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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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du, was sagst du?" rief Maxim Maximitsch. "Petschorin? ... Ach, mein Gott! ... Hat er nicht im Kaukasus gedient?"
     
    Der Hauptmann zog mich am Aermel. Die Freude glänzte ihm in den Augen.
     
    "Ich glaube, ja," antwortete der Diener; "aber ich befinde mich erst seit kurzer Zeit bei ihm."
     
    "Er ist's, er ist's! Gregor Alexandrowitsch ... nicht wahr, das ist sein Tauf- und Vatersname? ... Ich habe mit deinem Herrn zusammen gedient," setzte er hinzu, indem er dem Diener so freundschaftlich auf die Schulter klopfte, daß dieser strauchelte ...
     
    "Verzeihen Sie, mein Herr," sprach dieser mürrisch, "Sie hindern mich an meiner Arbeit."
     
    "Ach was, mein Lieber!" ... fuhr der Hauptmann fort, "du weißt also nicht, daß ich mit deinem Herrn innig befreundet gewesen, daß wir zusammen gelebt haben? ... Aber wo ist er denn geblieben?"
     
    Der Diener erklärte, daß Petschorin sich bei dem Oberst N. befinde, daß er dort zu Abend esse und übernachte.
     
    "Aber kommt er denn nicht heut' Abend hierher?" sagte Maxim Maximitsch, "oder gehst du nicht zu ihm? ... Dann sage ihm, daß sich hier Maxim Maximitsch befindet, hörst du? das genügt ... Ich gebe dir auch ein paar Griweniks 2 Trinkgeld ..."
     
    Der Diener machte ein verächtliches Gesicht bei einem so bescheidenen Anerbieten, versprach jedoch Maxim Maximitsch, seine Bestellung auszurichten.
     
    "Er wird sofort herbeieilen!" sagte Maxim Maximitsch mit triumphirender Miene. "Ich will ihn am Thor erwarten ... Wie schade, daß ich mit Oberst N. nicht bekannt bin."
     
    Mit diesen Worten setzte sich Maxim Maximitsch auf eine Bank an der Thür der Herberge, und ich begab mich in mein Zimmer. Ich gestehe, daß auch ich mit einiger Ungeduld das Erscheinen dieses Petschorin erwartete, obgleich mir die Erzählung des Hauptmannes keine sehr hohe Meinung von ihm gegeben; allein er hatte einige Charakterzüge an sich, die mir interessant schienen.
     
    Eine Stunde war verstrichen. Der Invalide brachte mir den kochenden Samowar 3 und die Theekanne.
     
    "Maxim Maximitsch," rief ich durch das Fenster, "wollen Sie keinen Thee?"
     
    "Ich danke; ich habe keine Lust."
     
    "Warum denn nicht? Es ist schon spät .... und dabei recht kalt."
     
    "Ich danke ..."
     
    "Na, wie Sie wollen!"
     
    Und ich begann allein Thee zu trinken. Zehn Minuten später sehe ich meinen Alten zu mir hereintreten.
     
    "Sie haben doch Recht; am besten, ich trinke ein Täßchen ... Ich habe da auf Petschorin gewartet. Sein Diener muß ihm doch schon längst gemeldet haben, daß ich hier bin; offenbar hat er nicht abkommen können."
     
    Eiligst trank er eine Tasse, weigerte sich, eine zweite zu nehmen und kehrte wieder auf seinen Posten an der Thür zurück; jedoch mit einer gewissen Unruhe. Offenbar fühlte er sich durch Petschorins Gleichgiltigkeit gekränkt, – um so mehr, da er mir vor Kurzem von ihrer Freundschaft erzählt hatte, und er noch vor einer Stunde so fest überzeugt gewesen, daß Petschorin, sobald er seinen Namen höre, sofort herbeieilen würde.
     
    Es war schon spät und ziemlich dunkel, als ich nochmals das Fenster öffnete, um Maxim Maximitsch zuzurufen, daß es Zeit zum Schlafen sei. Er murmelte nur etwas Unverständliches durch die Zähne. Ich wiederholte meine Aufforderung – er gab gar keine Antwort.
     
    Ich wickelte mich in meinen Mantel und legte mich auf das Sofa. Das Licht ließ ich angezündet auf der Ofenbank stehen und schlief bald ein; und ich glaube, daß ich recht gut geschlafen hätte, wenn mich Maxim Maximitsch, als er spät eintrat, nicht geweckt hätte. Er warf die Pfeife auf den Tisch, schritt im Zimmer auf und ab, sah nach dem Feuer im Ofen und legte sich endlich hin; aber noch lange hörte ich ihn husten, ausspucken und sich auf seinem Lager hin- und herwenden ...
     
    "Belästigen Sie vielleicht gewisse Insekten?" fragte ich.
     
    "Ach ja, die Insekten!" antwortete er mit einem tiefen Seufzer.
     
    Am folgenden Morgen wachte ich früh auf; aber Maxim Maximitsch war mir bereits zuvorgekommen. Ich fand ihn schon auf seiner Bank an der Thür der Herberge.
     
    "Ich muß mich zu dem Commandanten begeben," sagte er; "wenn inzwischen Petschorin kommt, so lassen Sie mir's gefälligst melden."
     
    Ich versprach ihm das, und er entfernte sich so rasch, als ob seine Glieder die Gewandtheit und Kraft der Jugend wiedererlangt hätten.
     
    Der Morgen war frisch und schön. Goldgeränderte Wolken schwebten über den Bergen und nahmen sich aus wie eine neue, in der

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