Ein Haus geteilt durch 8
anlegen.« Er zog den Spaten aus dem Rucksack und wickelte ihn aus einem Stück Rupfen. Das Eisen blitzte in der Sonne. Sie gingen zwischen zwei Wällen zum Anzeigerstand. Die Treppen, die in den Laufgraben oder Unterstand führten, waren überwachsen wie das Mauerwerk. Holldorf sprang auf einen der Erdwälle hinter dem Unterstand. Werner setzte ihm nach.
»Alles verwachsen und verwuchert«, murmelte Holldorf; auf seiner Nase glänzten kleine Schweißperlen, »es scheint wahrhaftig kein Mensch hier gewesen zu sein, seit der Stand aufgelassen wurde.« Er begann, das verfilzte Gestrüpp mit der Spatenkante abzuschlagen, aber er tat es vorsichtig und legte die abgestochenen Ranken säuberlich zur Seite.
»Wir müssen die Stelle nachher gut abdecken, damit nicht jemand, der zufällig hier vorbeikommt, auf den ersten Blick sieht, was los ist.«
Ihm wurde warm, und er legte die Jacke ab.
»Schade, daß Sie nur einen Spaten mitgenommen haben.«
Holldorf antwortete nicht. Er legte einen Fleck von einem halben Quadratmeter frei und machte sich daran, die erste Schicht des von zähen Wurzeln durchwachsenen Bodens abzuheben. Auch diese Erde häufte er sorgfältig zur Seite.
»Nein«, sagte er schließlich ein wenig keuchend, »hier war noch niemand dran, seit Altmetall interessant ist.«
Er trat den Spaten mit dem Fuß in das lockerer werdende Erdreich und hob es aus: »Da muß natürlich gescheites Werkzeug her. Zwei Spaten habe ich daheim. Wenn Sie also auf Kippe mitmachen wollen, Herr Fröhlich, mir soll’s recht sein.«
»Nun machen Sie erst einmal weiter«, drängte Werner ungeduldig. Er kam sich wie einer der ersten Goldgräber in den Claims von Klondyke vor. Bleifieber...
»Immer mit der Ruhe«, sagte Holldorf bedächtig, »die Dinger hauen nämlich ganz schön durch und sind so weit oben noch nicht zu finden... halt mal!« Er bückte sich und griff in die lockere Erde hinein, die er mit dem letzten Spatenstich zur Seite geworfen hatte: »Da! Sehen Sie sich das an! Die ersten zwei Mohikaner.« Er rieb eines von den Projektilen zwischen den Fingern, es war ein ziemlich deformiertes Geschoß, dessen Stahlmantel stark verrostet war. »Modell 98«, grinste er, »Kaliber 7,9. Geschoßgewicht rund vierzehn Gramm. Davon kommen zehn Gramm auf den Bleikern.«
Er warf Werner das Metallklümpchen zu, der fing es auf und wog es in der flachen Hand.
»Moment mal«, sagte er ein wenig atemlos, »zehn Gramm? Dann ergeben ja hundert Stück ein Kilo Blei.«
»Erraten«, nickte Holldorf und grinste, »wir bücken uns hier sozusagen nach Pfennigstücken. Da, das erste schenk ich Ihnen.«
»Das ist ja toll«, stieß Werner verblüfft hervor, »und was glauben Sie, daß man hier herausholen kann?«
»Zentner und Zentner. Aber unter Garantie.« Holldorf wischte sich mit dem Hemdsärmel den Schweiß von der Stirn, denn die Sonne begann zu steigen und brannte aus spiegelheiterem Himmel auf die Wälle herab. »Und jetzt machen wir Schluß. Ich decke das Loch sauber ab, und wir fahren heim. Und morgen früh geht s richtig los. Machen Sie mit?«
»Mann Gottes«, sagte Werner und schlug Herrn Holldorf kräftig auf die Schulter, »und ob ich mitmache. Das ist ja die reine Goldgrube. Am liebsten würde ich hier draußen übernachten, damit uns niemand das Geschäft vermasselt.«
»Das soll nur jemand probieren«, knurrte Holldorf und rieb den Spaten am Heidekraut blank, ehe er ihn in den Rupfen hüllte und wieder im Rucksack verstaute. »Aber da habe ich keine Sorge, wenn wir früh genug rausfahren und erst bei Anbruch der Dunkelheit wieder heimgehen.«
»Wem gehört der Platz hier eigentlich?« fragte Werner, als sie sich nach getaner Arbeit in der schattigen Kühle des Unterstandes eine Zigarette anzündeten.
»Lieber Mann, Sie reden, als ob Sie auf Rechtsanwalt studiert haben«, murmelte Holldorf, »was geht es mich an, wem der Platz gehört? Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das ist meine Meinung. Der Mann, dem der Grund hier gehört, hat sich jahrelang nicht darum gekümmert, was drin ist. Sollen wir ihn vielleicht mit der Nase darauf stoßen, daß hier etwas herauszuholen ist?«
»Wissen Sie, wem der Grund gehört?«
»Ja, einem Bauern namens Schuster. Er wohnt gleich rechts im Dorf Bötzfeld, wenn man ein Stück weiter am Waldweg vorbeifährt. Zum Glück steht die Roggenernte vor der Tür, da haben die Bauern alle Hände voll zu tun.«
»Das schließt aber doch nicht aus, daß der Bauer oder einer von seinen Leuten hier
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