Ein heißes Wiedersehen
streicheln?”, fragte Jimmy noch einmal.
Nick fühlte sich unbehaglich. Er war mit diesem Kind allein und wusste nicht, was er sagen sollte. “Tja … also … Ja, ich denke, das geht.”
Jimmy grinste und zeigte dabei wieder seine Zahnlücke. Und in diesem Moment schmolzen Nick Claytons Ängste dahin. Der kleine Junge, der schon so viel Trauriges erlebt hatte, gewann sein Herz.
“Welches ist dein Pferd?” Jimmys Augen leuchteten vor Aufregung. “Darf ich es streicheln?”
Nick erwiderte das Lächeln. “Pass mal auf, Partner. Wir werden ein Pferd suchen, das eher deiner Größe entspricht.”
Nick nahm seinen Hut vom Haken hinter der Stalltür, setzte ihn dem Jungen auf und nahm ihn an die Hand. Gemeinsam gingen sie ans andere Ende des langgezogenen Gebäudes, wo sich die Boxen der Shetlandponys befanden. Eines der Ponys streckte den Kopf durch das Gitter über der Boxentür. Erschrocken wich Jimmy zurück und versteckte sich hinter Nicks Bein. Dann machte er zögernd einen Schritt vorwärts und streckte seine Hand aus. Doch als das Pony den Kopf schüttelte, zog er sie schnell wieder zurück. Er sah zu Nick auf, als wollte er fragen, was er falsch gemacht hatte.
“Ist schon gut, Jimmy. Das ist Coco, und sie wollte dir nur Hallo sagen.” Behutsam streichelte er den Hals des Tieres. “Siehst du, so musst du sie streicheln.”
Jimmy streckte erneut vorsichtig die Hand aus, zog sie jedoch diesmal nicht zurück, als Coco den Kopf schüttelte. Er berührte den Hals des Ponys und streichelte ihn behutsam, wie Nick es ihm gezeigt hatte. Sein Gesicht hellte sich auf, und er strahlte vor Aufregung.
Nick nahm ein Karottenstück aus einem Eimer und reichte es Jimmy. “Coco liebt Karotten. Leg dir das Karottenstück auf die flache Hand, und halt es ihr ganz ruhig hin.”
Jimmy folgte Nicks Anweisungen. Als das Pony sich den Leckerbissen schnappte, lachte er vergnügt. Er schaute zu Nick auf. “Darf ich es noch einmal probieren?”
“Na klar.” Nick gab ihm ein neues Karottenstück. “Hast du Lust auf einen Ausritt, Coco?”
Jimmy sah erstaunt zu Nick auf. Er sprach ehrfürchtig leise, als könnte er kaum glauben, was gerade passierte. “Kann ich das wirklich?”
“Natürlich kannst du. Wir werden sie satteln und …”
“Jimmy!”, rief Lexi außer sich vom Eingang des Stalls. In ihrer Stimme schwang Angst mit. “Bist du hier?”
“Lexi!”, antwortete Nick ihr von der anderen Seite des Stalls. “Er ist hier bei mir.” Er nahm Jimmys Hand, und gemeinsam gingen sie zu Lexi. Beim Näherkommen erkannte Nick, wie beunruhigt sie war. “Ist irgendetwas?”
Erleichtert stürzte sie auf die beiden zu. Ohne Nick Beachtung zu schenken kniete sie sich vor Jimmy. “Ich habe dich schon überall gesucht. Grandma dachte, du wärst bei mir. Aber ich wusste nicht, wo du stecktest. Ist alles in Ordnung mit dir?”
“Na klar.” Ein breites Grinsen erschien auf Jimmys Gesicht. Nicks viel zu großer Cowboyhut rutschte ihm bis auf die Nase. Jimmy schob ihn zurück, um wieder sehen zu können. Als Lexi ihm den Hut abnehmen wollte, hielt er ihn fest. “Nick hat mich ein kleines Pferd streicheln lassen, das so groß ist wie ich. Es heißt Coco. Nick hat gesagt, er lässt mich auf Coco reiten. Darf ich? Bitte, Tante Lexi, bitte!”
Lexi gab Nick mit einem kurzen Seitenblick ihr Missfallen zu verstehen. Dann wandte sie sich wieder an Jimmy und schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. “Nick ist ein sehr beschäftigter Mann, Jimmy. Wir müssen ihn wieder an seine Arbeit gehen lassen.” Erneut machte Jimmy ein enttäuschtes Gesicht, und es tat Lexi leid.
“Ich habe nicht viel zu tun”, mischte sich Nick ein. “Für einen Ausritt mit Jimmy bleibt jedenfalls genug Zeit.
Lexi richtete sich auf und nahm den Jungen an die Hand. “Nun, ich fürchte aber, dass wir keine Zeit haben. Wir müssen packen.”
“Packen?”, wiederholte Nick alarmiert. “Wohin wollt ihr denn? Du hast für drei Wochen gebucht. Jimmy und deine Mutter sind doch gestern erst angekommen. Du kannst unmöglich schon abreisen wollen.”
“Wir werden den Zubringerbus zum Flughafen nehmen.” Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Jimmy. “Du wirst Nick den Hut jetzt zurückgeben müssen, damit wir gehen können.”
Enttäuscht reichte der Junge Nick seinen Hut zurück. Lexi fühlte sich allmählich wie die böse Stiefmutter aus Aschenbrödel. Leise bemerkte sie zu Nick: “Wenn du uns jetzt entschuldigen würdest, wir haben noch
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