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Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara J. Henry
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schon mit ihm?«
    Einen Moment lang meinte ich, mich verhört zu haben, und wurde dann unglaublich wütend. »Ich kann nicht glauben, dass Sie das wirklich gesagt haben.«
    »Sie haben nicht geantwortet.«
    Ich konnte mich nur mit Mühe beherrschen. »Mein Privatleben geht Sie überhaupt nichts an.«
    »Kann sein, kann auch nicht sein. Wenn es ein Rätsel zu lösen gibt, ist es nützlich, alle Aspekte zu kennen.« Er schaute mich gelassen an. »Die Frage ist doch nicht schwer zu beantworten.«
    Ich funkelte ihn an. »Ich habe kein Verhältnis mit Philippe. Ich bin nicht mit ihm zusammen. Ich schlafe nicht mit ihm. Aber das hat erstens nichts mit Ihren Ermittlungen zu tun, und zweitens haben Sie keine Ahnung, ob ich die Wahrheit sage.«
    Die Menge wogte um uns herum, und dann war er hinter mir, und ich konnte Philippe sehen, der sich endlich losgeeist hatte und auf mich zukam. »Erstens frage ich niemals ohne Grund«, sagte Jameson mir ins Ohr. »Und zweitens verrät mir Ihre Antwort durchaus etwas, ob Sie nun die Wahrheit sagen oder nicht.« Mit diesen Worten war er verschwunden.
     
    Am nächsten Morgen musste Philippe früh zur Arbeit, und ich brachte Paul zur Schule. Als ich zurückkam, rief ich Madeleines E-Mails ab – nervös und mit schlechtem Gewissen. Eine Antwort von Gaius:
Vielleicht hat es dir jemand heimgezahlt –
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jemand, den du so abserviert hast wie mich?
Ich las den Satz dreimal. Klang nach einem abgelegten Liebhaber. Zweifellos ein Fall für die Polizei.
    Ich ging Radfahren und legte mir zurecht, wie ich weiter vorgehen wollte. Ich würde die eingehenden E-Mails von Gaius samt I P-Adresse ausdrucken und von einem anonymen Copyshop aus an die Polizei faxen. Die Polizei konnte den Absender aufspüren. Dann hätte ich nichts mehr damit zu tun. Und ich würde aufhören, mich einzumischen. Keine E-Mails mehr. Keine Anzeigen im Internet. Keine Verabredungen mit Freundinnen von Philippes Frau.
    Mein Entschluss stand fest.
    Wenn man so lange wie ich Rad fährt, rechnet man unbewusst immer mit einer Gefahr. Man hält instinktiv nach Autotüren Ausschau, die sich plötzlich öffnen, einem Hund, der auf die Straße springt, einem Fahrer, der eine Flasche oder Büchse wegwerfen will. Wenn etwas passiert, muss man blitzschnell reagieren.
    Ich bemerkte das Auto ganz plötzlich, ein großes dunkles Auto, das auf mich zukam und unvermittelt links abbog und mir den Weg abschnitt. Ob der Fahrer von der Sonne geblendet, am Steuer eingeschlafen oder von einem plötzlichen mörderischen Impuls überfallen worden war, konnte ich nicht erkennen. Eine gewaltige Masse aus Metall wälzte sich auf mich zu – wenn ich nicht aus dem Weg kam, wäre ich tot. Ich riss das Vorderrad herum.
    Das Auto zischte so knapp an meinem Hinterrad vorbei, dass der Luftzug mich beinahe umwarf. Leider parkten Autos am Straßenrand, so dass ich keine Ausweichmöglichkeit hatte. Ich prallte hart gegen die Stoßstange eines glänzenden roten Wagens und wurde in die Luft geschleudert. Ich überschlug in Sekundenbruchteilen, welchen Vorteil es bot, auf ein unbewegliches Objekt zu prallen, statt von einem beweglichen getroffen zu werden. Nicht umsonst hatte ich eine Eins in Physik gehabt.
    |227| Als ich zu mir kam, beugten sich Leute über mich. In der Ferne ertönte eine Sirene. »Sie bewegt sich«, sagte jemand. Aber das Bewegen tat weh, also ließ ich es bleiben. Es kann erstaunlich angenehm sein, auf einem harten Gehweg zu liegen. Die Sonne schien hell, und zu viele Leute starrten mich an. Ich spürte Feuchtigkeit an Knien und Ellbogen und schloss die Augen wieder. Ich ignorierte das Summen der Stimmen um mich herum. Dann kam der Krankenwagen, und ich wurde auf eine Trage gehoben. Ich wollte nicht in den Krankenwagen, hatte aber keine Energie, um mich zu wehren. Eine Träne rann unter meinen geschlossenen Augenlidern hervor.
    Als sie die Trage anhoben, rief ich: »Mein Fahrrad, wo ist mein Fahrrad?«
    Eine gemurmelte Antwort, die ich nicht verstand.
    »Ich will nicht ohne mein Fahrrad weg«, beharrte ich, obwohl der Protest völlig sinnlos war.
    Weiteres Gemurmel. »Jemand passt auf Ihr Fahrrad auf«, sagte eine Stimme neben mir. »Zuerst müssen wir uns aber um Sie kümmern.« Ich wollte mich aufsetzen, aber irgendetwas drückte mich nieder. Ich hörte, wie die Türen des Krankenwagens zugeschlagen wurden, und dann fuhren wir los.

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    An die Fahrt ins Krankenhaus kann ich mich kaum erinnern. Ich weiß noch, dass ich darauf bestand,

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