Ein Herzschlag danach
beschleunigte und raste davon.
Ich betrachtete den Geldschein in meiner Hand. Jack würde für viele Stunden im Camp zu tun haben. Wieder in die Bar zurückzukehren und mit Alex und Rachel zu plaudern, als wäre nichts geschehen, kam nicht infrage. Für meine Entscheidung brauchte ich nicht mal den Bruchteil einer Sekunde. Ich streckte den Arm aus und winkte ein Taxi heran.
16
Ich rannte die Stufen zur Haustür hinauf. Das Sicherheitslicht leuchtete auf, als ich die Tür aufschloss. Ich lief sofort zur Alarmanlage und schaltete sie aus, wobei ich überlegte, ob Key draußen herumschwirrte. Wie funktionierte es überhaupt, wenn er sich aus seinem Körper entfernte? Lag er dann irgendwo herum?
Ich streifte die High Heels von den Füßen und versuchte mich zu konzentrieren. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis Alex meine Abwesenheit auffiel und jemand auf der Suche nach mir hier aufkreuzte. Bevor das geschah, musste ich verschwunden sein.
Am Fuß der Treppe blieb ich wie angewurzelt stehen. Ich würde Alex nie mehr wiedersehen! Denn das war die Konsequenz, wenn ich von hier verschwand – und sie schien mir plötzlich viel schwerer zu ertragen als jede Gefahr. Ich schloss die Augen und spürte, wie mich das Haus förmlich einzwängte und niederdrückte.
Dann riss ich die Augen wieder auf. Zuerst würde ich mir so viele Informationen wie möglich beschaffen und danach entscheiden, ob ich bleiben konnte oder tatsächlich fliehen musste. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wonach ich suchte. Toll wäre irgendein Schriftstück, auf dem klipp und klar stand, warum es ein von der Regierung gebilligtes Sondereinsatzkommando gab, das einzig und allein die Aufgabe hatte, Leute wie mich zu fangen und wie ein Grippevirus auszurotten. Oder wenigstens eine Information darüber, was sie mit Leuten wie Demos oder Key anstellten, wenn sie sie in Sicherheitsverwahrung genommen hatten.
»Mit Leuten wie mir «, korrigierte ich mich laut, »wenn sie Leute wie mich in Verwahrung genommen haben.«
Ich lief ins Wohnzimmer, schnappte mir Jacks Laptop und fuhr ihn hoch. Natürlich gab es ein Passwort. Ich zögerte, dann probierte ich es mit »Sara«, aber der Computer piepte nur verärgert. Ich tippte den Alarmcode ein. Wieder gab es einen Piepton, gefolgt von der Warnung, dass ich noch einen Versuch hatte, bevor das System gesperrt wurde. Ich fluchte laut.
Dann fiel mein Auge auf das Foto meiner Mutter. Ich gab ihren Namen ein: Melissa.
Passwort angenommen.
Das kam so unerwartet, dass ich den Monitor einen Moment lang erschrocken anstarrte. Doch dann rief ich die Liste der Dokumente auf, die Jack zuletzt geöffnet hatte. Gleich die erste Datei trug den Namen Demos .
Ich brauchte tatsächlich ein paar Sekunden, bis mir die Bedeutung des Dokuments klar wurde. Demos – das war der Mann, den Key beschuldigte, seinen Sohn gekidnappt zu haben. Derselbe Mann, dessen Spur nach Mexiko führte.
Mit zitternden Fingern klickte ich auf die Datei. Ein Gesicht füllte den Monitor. Das Foto war grobkörnig und verschwommen, sodass es schwer war, Einzelheiten auszumachen. Aber ich sah einen schwarzhaarigen Mann mit spitzem Haaransatz, kantigem Kinn, ausdruckslosen blauen Augen und dunklem Bartschatten. Unter dem Bild war ein kurzer Steckbrief.
Name/Deckname: Demos
Echter Name: unbekannt
Größe: 180 Zentimeter
Gewicht: ca. 80 Kilogramm
Bekannte Eigenschaften: Psychokenosist
Was zum Teufel war ein Psychokenosist? Bestimmt konnte etwas, was mit »psycho« begann, nichts Gutes sein. Ich las weiter:
Zusammenfassung: maximales Risiko für die nationale Sicherheit. SOU -Priorität eins. Sehr gefährlich. Einziger bekannter Psychokenosist in den USA . Zahlreiche fehlgeschlagene Verhaftungsversuche. Lässt sich durch keine bekannte Waffe ausschalten.
Vorstrafen: In Abwesenheit angeklagt und für schuldig befunden des Mordes an Melissa Loveday und Senator Andrew Burns. (Vgl. hierzu: Bericht zum Tathergang, forensische Analyse, Quantico-Täterprofil.)
Mir wurde schwindelig, die Wörter tanzten vor meinen Augen. Ich scrollte zurück, um mir das Foto genauer anzuschauen. Der Mörder meiner Mutter. Hier hatte ich sein Bild vor mir – der Mann, der in unser Haus eingebrochen war und sie erstochen hatte. Der Mann, der Keys Sohn gefangen hielt. Der Mann, der vielleicht auch hinter mir her war, weil er mich gegen seine Freundin austauschen wollte. Also hatte mich Alex belogen! In Wirklichkeit waren die Leute, die er mit seiner Spezialeinheit
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