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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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Sie wollen oder Sie wollen nicht?«
    »Es heißt, es ist mir scheißegal – so oder so. Wenn Sie mir 'ne Tasse geben, trink' ich sie. Wenn nicht …« Und wieder zuckt sie die Achseln und pustet kurz durch ihre zusammengepreßten Lippen.
    Er muß innerlich ein bißchen lachen. Die meint, sie sei so eine ganz Forsche, und dieses Achselzucken ist so typisch für die Leute downriver.
    Das frankokanadische Repertoire des Achselzuckens ist unendlich reich an Nuancen und Artikulationen, die sich mit Worten nicht ausdrücken lassen. Der Frankokanadier kann die Achseln zucken, indem er die Schultern hebt oder sie runterdrückt. Er kann die Achseln zucken, indem er kurz zur Seite guckt oder die Augen zusammenkneift. Indem er die Hände umdreht oder einfach die Daumen aufstellt. Mit Vorschieben der Unterlippe oder Herabziehen der Mundwinkel. Mit Schließen der Augen oder Ziehen des Mundes. Mit Spreizen der Finger, Stoßen der Zunge an die Zähne, Anspannung der Nackenmuskeln, Heben einer Augenbraue oder beider, Aufreißen der Augen, Schieflegen des Kopfes. Ferner mit sämtlichen Kombinationen und Abwandlungen von alledem. Jedes Achselzucken bedeutet etwas anderes. Jede Kombination bedeutet mehr als zweierlei zu gleicher Zeit. Doch in allen Arten und Abarten des Achselzuckens enthüllt sich seine Grundeinstellung zur Rolle des Schicksals und zur Schwäche des Menschen.
    LaPointe lächelt über ihr kleines Achselzucken; es ist ein wissendes Lächeln. Während er in der Küche den Kessel aufsetzt, geht sie zum Kamin und tut so, als interessiere sie sich für die gerahmten Fotos, die auf dem Kaminsims stehen. Auf diese Weise kann sie an der Gasflamme Wärme tanken, ohne daß es so aussieht, als habe sie es nötig. Als er wiederkommt, tritt sie lässig vom Kamin zurück.
    »Wer ist das?« fragt sie und zeigt auf die Fotos.
    »Meine Frau.«
    Ihr verschwollenes Auge ist fast ganz zu, wie sie ihn jetzt ungläubig anschielt. Die Frau auf den Fotos muß fünfundzwanzig, dreißig Jahre jünger sein als dieser Knabe. Und man braucht sich auch nur in dieser Bruchbude umzusehen, um zu erkennen, daß hier keine Frau zu Hause ist. Aber wenn er unbedingt darauf besteht, eine Frau zu haben – bitte sehr!
    Er stellt fest, daß das Zimmer noch immer kalt ist, und es ist ihm peinlich, daß er einen dicken warmen Mantel trägt, während sie nichts als die viel zu weite Wolljacke anhat. Er zieht den Mantel aus und wirft ihn über einen Stuhl. Ihm fällt ein, daß er ihr seinen Bademantel geben könnte. Er geht ins Schlafzimmer und sucht ihn. Dann begibt er sich ins Bad und läßt heißes Wasser in die altmodische Wanne mit den Klauenfüßen laufen. Er bemerkt, wie unordentlich es im Bad ist. Er spült angetrocknete Bartstoppeln aus dem Waschbecken, als ihm einfällt, daß das Kaffeewasser inzwischen durchgelaufen sein muß. Also geht er zurück, vergißt aber den Bademantel und kehrt noch mal um.
    Jesus, ist das kompliziert mit einem Gast in der Wohnung! Hat man das nötig?
    »Hier«, sagt er mürrisch, »ziehen Sie das an.« Sie betrachtet den alten Wollmantel mit Vorsicht, dann zuckt sie die Achseln und schlüpft hinein. Eingehüllt in den Mantel, wirkt sie noch kleiner und noch dünner als zuvor und sieht mit ihrer krausen Mop-Frisur, die die jungen Dinger heutzutage tragen, aus wie ein Clown – ein Clown mit einem blauen Auge. Ein halbwüchsiges Hürchen mit einem Straßenvokabular, in dem foutre und fourrer in den meisten Fällen das Wörtchen faire ersetzen, und mit all ihrer Habe in einer Einkaufstasche.
    LaPointe steht in der Küche und gießt den Kaffee ein, gießt aus dem Kessel ein bißchen heißes Wasser dazu, weil der Kaffee zu stark und sie noch ein halbes Kind ist. Er hört sie lachen. Es ist ein herzhaftes Lachen. Doch abrupt bricht es noch im Anlauf ab, wie der Schrei eines Fasans, der im Auffliegen getroffen wird.
    Als er mit der Tasse in der Hand ins Wohnzimmer tritt, steht sie vor dem Spiegel, der an der Rückseite der Tür hängt. Ihr Gesicht ist ohne Regung und sanft, in ihren Augen ist keine Spur eines Lachens mehr. Er fragt: »Was ist denn? Was ist los? Ist es der Mantel?«
    »Nein.« Sie nimmt den Kaffee entgegen. »Mein Auge. Ich seh' es zum erstenmal.«
    »Finden Sie wohl komisch, Ihr Auge?«
    »Warum nicht?« Sie trägt die Tasse zum Sofa und setzt sich, wobei sie ihr kurzes Bein unters Gesäß zieht. Sie hat sich das so angewöhnt. Sie findet das bequem. Es hat nichts mit ihrer Lahmheit zu tun. Nicht

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