Ein Herzschlag danach
der Straße. Ich will nicht, dass die Einheit von mir erfährt … das wäre zu gefährlich.«
»Glauben Sie denn, dass sich etwas im Haus befindet?«, fragte ich. »Was denn?«
»Weiß ich nicht. Vielleicht hat Jack Informationen über Demos und seine Leute. Vielleicht weiß er, wo sie sich aufhalten oder wann sie ihre nächste Aktivität planen. Ich möchte wissen, ob die Einheit überhaupt etwas über Nate weiß. Ich würde dich nicht bitten, wenn ich eine andere Wahl hätte. Aber ich kann nicht in ihr Hauptquartier eindringen und auch nicht in die Wohnungen der anderen. Außerdem ist dein Bruder Teamleiter, ganz bestimmt ist er besser informiert als die normalen Teammitglieder.«
Inzwischen drehte sich alles in meinem Kopf. Wenn Key Recht hatte und Jack weitere Informationen im Haus aufbewahrte, dann musste ich sie finden. Ich musste endlich wissen, was hier abging.
»Okay«, flüsterte ich, »ich helfe Ihnen.«
Die Erleichterung war ihm ins Gesicht geschrieben. »Danke«, sagte er heiser und drückte mir die Hand.
»Ich muss gehen«, erwiderte ich. »Jack wird sich wundern, wo ich so lange bleibe.« Mir versagte fast die Stimme.
Key nickte. »Okay. Ich verschwinde.« Bevor ich begriffen hatte, was er sagte, war er auch schon zur Tür hinaus.
Ich stand wie angewurzelt da und starrte auf die Stelle, wo er gerade noch gestanden hatte. Plötzlich sah ich kleine schwarze Punkte. Ich taumelte rückwärts in eine der Toilettenkabinen, ließ mich auf den WC -Sitz fallen und vergrub den Kopf zwischen den Knien. Ein verzweifeltes Schluchzen drang aus meiner Brust und ich presste mir die Faust vor den Mund, um es zu unterdrücken.
Ohne es zu wissen, waren Jack und Alex hinter mir her. Mein eigener Bruder und der einzige Mensch, in den ich seit Ewigkeiten verliebt war, jagten mich und würden mich töten, wenn sie herausfanden, wer und was ich war. Oder sie würden mich in »Sicherheitsverwahrung« nehmen, was immer das heißen mochte. Nichts, was ich mir über die Aufgabe der Einheit vorgestellt hatte, war auch nur annähernd so grauenhaft.
Ich richtete mich auf und atmete tief durch. Vielleicht hatte Key sich das alles nur ausgedacht. Es konnte gar nicht anders sein. Es war einfach zu absurd. Die ganze Sache war ein einziger, grandioser Schwindel.
Aber in meinem Kopf war eine Stimme, die mir das Gegenteil sagte. Weitere Teile des Puzzles fügten sich plötzlich ineinander: die Geheimnistuerei, die Alarmanlage, die Tatsache, dass die Einheit diese Leute nicht hatte fangen können, obwohl sie sie schon seit Jahren verfolgte. Weil die Gejagten bestimmte Fähigkeiten besaßen, besondere Kräfte … genau wie ich.
Und das hieß: Ich musste sofort verschwinden. Durfte keine Sekunde verlieren. Musste ins nächste Flugzeug steigen und abhauen, bevor Jack und Alex die Wahrheit über mich herausfanden.
Aber wie? Ich zögerte. Sollte ich nicht doch bleiben? Vielleicht würden sie es nie herausfinden?
Nein, nein, ich musste gehen! Ich beherrschte meine telekinetische Kraft nicht genug und überall gab es Alarmsysteme, die mich enttarnen konnten. Es war ein reines Wunder, dass Jack und Alex noch nichts ahnten.
Und wenn sie es erfahren hätten – hätten sie mich dann eingesperrt? Vermutlich hätten sie mich wirklich für einen Freak gehalten und mich für irgendwelche Tests in eine Sicherheitszelle sperren lassen. Ich lachte hysterisch.
Ich hörte, dass die Tür geöffnet wurde; Lärm und Stimmengewirr aus der Bar drangen herein, gefolgt von den aufgeregt kreischenden Stimmen mehrerer Frauen. Der Lärm brachte mich schlagartig in die Wirklichkeit zurück. Ich musste mich endlich zusammenreißen und wieder in die Bar zurückkehren.
Ich stand auf, strich mein Kleid glatt und schloss die Kabinentür auf. Vor einem Waschbecken blieb ich stehen und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Ich wischte mir das restliche Make-up weg. Mein Spiegelbild erschreckte mich: Ich sah aus, als wäre ich soeben nach einem Unfall aus einem brennenden Autowrack gekrochen.
Los geht’s, Lila.
Ich stieß langsam die Tür auf, blieb zunächst am Rand des großen Clubraums stehen und blickte mich um. Die Soldaten saßen an der Bar, lachten und tranken Bier. Ein Schauder lief mir über den Rücken – ein unheilvolles Omen? Ich hätte nicht die geringste Chance gegen sie. Nicht mal mit meiner Superkraft. Obwohl sie inzwischen bestimmt eine Menge Alkohol intus hatten, beeinträchtigte das weder ihre Wachsamkeit noch ihre
Weitere Kostenlose Bücher