Ein Highlander zu Weihnachten
Was war das nur für eine Gegend! Beständig waren hier die Geräusche der Menschen und ihrer Maschinen zu hören, nicht die der Natur.
Der Betrunkene schwankte und stürzte auf das rutschige Pflaster. Er hatte sich die Hosen zerrissen und fluchte.
»Sehen Sie zu, dass Sie weiterkommen. Und nächstes Mal halten Sie schön Ihre Hände still.«
Der Mann warf einen Arm in die Höhe, während er gerade noch mühsam auf die Füße kam, und streckte einen Mittelfinger in die Luft. »Fick dich ins Knie!«
Danke gleichfalls, du blöder Arsch.
Cam blieb unter der Tür stehen, während der Mann sich stolpernd entfernte. Er hatte es nicht eilig, wieder hineinzugehen – der Krach, den der Besitzer schwachsinnigerweise als Musik bezeichnete, verursachte ihm unerträgliche Kopfschmerzen. Die Wirtschaft war so gut wie leer, und die Mädchen würden bald aufhören, sich um goldene Stangen und in den Schößen von Männern zu winden. Er schüttelte den Kopf. Dass eines der Mädchen Claires Freundin war, war ihm unbegreiflich. Aber andererseits hatte Tracy ihn angerufen und ihm von dieser Stelle als Rausschmeißer erzählt. Obwohl das keine Arbeit war, die er je selbst gewählt hätte, so war es doch offenbar die einzige Tätigkeit, zu der er in dieser Welt fähig war, da er weder einen Führerschein besaß noch einer Zunft angehörte. Immerhin wurde sie gut bezahlt und bestand eigentlich nur darin, dass er turmhoch die Gäste überragte und so finster dreinblickte, dass sie aufhörten, die Mädchen zu belästigen oder untereinander Streit anzufangen. Ein einziges Mal hatte er einen Mann in den Bauch boxen müssen, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen, aber im Großen und Ganzen …
Hinter ihm wurde die Tür aufgestoßen und lärmende Musik drang heraus. Die letzten drei Besucher des Purple Pussycat kamen lachend und grölend aus dem Lokal.
Cam schloss die Tür hinter ihnen. »Guten Abend, die Herren.«
Einer gähnte. »Dir auch, langer Kerl.«
Als sie davonfuhren, ging Cam hinein und verriegelte die Tür. Im Saal fand er alle Mädchen mehr oder weniger unbekleidet in einer Reihe entlang der Bar vor, jede mit einem Drink vor sich und damit beschäftigt, ihr Trinkgeld zu zählen. Er beugte sich über den Tresen und winkte dem Barkeeper. »Mike, ich bitte dich sehr, stell diesen Lärm ab.«
Der Barkeeper lachte und drückte auf einen Schalter. Im Purple Pussycat wurde es still – ein Segen.
»Ich danke dir. Mein Kopf war kurz davor zu bersten.«
Wenn er jetzt nur Tracy zum Austrinken bewegen und dann nach Hause bringen könnte, damit er selber zu Claire gehen konnte. Das arme kleine Ding hatte sich die letzten zwei Tage gar nicht gut gefühlt und sah inzwischen schon ganz abgezehrt aus. Sie hatte kaum ihr Abendbrot angerührt. Richtig Sorgen machte ihm, dass sie immer ernster geworden war, denn das sah ihr gar nicht ähnlich.
Er stellte den ersten Stuhl für die Putzfrau hoch. Tracy schwang auf ihrem Hocker herum und blickte ihn an. »Danke, dass du mir vorhin den Typen vom Hals gehalten hast, Mac-Leod.«
»Gern geschehen, Mädchen.«
»Heute ist Zahltag. Am besten holst du dir deinen Scheck ab, ehe Mike es sich anders überlegt und ihn behält.«
Er ging an die Bar. Mike, der Barkeeper und zugleich der Besitzer, hielt ihm ein Stück Papier entgegen.
Cam warf stirnrunzelnd einen Blick darauf und gab den Scheck zurück. »Du hast fünfzig pro Tag gesagt. Vier Tage zu fünfzig sollten zweihundert ergeben, nicht das hier. Schreib es neu.«
Aber der Mann schob ihm das Papier wieder hin. »Ich musste dir die Versicherung und die Steuern abziehen, Mann. Tut mir leid, aber das ist so Gesetz.«
Cam blickte Tracy Hilfe suchend an. Sie zuckte die Achseln. »Es stimmt, MacLeod. Mike ist kein Betrüger.«
Das war doch die reinste Wegelagerei!
Er riss Mike den Scheck aus der Hand, stopfte ihn in seine Tasche und griff sich den nächsten Stuhl. Wenn das so weiterging, konnte er seine Schulden bei Claire nie abbezahlen. Diese Leute sollten am besten noch eine Revolution anfangen. Aber so würde er die Böcke noch bitter nötig haben. Sobald er nach Hause kam, wollte er Mrs Grouse befragen und alles über den Franklin Park Zoo aus ihr herausbekommen. Zu allererst musste er den Transport und die Lagerung planen.
Als er den letzten Stuhl auf den letzten Tisch stellte, hatte er die Lagerfrage gelöst. Tracy stand fertig angezogen an der Tür.
»Fertig?«, fragte sie.
Er nickte. Mehr als fertig.
Draußen hängte Tracy sich bei ihm
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