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Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara J. Henry
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ein offizielles Ersuchen?«
    »Könnten Sie auf dem Heimweg hier vorbeikommen? Um halb zwölf.«
    Ich holte tief Luft. »Elf«, sagte ich und hängte ein.
    Den Abschied von Philippe gestaltete ich sehr kurz. Dann fuhr er zur Arbeit, und ich brachte Paul zur Schule. Paul klammerte sich an mich, bevor er in den Wagen stieg, doch ich beherrschte mich. »Hey, wir sehen uns bald wieder.« Ich zwickte ihn sanft in die Nase und wischte mit dem Daumen seine Tränen ab. »Es sind nicht mal zwei Wochen. Und dann kommen du, Bear und dein Papa mich besuchen, und ich kann sehen, wie viel Bear schon gewachsen ist und wie viel du ihm beigebracht hast.« Ich fuhr ihn zur Schule, während er vor sich hin schniefte. Als er ausstieg und zur Tür rannte, dachte ich unwillkürlich:
Das ist das letzte Mal.
Es tat so weh, dass es mir den Atem nahm. Auf der Rückfahrt liefen mir die Tränen übers Gesicht.
    |250| Ich brauchte nicht lange, um alles zu packen und ins Auto zu tragen. Elise umarmte mich so fest wie bei unserer ersten Begegnung und konnte wie damals kein Wort herausbringen. Ich auch nicht. Zum Abschied überreichte sie mir eine große Tüte selbstgebackener Leckereien.
    Jameson wartete auf dem Parkplatz der Polizeiwache. »Warum nicht in Ihrem Büro?« Er schüttelte den Kopf. Mir war nicht nach Streiten zumute, also folgte ich ihm ins Restaurant. Tiger ließ ich im Auto und öffnete die Fenster einen Spalt. Wir saßen schweigend an einem Tisch auf der Terrasse, bis unser Essen kam.
    »Spricht etwas dagegen, dass ich nach Hause fahre?«, platzte ich heraus.
    »Nein, das nicht.« Jameson bestrich ein Stück Brot mit Butter und steckte es in den Mund.
    Ich aß mechanisch meinen Salat. »Ich habe Ihnen alles erzählt.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Und ich wünschte, Sie würden sagen, was Sie denken. Verdächtigen Sie mich? Oder Philippe?«
    Ein kühler Blick. »Ich verdächtige alle. Etwas anderes kann ich mir nicht leisten.«
    Ich wandte mich wieder meinem Salat zu.
    »Warum wollen Sie abreisen?«
    Ich schaute hinaus auf die Skyline. Er musste nicht erfahren, dass Philippe und ich der romantischen Beziehung, die er immer schon vermutet hatte, sehr nahe gekommen waren. »Paul hat sich in der Schule eingelebt; jetzt muss er sich von mir lösen. Philippe und Elise kümmern sich bestens um ihn. Ich muss in mein eigenes Leben zurückkehren.«
    »Ihre Arbeit, Ihr Haus, Ihre Freunde.«
    »Ja.« Ich nahm noch eine Gabel Salat.
    »Es ist noch nicht vorbei.« Ich sah ihn argwöhnisch an. »Es ist erst dann vorbei, wenn wir die Entführer gefasst haben.«
    |251| »Meinen Sie, ich wüsste das nicht? Meinen Sie, ich wollte
nicht
, dass sie gefasst werden?« Ich ließ die Gabel fallen und stand auf. Dann sagte ich mit schriller Stimme: »Natürlich will ich das. Ich denke an nichts anderes. Ich denke daran, was sie Paul angetan haben. Ich denke daran, dass sie ihn beinahe ertränkt hätten. Ich denke daran, dass sie noch immer dort draußen sind und vielleicht eines Tages hinter mir stehen. Bei jedem Gesicht frage ich mich:
Ist das einer von ihnen?
Verdammt, ich träume sogar von ihnen.«
    Ich konnte vor lauter Tränen nichts mehr sehen und tastete nach meinem Stuhl, doch Jameson war schneller. Er zog ihn zurück, warf Geld auf den Tisch und führte mich am Arm nach draußen. Wir gingen mehrere Blocks weit. Ich kniff die Augen zu und holte tief Luft, um mich zu beruhigen. Schließlich blieben wir an einer eingezäunten Ecke stehen, hinter der sich ein Park befand.
    »Es tut mir leid«, sagte ich.
    »Muss es nicht.« Überrascht sah ich ihn an. Er zog ein Taschentuch hervor, und statt es mir zu geben, wischte er mir mit einer raschen, sanften Bewegung die Tränen von den Wangen. Dann drückte er mir das Taschentuch in die Hand. Es ging so schnell, als hätte ich mir das alles nur eingebildet.
    Ich starrte ihn an. »Sie haben immer   … Sie haben mich wie eine Kriminelle behandelt. Oder wie eine Idiotin.«
    Er lächelte schief. »Ein Kind ist entführt worden, eine Frau getötet. Sie waren verdächtig, Troy. Sie waren eine Verdächtige, die mit dem Opfer und einem weiteren Verdächtigen zusammenlebte. Meine persönliche Meinung hatte nichts damit zu tun.«
    Er hatte mich noch nie beim Vornamen angesprochen. Jetzt lehnte er sich gegen den Zaun und schaute mich von der Seite an. Sein Hemd war verknittert. Wie üblich. Sein Haar zerzaust. Wie üblich. Er war nur wenige Zentimeter größer als ich.
    Er hatte in der Vergangenheit gesprochen. »Also bin

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