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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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auf, um zu gehen. Unsere zerbrechliche, vogelartige Gastgeberin drängte uns, bald wiederzukommen. »Und wenn Sie andere Sachen brauchen, irgend etwas, fragen Sie mich bitte … mein Mann ist im letzten Sommer ge
storben. Ich bin ganz verloren ohne ihn, aber wenn Sie einen Moment Zeit haben … Ich bin immer da.«
    Wir hatten nicht damit gerechnet, so bald eine Matratze zu kaufen, und sicherlich keine, die von so guter Qualität und so teuer war. Wir würden es bequem haben, aber wir hatten plötzlich kein Bargeld mehr. Im nächsten Geschäft, dem größten und bestgehenden Laden im Dorf für Lebensmittel, Getränke und Haushaltswaren, kurz: dem Geschäft, kamen wir zu der Erkenntnis, daß wir genug würden kaufen müssen, um mit Scheck bezahlen zu können. Mehr als eine Stunde verbrachten wir damit, einfaches Geschirr, Krüge, Trichter, Besen, Spülbürsten, Töpfe, Pfannen, Wasser, Obst, Brot, Käse und Schokolade auszusuchen. Wir stellten uns an, und als wir dran waren, wurde jeder Gegenstand sorgfältig überprüft, dann wurde alles nochmal überprüft, die Summe wurde vor und zurück nachgerechnet, schließlich wurde die Rechnung präsentiert. Ich schrieb einen Scheck der Banca Nazionale di Lavoro in Venedig aus. Die Ladenbesitzerin blickte auf meinen Scheck, als mache er ihr Angst, nahm ihn dann vorsichtig auf und reichte ihn an ihren Bruder weiter, der den Kopf mit einem Anflug von Tragik schüttelte, als er uns erklärte, sie könnten in ihrem Dorfladen keine ausländischen Schecks akzeptieren.
    »Er ist nicht ausländisch, er ist venezianisch – italienisch«, widersprach ich.
    »Nun, das ist ziemlich ausländisch.«
    Dann wurde der Scheck zur allgemeinen Begutachtung freigegeben, und andere Kunden sollten ihn prüfen. Es herrschte Einigkeit über das mai visto  – so etwas hatte man noch nie gesehen. Einige bewunderten seine graugrünen Zeichen, das reichte aber nicht hin, um auch nur einen der Anwesenden
davon zu überzeugen, daß es sich um einen absolut gültigen Scheck handelte. Da die Banken in der nächsten Stadt bereits schlossen, blieb keine andere Wahl, als unsere Einkäufe bis zum folgenden Tag zurücklegen zu lassen und nur die allerdürftigste Ration mitzunehmen, um unsere zweite Nacht in San Orsola zu überstehen.
    Am dritten Tag bestellten wir per Telefon ein Taxi, fuhren in die Stadt, holten Geld und kauften nicht nur Lebensmittel, sondern ausgefallenes Werkzeug und zwölf Kästen Trinkwasser.
    Das Kind und ich lernten das Dorf über die Handwerker und Reginas Bar kennen. Tag für Tag trotteten wir von der Villa ins Dorf und zurück. Wir nahmen selten die Angebote an, im Auto mitzufahren, da unsere Lebensweise am Dorfrand bizarr wirkte und die Einheimischen zunehmend verwirrte, so daß uns nur der Ausweg einfiel, die Härten unseres dortigen Lebens rundweg zu leugnen und zu tun, als gefiele es uns. Jeden Tag rief ich von der Telefonzelle aus Robbie und Allie an. Robbie sagte mir, was am Haus gemacht werden sollte, Allie wollte unbedingt das Ende seines Schuljahrs in Venedig schwänzen und unser Leben relativer Entbehrung teilen. Je mehr ich die Schwierigkeiten beschrieb, um so mehr wollte er alles stehen und liegen lassen und kommen. Die irischen Au-pairs hießen inzwischen nur noch die »Beauties«: jedes gehetzte Telefongespräch mit Allie endete mit der Mahnung, den Beauties auf keinen Fall zu erzählen, wie primitiv es hier sei, da sie sonst nicht kämen.
    Vom vierten Tag an wühlte ein Bagger auf, was ich lachend den Garten nannte, legte Abflußrohre, Wasserleitungen und Stromkabel. Am fünften Tag gelang es ihm, die Wasserversorgung der gesamten Nachbarschaft lahmzulegen. Eine Ab
ordnung bekümmerter Bauern und Hausfrauen kam zur Villa, um Protest einzulegen. Sie schienen den Baggerführer gut zu kennen und nahmen sein Mißgeschick gefaßt hin. Um sie zu beruhigen, führte Imolo sie durch die verfallene Hülse unseres Hauses und erklärte ihnen bis ins Detail, welche Arbeiten er im Parterre begonnen hatte. Er spürte mich auf, machte mich mit ihnen bekannt und sagte dabei jedesmal etwas wie »Das ist Giovanni, du hast ihm gerade das Wasser auf der anderen Seite des Tals abgestellt«, oder »Dies ist Maria del Gallo, sie ist deine nächste Nachbarin auf der anderen Seite des Weinbergs, sie hat deinetwegen jetzt auch kein Wasser«.
    In Venedig liefen alle Wasser- und Gasleitungen unserer Nachbarn durch unsere Wohnung, und sie hatten Wegerecht, sie zu inspizieren. In Umbrien liefen

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