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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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die Füße der Damen gemessen, um in mein Dorf zurückzukehren und Schuhe für sie zu machen (damals gab es keine Schuhgeschäfte, wir contadini trugen Holzschuhe). Ich machte mir einen kleinen Spiegel mit verstellbarem Winkel, und wenn ich den Fuß einer Dame vermaß, konnte ich ihr zugleich unter den Rock gucken.
    Jedes Jahr ziehe ich Blumen, ein kleines Blumenbeet, um Sträuße zu machen. Du hast versprochen, mich zu besuchen und dir meine Blumen und meine Gedichte anzusehen, und du hast einen alten Mann warten lassen.«
    Silvios Stimme war quengelig. Menchina unterbrach erneut: »Das ist die Mutter , Silvio«, rief sie. »Du hast mit der Tochter gesprochen, das sind die Mutter und ihr Mann.«
    Silvio blickte erstaunt und starrte ängstlich von Robbie zu mir und zurück, taxierte Robbies Größe und Körperbau und verglich das mit seiner eigenen winzigen Zerbrechlichkeit. Er entschuldigte sich überschwenglich, vor allem bei Robbie.
Er errötete und war ganz aufgeregt. Als wolle er beweisen, wie seriös er sei, begann er, über den Krieg zu sprechen, und als er sah, daß ich mich für dieses Thema wirklich interessierte, blieb er und sprach eine Stunde oder länger über die Schlacht um Montecassino. Er sprach über das Leben im Dorf in den zwanziger und dreißiger Jahren, während ich ihm Fragen zubrüllte und Robbie die wesentlichen Punkte seiner Erzählung übersetzte.
    Es gelang dem Dichter Silvio nie, mich und das Kind Iseult auseinanderzuhalten. Ich erriet, daß er das Kind um ein Foto gebeten hatte, da er irrtümlich mich danach fragte und wegen meiner Schäbigkeit schalt, einem alten Mann nicht seinen Willen zu lassen. Das Kind Iseult wollte ihm kein Foto geben, da ihr der Gedanke unangenehm war, was er damit tun könnte, sie klagte aber, daß er sie gelegentlich festhalte und mit seinen Kriegsgeschichten fast zu Tode langweile.
    Der einzige, der eine direkte Beziehung zu Silvio aufbaute, war Allie, der regelmäßig Karten mit ihm spielte. Der kleine Junge und der alte Mann stritten sich stundenlang über ihre Karten und ihre Stiche. Dazwischen strömten Silvios ungeordnete Erinnerungen heraus, vermischt mit Zeilen seiner Gedichte. Allie war unser Botschafter, er gab uns sicheres Geleit in den inneren Kreis des Dorfes, führte uns über Gastfreundschaft und bonhomie hinaus in einen Bereich der Freundschaft und Verpflichtung. Italien ist eine Welt der Gefälligkeiten, die man einander tut. Weit entfernt von Bestechung und Korruption der höchsten Schichten überleben und gedeihen Land, Städte, Dörfer und Familien durch ein System gegenseitiger Hilfe. Nicht dein Geld entscheidet, ob etwas erledigt wird, sondern wen du kennst und wer dir welchen Freundesdienst schuldet.
    Über Silvio lernte ich seine neun Kinder und mit der Zeit auch seine siebzehn Enkelkinder kennen, die alle erwachsen waren und von denen einige selbst Familien hatten. Die Beauties manövrierten immer noch durch die Cantinas. In ihrem Schlepp wurde auch Robbie eingeladen. Es dauerte Tage, bis er sich von dem übersäuerten Magen und den dröhnenden Kopfschmerzen erholt hatte, die auf diese gründlichen Feldforschungen folgten. Ich wurde immer häufiger beiseite genommen und in verschiedene Küchen geführt, um dort Kaffee und mistrà zu trinken und über Krankheiten, Kinder und Rezepte zu sprechen.
    In San Orsola gab es einen gemeinsamen Schatz von Rezepten und Zutaten, aus dem sich alle Köchinnen und Küchen des Dorfes bedienten. In einem regional bestimmten Land, wo jede Region ihre eigene Küche allen anderen vorzieht, schien mir dieser Teil Umbriens der kulinarisch exklusivste Ort zu sein, an dem ich je gewesen war. Viele Orsolani mißtrauen, vielleicht klugerweise, allem, was sie nicht selbst angebaut oder gezogen haben. Die meisten Küchen des Dorfes waren eine eigenartige Mischung aus uralt und High-Tech. Es hatte sich herumgesprochen, daß wir keine Geschirrspülmaschine hatten. Dies, gekoppelt mit dem Fehlen einer Tiefkühltruhe, beunruhigte unsere Nachbarn viel mehr als das unserer Meinung nach dringendere Problem der fehlenden Möbel. Die beiden Marias bedrängten mich, umgehend einen Geschirrspüler zu kaufen.
    »Spülen ist eine solche Plackerei«, sagten sie zu mir. »Eh, sì , eh! Du mußt einen Geschirrspüler haben, Abwaschen ist eine Vergeudung kostbarer Zeit … Zeit, die mit etwas Sinnvollem zugebracht werden könnte, wie Pasta machen.«
    Dreimal die Woche wurde ein Holzbrett von einem Meter
Breite und anderthalb

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