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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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nur darum, weil ich einige Einzelheiten aus seinem Leben kannte, und es ist möglich, daß sein Gesicht auf einen Andern einen ganz andern Eindruck gemacht hätte. Aber da der Leser niemals von Jemand anders als von mir über meinen Helden wird reden hören, wird er wohl oder übel sich dazu verstehen müssen, ihn mit meinen Augen anzusehen.
     
    Uebrigens muß ich noch hinzufügen, daß er im großen Ganzen ein Mann von recht angenehmem Aeußeren war und eine jener Physiognomien hatte, die vorzugsweise den Frauen gefallen.
     
    Die Pferde waren angespannt; die Glöckchen hatten sich schon mehr als einmal vernehmen lassen; der Diener hatte Petschorin schon zweimal gemeldet, daß Alles zur Abfahrt bereit sei, – und Maxim Maximitsch erschien noch immer nicht. Zum Glück war Petschorin in eine Träumerei versunken. Seine Blicke waren auf die blauen zackigen Kämme des Kaukasus gerichtet, und es schien, als ob es gar keine Eile habe mit seiner Abreise.
     
    Ich trat auf ihn zu und sagte:
     
    "Wenn Sie noch ein wenig warten wollen, werden Sie das Vergnügen haben, einen alten Freund wiederzusehen ..."
     
    "Ah, richtig!" antwortete er rasch; "man hat mir gestern Abend von ihm gesprochen; aber wo ist er?"
     
    Ich wandte mich nach dem Marktplatz um, und da sah ich Maxim Maximitsch aus allen Kräften herbeieilen ...
     
    Nach einigen Minuten stand er ganz athemlos bei uns; der Schweiß strömte ihm über das Gesicht; die feuchten Büschel seiner grauen Haare drangen unter seiner Mütze hervor und klebten an der Stirn; seine Knie zitterten ... Er wollte sich Petschorin um den Hals werfen, aber dieser streckte ihm ziemlich kalt, wenn auch mit höflichem Lächeln, die Hand entgegen. Der Capitain schien einen Augenblick verblüfft und verletzt, aber dann ergriff er die ausgestreckte Hand mit seinen beiden Händen und drückte sie mit Wärme; doch vermochte er noch immer kein Wort hervorzubringen.
     
    "Wie freut es mich, Sie wiederzusehen, mein lieber Maxim Maximitsch," sagte Petschorin. "Nun, wie geht es Ihnen?"
     
    "Und du ... und Sie? ..." stotterte mit Thränen in den Augen der alte Mann. "So viele Jahre ... so viele Tage ... aber wo soll's jetzt hingehen?"
     
    "Nach Persien ... vielleicht auch noch weiter."
     
    "Aber doch nicht sofort? ... Nein, Sie dürfen uns nicht so schnell verlassen, lieber Freund; Sie müssen noch etwas bei uns bleiben! ... Wir haben uns so lange nicht gesehen ..."
     
    "Ich habe Eile, Maxim Maximitsch," lautete die Antwort.
     
    "Mein Gott, wozu eine solche Hast? ... Ich habe Ihnen so viel zu erzählen ... so viele Fragen an Sie zu richten ... Nun, haben Sie den Dienst quittirt? ... Und – was ist nun aus Ihnen geworden?"
     
    "Ich habe mich gelangweilt," antwortete Petschorin lächelnd.
     
    "Erinnern Sie sich noch der Tage, die wir miteinander in dem Fort verlebten? ... Welch herrliche Jagdreviere! ... Und Sie waren ein so leidenschaftlicher Jäger ... Und Bela ..."
     
    Petschorin erblaßte ein wenig und wandte sich ab ...
     
    "Ja, ich erinnere mich," versetzte er – und mußte fast in demselben Augenblick gähnen.
     
    Maxim Maximitsch drang in ihn, doch noch zwei Stunden zu bleiben.
     
    "Wir werden herrlich zu Mittag speisen," sagte er. "Ich habe noch zwei Fasanen und es gibt hier ausgezeichneten Kachetinerwein ... Natürlich, so gut wie der in Georgien ist er nicht; aber er ist doch von trefflicher Qualität ... Wir plaudern mit einander ... Sie erzählen mir von Ihrem Leben in Petersburg ... nicht wahr?"
     
    "Aber ich habe wirklich nichts zu erzählen, mein lieber Maxim Maximitsch ... Und nun leben Sie wohl, es wird Zeit ... ich muß mich beeilen ... Ich danke Ihnen, daß Sie mich nicht vergessen haben," fügte er, seine Hand ergreifend, hinzu.
     
    Der alte Offizier runzelte die Stirn ... Er fühlte sich verletzt und gekränkt, obgleich er sich bemühte, seinen Unmuth zu verheimlichen.
     
    "Vergessen!" rief er aus. "Nein, ich habe nichts vergessen ... Nun, Gott mit Ihnen ... Ich dachte nicht, daß wir uns so wiedersehen würden ..."
     
    "Nun, nun!" versetzte Petschorin, indem er ihn freundschaftlich umarmte. "Bin ich denn nicht der Alte? ... Was soll man machen? Jeder geht seines Weges ... Ob wir uns jemals wieder begegnen werden ... Das weiß Gott!"
     
    Mit diesen Worten nahm er Platz in seiner Kalesche und der Kutscher hatte bereits die Zügel in den Händen.
     
    "Halt, halt!" rief plötzlich Maxim Maximitsch und griff nach der Wagenthür. "Das hatt' ich ja ganz vergessen

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