Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara J. Henry
Vom Netzwerk:
Knoblauchbrot und tranken dazu ein Glas Merlot. Ich betrachtete Thomas mit seinem rötlichblonden Haar, der Nickelbrille und dem schicken Pullover. Ich dachte:
Wie einfach wäre doch das Leben, wenn ich ihn lieben könnte.
    »Thomas, wir sollten reden. Über uns.«
    Er trank von seinem Wein. Seine Miene war ausdruckslos, aber er zeigte selten seine Gefühle. »Ich denke, wir waren eine Weile zusammen und sind es jetzt nicht mehr. Nun werden wir allmählich Freunde.«
    Er betrachtete mich gelassen. Ich hatte ihn gern, spürte aber keinerlei Begehren, keine Anziehungskraft. Ein scharfer, greifbarer Schmerz wuchs in meiner Kehle. »Ich kann nicht   …« Mehr konnte ich nicht sagen.
    Er legte seine Hand auf meine, ganz leicht. »Es ist gut, Troy. Ich weiß, bei dir ist viel passiert.«
    |263| »Das kann man wohl sagen.« Meine Stimme war halb Lachen, halb Schluchzen. »Aber ich bin nicht   … mit Philippe ist nichts passiert.«
    Er nickte und lehnte sich zurück. »Das ist auch egal. Ich wusste vorher schon, dass es sich anders entwickeln würde, als ich gehofft hatte.«
    Mir lief eine Träne über die Wange. Hätte ich in diesem Augenblick meine Gefühle für Thomas ändern können, hätte ich es getan. Aber man kann sie nicht künstlich herbeiführen, nur vortäuschen oder verdrängen. Ich hatte beides versucht, und es hatte einfach nicht funktioniert.
    Wir räumten die Küche auf, dann schaltete er den Fernseher ein. Ich ging ins Bett und ließ ihn allein dort sitzen. Ich wusste nicht, ob er wirklich hinschaute oder ins Leere starrte.

|264| 39
    Am Morgen gingen wir laufen und passten uns schnell dem Rhythmus des anderen an. Auf dem Rückweg kauften wir in einer Bäckerei in der Church Street Bagels und aßen sie mit Pfirsichkonfitüre. Während Thomas auf der Veranda die
New York Times
las, saß ich mit meiner Wohnungsliste am Küchentisch, markierte die Adressen auf einem Stadtplan und fing an zu telefonieren.
    Zuerst machte ich Termine, um mir freie Kellerwohnungen anzuschauen. Dann rief ich auf eine ältere Anzeige an, die noch vor Pauls Entführung aufgegeben worden war.
    »Hi«, sagte ich, »ich glaube, Sie haben eine Wohnung zu vermieten.«
    »Die ist schon weg.«
    »Ich versuche, ein paar Freunde zu finden, war aber lange Zeit nicht in der Stadt. Sie sind umgezogen, und ich weiß, dass sie sich Ihre Wohnung angeschaut haben. Es waren zwei Kanadier aus Québec, sie sprechen Französisch.«
    »Die waren nicht hier. Überhaupt keine Kanadier.«
    So machte ich weiter bis zur Mittagszeit. Zu meiner Überraschung verweigerte niemand die Antwort oder erkundigte sich nach den Namen der Männer, nach denen ich suchte. Auch wunderte sich keiner, woher ich seine Telefonnummer hatte. Viele Menschen sind erstaunlich vertrauensselig und reden gerne. Eine Frau hielt mich zehn Minuten am Telefon fest und erzählte mir von ihrem Urlaub an den Niagara-Fällen, wie nett die Kanadier doch seien und wie sehr sie und ihr Ehemann |265| Harry es genossen hätten, sich die Wasserfälle anzuschauen, und dass sie immer noch einmal dorthin reisen wollten, es aber nie getan hätten, und jetzt sei es zu spät, weil er letztes Jahr gestorben sei, Krebs, Sie wissen schon, er hatte so lange geraucht.
    Aber keiner von ihnen hatte seine Wohnung an zwei dunkelhaarige Frankokanadier vermietet.
    Auf der Veranda schaute Thomas mich prüfend an. »Soll ich mitkommen?«
    »Nein. Geht schon.« Ich wollte das lieber allein durchziehen. »Würdest du dich um Tiger kümmern?« Er nickte.
    Die erste Wohnung, die ich mir ansah, war schlimm, aber das war nur der Anfang. Vielleicht war ich verwöhnt, weil ich so lange in Philippes Haus gewohnt hatte, aber
Kellerwohnung
schien gleichbedeutend mit
dunkel und schäbig
– meist auch noch
muffig.
Ich kritzelte etwas in mein kleines Notizbuch und zeichnete Grundrisse, als würde ich in Gedanken schon meine Möbel aufstellen. Ich versprach, mich zu melden, falls die Wohnung in Frage käme.
    Auf keine der Wohnungen passte die Beschreibung, die Paul mir gegeben hatte. Das erste Zimmer hatte angeblich Glasbausteine als Fenster, die etwas Licht hereinließen, durch die man aber nicht hinausschauen konnte, und einen kleinen Raum mit Toilette und Waschbecken, aber ohne Dusche oder Wanne. Das zweite Zimmer war winzig klein gewesen, etwa doppelt so groß wie seine Matratze, und hatte gar keine Fenster.
    Es war schon dunkel, als ich in Thomas’ Wohnung zurückkehrte. Er selbst war im Kino und schaute sich einen Film

Weitere Kostenlose Bücher