um nicht zu sehen, wie du in diesen Monaten körperlich heruntergekommen bist und was es dich innerlich kostet, von Tür zu Tür zu laufen und Dinge zu tun, die dir einfach nicht angemessen sind.«
    »Jetzt kommst du auch noch damit«, fuhr er auf.
    Sie drückte ihn sanft zurück.
    »Ich liebe dich, Werner«, sagte sie

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