Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit
an der Wand zu überblicken, wo lediglich die Main-Gegend vom Fingern fleckig ist. Sein Auge sucht die Stellen, wo die drei Männer gefunden wurden – erstochen, aber nicht beraubt. Der junge Green – da. In jener kleinen Straße fast im Zentrum des Main-Distrikts. Der amerikanische Geschäftsmann – dort. In einer schmalen Nebenstraße der Chateaubriand zwischen der Rue Roy und der Rue Bousquet, was LaPointe die äußerste Ecke seines Reviers nennen würde. Und jener Professor von der McGill-Universität – dort. Weit von der Main, auf der Milton Street zwischen der Lome und der Shuter, normalerweise eine belebte Gegend, wahrscheinlich aber ausgestorben um … wie war das gleich … geschätzte Todeszeit: zwischen 2.00 und 4.00 Uhr.
Wahrscheinlich derselbe Täter. Wahrscheinlich dieselbe Frau. Eifersucht? Über einen Zeitraum von sechs Jahren? Wohl kaum ein Eifersuchtsausbruch. Eine Frau. Ein Täter. Vielleicht war die Frau der Täter. Und … wie kommt eine Frau an einen kanadischen Professor, einen amerikanischen Geschäftsmann und einen illegal eingewanderten Italiener mit Samenkoller?
Der letzte von diesen alten Fällen ist dreißig Monate alt. Da wird wohl über alle Spuren längst Gras gewachsen sein.
Er seufzt und steckt die Aktenordner in eine dicke Umlaufmappe und schickt sie rüber zu Gaspard in die Mordkommission. LaPointe kann sich Gaspards Ärger vorstellen, wenn er entdeckt, daß er eine Mordserie mit sexuellem roten Faden geerbt hat. Genau die Art, bei der den Zeitungen das Wasser im Munde zusammenläuft. Unbekannter Messerstecher geht um … Polizei düpiert.
Er ißt in einem billigen Café und merkt nicht, was er auf dem Teller hat; er geht langsam über die Main und bringt die Straße zu Bett – und die ganze Zeit gehen ihm die Einzelheiten der beiden Ordner im Kopf herum. Er dreht und wendet in Gedanken die spärlichen Angaben zur Person, sucht nach Kleinigkeiten, die zu dem passen, was er über Tony Green weiß. Doch nichts. Er steht vor seinem Haus an der Esplanade, schaut zu den dunklen Fenstern seiner Wohnung im zweiten Stock hinauf, als er beschließt, noch mal zum Quartier Général zu gehen und sich an den letzten Papierkram heranzumachen, anstatt einer einsamen Nacht mit Kaffee und Zola entgegenzusehen.
»Was, zum Teufel, machen Sie denn hier?«
»Jesus Christus, haben Sie mich erschreckt, Sir!«
»Haben Sie was vergessen?«
Guttmann hat an LaPointes Schreibtisch gesessen, und tausend Probleme und Tagträume waren ihm durch den Sinn gegangen. »Nein, mir fiel nur ein, daß Sie einen Stadtplan an der Wand haben, und da ich noch meinen Schlüssel habe, so …«
»So?«
»Es ist wegen dem Packen Ordner, den Sie Kommissar Gaspard hinterlassen haben.«
Mit einem Ruck seines Daumens vertreibt LaPointe Guttmann aus seinem Drehstuhl und nimmt ihn selber ein. »Ich wette, er war glücklich, als drei abgeschlossene Fälle plötzlich wieder vor ihm aufsprangen.«
»Aber ja, Sir. Er konnte sich kaum fassen vor Freude. Geradezu entzückt war er über Dr. Bouvier. Er meinte, nach dieser Art Hilfe würde er lechzen wie ein verhungernder Pakistani nach den Freßpaketen vom Roten Kreuz.«
»Hm-m. Aber das erklärt noch immer nicht, was Sie in meinem Büro zu suchen haben.«
Guttmann geht an die Wandkarte und zeigt auf dünne Bleistiftlinien, die er darauf gezogen hat. »Ich bin mitten in der Nacht auf diese verrückte Idee gekommen.«
LaPointe kramt in seinen Papieren herum. »Joans sollen keine Ideen haben. Das ist schlecht fürs Maschineschreiben«, sagt er, ohne aufzublicken.
»Wie sich herausgestellt hat, war es nicht nur so eine Idee.«
»Ernsthaft? Lassen Sie hören.«
Guttmann zuckt die Achseln; er hat keine Lust, auf LaPointes Albernheiten einzugehen. »Ach, es war nur etwas Grundschul-Geometrie. Es fiel mir ein, daß wir wissen, wo jeder der drei getötet worden war, und daß wir wissen, wo jeder zu der betreffenden Zeit hinging. Wenn wir also diese Linien auf der Karte zurückverfolgen würden …«
LaPointe lacht. »Würden die Linien auf der Türschwelle des Täters zusammenlaufen?«
»So etwa. Oder wenn nicht gerade auf der Türschwelle des Täters, vielleicht zumindest auf der Türschwelle der Frau, mit der sie alle geschlafen haben. Ich nehme an, es handelt sich um ein und dieselbe Frau, Sie nicht?«
»Entweder das oder ein Hurenhaus.«
»Nun, wie auch immer, es würde sich doch um ein und dasselbe Haus handeln.«
LaPointe schaut auf die Karte, auf der
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