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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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gegriffen sind. Ich glaube nicht, daß eine Frau, weil sie für Ihre glänzenden Vorzüge nicht empfänglich ist, eine so abscheuliche Rache verdient hat. Bedenken Sie es wohl! Halten Sie Ihre Behauptung aufrecht, so haben Sie kein Recht mehr auf den Namen Ehrenmann und setzen ihr Leben auf das Spiel."
     
    Gruschnitzki stand da mit gesenkten Augen und in heftiger Aufregung. Aber der Kampf zwischen seinem Gewissen und seiner Eigenliebe war von kurzer Dauer. Der Dragonerhauptmann, der neben ihm saß, stieß ihn mit dem Ellenbogen an. Er erbebte und gab, ohne die Augen zu erheben, rasch zur Antwort:
     
    "Mein geehrter Herr, wenn ich etwas sage, so denke ich das auch, und ich bin bereit, es zu wiederholen ... Ihre Drohungen fürchte ich nicht, und auf die Folgen bin ich vollkommen gefaßt."
     
    "Das haben Sie soeben gezeigt," antwortete ich ihm kalt, und damit nahm ich den Dragonerhauptmann unter den Arm und ging aus dem Zimmer.
     
    "Was wünschen Sie von mir?" fragte der Hauptmann.
     
    "Sie sind Gruschnitzki's Freund und werden wahrscheinlich sein Secundant sein."
     
    Der Hauptmann verbeugte sich mit einer wichtigen Miene.
     
    "Sie haben richtig gerathen," antwortete er. "Ja, ich habe sogar die Pflicht, sein Secundant zu sein, weil die Beschimpfung, die Sie ihm angethan, sich auch auf mich bezieht. Ich war es, der ihn in der vergangenen Nacht begleitete," setzte er hinzu, indem er seine ungefällige Gestalt gerade aufrichtete.
     
    "Ah, also waren Sie es, den ich so derb auf den Kopf schlug!"
     
    Er wurde gelb und grün, und in seinen Zügen war die ganze Bosheit seiner Seele zu lesen.
     
    "Ich werde die Ehre haben, Ihnen heut' meinen Secundanten zu schicken," setzte ich mit einer sehr höflichen Verbeugung hinzu, indem ich that, als hätte ich seine Wuth gar nicht bemerkt.
     
    Auf dem Perron der Restauration traf ich Wera's Mann. Er schien auf mich gewartet zu haben.
     
    Er ergriff meine Hand mit einer Art von Begeisterung.
     
    "Edler junger Mann," sagte er mit Thränen in den Augen. "Ich habe Alles gehört. Welche Niederträchtigkeit! Welche Undankbarkeit! ... Da empfange Einer noch Jemand in einem anständigen Hause! Gott sei Dank, daß ich keine Töchter habe! Aber die, für welche Sie Ihr Leben aufs Spiel setzten, wird es Ihnen danken. Seien Sie überzeugt," fuhr er fort, "daß ich Schweigen bewahren werde, bis Alles zu Ende ist. – Auch ich war jung und Soldat: Ich weiß, es gibt Dinge, in die man sich nicht hineinmischen darf. Leben Sie wohl!"
     
    Der Aermste! Er freut sich, daß er keine Töchter hat! ...
     
    Ich begab mich sofort zu Werner, den ich auch zu Hause fand. Ich erzählte ihm Alles – mein Verhältniß zu Wera und Mary, das Gespräch, welches ich belauscht, und aus welchem ich den Plan dieser Herren erfahren – dahingehend, mich zu mystificiren, indem sie mich mit einer ungeladnen Waffe schießen lassen wollten. Aber jetzt, schloß ich, handelt es sich nicht mehr um einen Scherz; einer solchen Lösung haben sie sich wahrscheinlich nicht versehen.
     
    Der Doctor willigte ein, mein Zeuge zu sein. Ich gab ihm einige Aufklärungen bezüglich des Duells; ich empfahl ihm, dafür zu sorgen, daß Alles mit möglichster Verschwiegenheit vor sich gehe; denn wenn ich auch bereit sei, jeden Augenblick mein Leben aufs Spiel zu setzen, so wolle ich doch keineswegs meine Zukunft in diesem Leben für immer vernichten. Darauf begab ich mich nach Hause. Eine Stunde später kehrte er von seiner Expedition zurück.
     
    "Es hat sich ganz richtig ein Complot gegen Sie gebildet," sagte er, "ich fand bei Gruschnitzki den Dragonerhauptmann und noch einen andern Herrn, dessen Name mir entfallen ist." Ich hielt mich einen Augenblick im Vorzimmer auf, um meine Galoschen auszuziehen. Sie waren in einem heftigen Streit.
     
    "Um keinen Preis gehe ich darauf ein!" sagte Gruschnitzki. "Er hat mich öffentlich beleidigt; bisher war es etwas ganz Anderes."
     
    "Was geht dich die Sache an?" antwortete der Hauptmann. "Ich nehme Alles auf mich. Ich war schon bei fünf Duells Secundant und weiß, wie's gemacht wird. Ich habe mir die ganze Sache zurecht gelegt. Aber ich bitte dich, mische dich nicht hinein. Es kann nicht schaden, wenn er ein wenig erschreckt wird. Aber warum sich der Gefahr aussetzen, wenn es vermieden werden kann."
     
    "In diesem Augenblick trat ich ein. Sie verstummten sofort. Unsere Verabredungen zogen sich ziemlich in die Länge. Endlich haben wir uns in folgender Weise geeinigt. Fünf Werst von

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