Ein Highlander zu Weihnachten
den Himmel stieß, entschied er, dass die Vorkehrungen dieser Damen nutzlos waren. Falls das Flugzeug zurück auf die Erde stürzte, würde er wie ein rohes Ei auf der sagenhaften Landschaft zerschellen, die er unter sich sah.
Wenig später stockte ihm schon wieder der Atem. Er starrte auf die Wolken hinunter. Ihre Formen und ihre Größe fesselten ihn genauso wie die Beleuchtung der hohen Säulen durch das Sonnenlicht. Er schrak zusammen, als die Flugbegleiterin ihn ein weiteres Mal fragte, ob er noch etwas zu trinken wolle. »Whiskey, bitte. Oder sagen wir drei Whiskeys – sie sind winzig.«
Nach zwölf winzigen Whiskeys innerhalb von zwei Stunden schloss er die Augen und betete um Schlaf – aber kurz darauf wurde er von einer Stimme aufgeschreckt, die ihn bat, sich auf die Landung vorzubereiten.
Er gähnte und sah aus dem Fenster. Der Atem stockte ihm – unter ihm lag London, ein Gewirr aus Tausenden von Häusern und Straßen, und er raste mit halsbrecherischer Geschwindigkeit geradewegs darauf zu.
Er setzte sich kerzengerade auf. Sein Herz raste, als wollte es ihm den Brustkorb sprengen. Zu seiner Verwunderung sahen seine Mitreisenden nicht das geringste bisschen erschrocken aus. Neben ihm sagte Jim: »Sie haben geschlafen wie ein Toter.« Er zeigte mit dem Daumen ins Heck. »Mir tun die armen Hunde leid, die die ganze Nacht im Sitzen verbracht haben. Ich bin nur einmal Economy geflogen und habe mir geschworen: nie wieder.« Er seufzte herzhaft und begann sein Gepäck zusammenzusuchen. »Wir haben uns einen tollen Tag zum Reisen ausgesucht, was? In Gatwick wird es zugehen wie im Irrenhaus.«
Cam nickte, ohne zu wissen, wovon der Mann sprach, und zog sein Ticket aus der Hosentasche, um sich seine Flugverbindung nach Edinburgh einzuprägen. In der unteren rechten Ecke entdeckte er eine Ziffer: $ 4.489. Heilige Brigid! Wieso hatte er das nicht bemerkt, als sie ihm das Ticket gegeben hatte? Er hätte darauf bestanden, dass sie es gegen eine Überfahrt per Schiff eintauschte.
Jim hatte nicht übertrieben. Gatwick ähnelte in der Tat einem Tollhaus. Durch Mengen vorübereilender Menschen folgte er Jim zur Gepäckausgabe. Als sie an dem sich bewegenden Stahlband warteten, fragte Jim: »Holt Sie jemand ab?«
»Nein, ich fliege heute Abend nach Edinburgh weiter.«
»Dann wünsche ich einen guten Flug. Ah, da kommt endlich unser Gepäck.«
Cam nahm seine Tasche, die auch ein Geschenk von Claire war, und folgte dem Strom der Menschen zur Zollabfertigung. Er entdeckte das Schild für die britischen Einreisenden, hielt sich links und stellte sich an.
Die Frau schlug seinen Reisepass auf und verglich ihn mit seinem Foto. Er lächelte sie an und zeigte seine Grübchen. »Guten Morgen, Mädchen.«
Sie lächelte zurück. »Haben Sie etwas zu verzollen?«
»Nein.« Von Zollerklärung hatte Claire nichts gesagt, und er konnte nur hoffen, dass er das Formular richtig ausgefüllt hatte.
Sie überflog das Blatt, stempelte den Pass und gab ihn ihm zurück. »Einen schönen Aufenthalt, Mr MacLeod. – Der Nächste bitte!«
Er trat über die rote Linie auf dem Boden und war in England angekommen.
Als er die Telefonzellen gefunden hatte, befolgte er Claires Anweisungen, nannte der Vermittlung ihre Nummer und sagte, es handle sich um ein R-Gespräch.
Einen Augenblick später meldete sich Claire am anderen Ende der Leitung.
Wie gut es tat, ihre Stimme zu hören. »Ich bin es, ich bin in London.«
»Cam! Wie geht es dir? Ist alles glatt gelaufen? Ich bin ganz krank vor Sorge.«
»Ja, alles ist glattgegangen, aber ich bin ja beinahe umgefallen, als ich gesehen habe, was dich das Ticket gekostet hat. Das hättest du nicht tun sollen, Liebes.«
»Aber ich wollte es.« Nach einer Pause sagte sie: »Es ist noch etwas mit deinem Reisepass, das du wissen musst. Reg dich bloß nicht auf, aber …«
»Claire.« Cam blickte sich um, um sicherzugehen, dass niemand ihn hörte. Er presste sich tiefer in die Telefonzelle hinein und raunte: »Ich weiß. Du hast Blut und Wasser geschwitzt und ihn keine Sekunde aus den Augen gelassen, als ich ihn in Boston vorzeigen musste.«
»Oh.« Sie atmete hörbar aus. »Es ging alles so schnell, und du hattest keine Papiere …«
»Ich verstehe das.« Seine Claire hatte ihre eigene schlaue kleine Dieberei begangen.
»Nein, das tust du nicht. Du kannst ihn kein zweites Mal benutzen.«
Das ließ ihn verstummen. »Aha.«
»Du musst bei einer schottischen Behörde einen neuen Reisepass
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