Ein Haus zum Traumen
seine geschwollene Wange.
»So ist es besser«, flüsterte sie. »So ist es besser. Ich bin hier, okay?« Sie hob seine Hand und küsste seine Finger. »Auch wenn ich nicht hier bin, bin ich bei dir. Du darfst nicht weggehen. Das ist die Regel. Du darfst mich nicht verlassen.«
Sie hielt seine Hand, bis die Krankenschwester sie wegschickte.
ZWEITER TEIL
Aufbau
Du kannst deine Meinung ändern, aber bewahre
dir deine Prinzipien;
Du kannst deine Blätter ändern, aber erhalte
deine Wurzeln.
Victor Hugo
11
W ir können uns abwechseln.« Ford, der am Steuer saß, warf Cilla einen Blick zu. Sie hatte nicht widersprochen, als er darauf bestanden hatte, dass sie nach Hause müsste, um sich auszuruhen und etwas zu essen. Und das bereitete ihm Sorgen. »Auf der Intensivstation sind sie sowieso besonders streng und lassen dich nicht so lange dableiben, deshalb werden wir uns abwechseln. Du und ich, Shanna und noch ein paar von den Jungs.«
»Sie wissen noch nicht, wie lange er im Koma bleiben wird. Es könnten noch Stunden oder Tage sein, und falls …«
»Wenn. Wir halten uns an wenn .«
»Ich war noch nie besonders optimistisch.«
»Das ist okay.« Er bemühte sich um einen Tonfall, der fest und einfühlsam zugleich klang. »Ich aber, und ich kann dir etwas davon abgeben.«
»Es sah so aus, als ob er zusammengeschlagen worden wäre. Einfach zusammengeschlagen.«
»Das liegt an der Schädelfraktur. Ich habe mit einer der Kran kenschwestern gesprochen, als du bei ihm warst.« Aber das Wissen hatte ihm nichts genützt, hatte den Schock nicht gemildert, als er ebenfalls kurz zu Steve hineingedurft hatte. »Und mit dem Koma ist es genauso, Cilla. Es ist nichts Schlechtes, weil sich der Körper dadurch voll und ganz auf die Heilung konzentrieren kann.«
»Du bist wirklich voller Optimismus. Aber wir sind hier nicht in einem Comic-Roman, wo die Guten jedes Mal überleben. Und selbst wenn, kann er eine Hirnschädigung zurückbehalten.«
Das hatte er auch begriffen, aber es machte doch keinen Sinn, das schlimmste Szenario durchzuspielen. »Sowohl in meiner Comicwelt als auch in deiner dunkleren Version kann das Gehirn wieder neu lernen. Es ist ganz schön clever.«
»Ich habe das gottverdammte Vorhängeschloss nicht gekauft.«
»Wie kommst du denn auf den Gedanken, dass ein Vorhängeschloss jemanden abgehalten hätte, in die Scheune einzudringen und auf Steve loszugehen?«
Sie presste die Fingernägel in ihre Handflächen, als sie sich der Einfahrt näherten. »Und ich habe die Tore abreißen lassen. Und blöde Bäume gepflanzt.«
»Ja, es hat wahrscheinlich an den Bäumen gelegen. Und du bist schuld.« Er wartete darauf, dass sie eine wütende Bemerkung machte, aber sie schwieg. »Okay, noch einmal, wenn jemand hereinkommen wollte, wie sollten ihn denn dann die Eisentore aufhalten? Was ist mit deinem Pessimismus passiert?«
Aber Cilla schüttelte nur den Kopf und blickte auf das Haus. »Ich weiß nicht, was ich hier mache. Dieser verrückte alte Mann hatte wahrscheinlich recht. Der Ort ist verflucht. Mein Onkel ist gestorben, meine Großmutter, und jetzt stirbt möglicherweise auch noch Steve. Wofür? Damit ich dieses Haus wieder herrichten kann? Damit ich eine Verbindung zu meiner Großmutter herstellen kann, weil ich mit meiner Mutter nicht zurechtgekommen bin? Was soll das? Sie ist doch tot, was soll das also?«
»Es geht um deine Identität.« Ford berührte sie am Arm, be vor sie die Beifahrertür öffnen konnte. »Wie sollen wir wissen, wer wir wirklich sind, ehe wir wissen, wo wir herkommen und es akzeptieren können?«
»Ich weiß, wer ich bin.« Sie riss sich los, öffnete die Tür und schlug sie heftig wieder zu.
»Nein, das weißt du wirklich nicht«, erwiderte Ford.
Sie marschierte zum Haus. Arbeit, dachte sie, zwei Stunden körperliche Arbeit, und dann würde sie sich duschen und wieder ins Krankenhaus fahren. Die Terrasse war repariert worden, die neuen Schieferplatten lagen bereits, und die Wege waren mit Seilen gekennzeichnet und ausgeschachtet worden, abgesehen von dem einen, den sie noch zusätzlich in den Plan eingezeichnet hatte. Der Weg, der zur Scheune führte, die jetzt mit gelbem Absperrband versperrt war. Sie starrte darauf. Shanna ließ ihre Schaufel fallen und kam über den Rasen auf sie zugerannt.
Cilla zwang sich, auf die Frau einzugehen. Sie war schließlich nicht die Einzige, die sich Sorgen machte. »Es ist unverändert.« Sie ergriff Shannas ausgestreckte Hand.
Auch die
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