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Ein Himmel voller Sterne

Ein Himmel voller Sterne

Titel: Ein Himmel voller Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Darius
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und wild rollenden Augen.
    Alarmiert rief der alte Pferdeknecht ein paar Leute zusammen. „Da ist was passiert“, meinte er und wies auf das Pferd, das Schaum vorm Maul hatte. „Pit, du reibst Wotan trocken und führst ihn in seine Box. Sieh nach, ob er verletzt ist. Wir anderen suchen Herrn Korten-Ryhoff.“
    „Du wie?“ Ein junges Mädchen, im eleganten Reitdress, sah sich unsicher um.
    „Na, indem du dein Pferd nimmst und ein paar Strecken abreitest“, gab ein älterer Herr zur Antwort. „Ich reite in Richtung Elbe, Ulli und Bert nach Westen.“ Kurz und präzise gab er Anweisungen.
    „Handys … wer hat sein Handy dabei?“, rief Kim dazwischen. Sie, die nicht reiten konnte, fühlte sich ausgegrenzt und hilflos.
    Zwei Männer und das elegante Mädchen meldeten sich. Man tauschte die Nummern aus, dann zerstreuten sich die Reiter.
    „Und was soll ich jetzt tun?“ Stirnrunzelnd sah Kim sich um.
    „Da steht mein Rad. Nimm’s und such auch“, schlug der alte Stallknecht vor. Er selbst sah nach Wotan, der von seinem jungen Kollegen inzwischen versorgt worden war.
    „Er hat nix“, meinte der Junge. „Ich hab alles nachgesehen.“
    „Komisch … na, wir werden vorsichtshalber den Tierarzt anrufen.“
    „Ein Notarzt wär sinnvoller – wenn man Herrn Korten-Ryhoff findet.“
    „Da haste mal ausnahmsweise recht.“
    Kim schnappte sich ohne weitere Diskussionen den alten Drahtesel. Himmel, auf so einem vorsintflutlichen Gefährt hatte sie noch nie gesessen! Aber sie kam voran, radelte ein Waldstück entlang, bemerkte im Westen ein paar Reiter, die ebenfalls vergeblich nach Karsten Ausschau hielten.
    Sie war noch keine zehn Minuten unterwegs – da sah sie ihn! „Ach du Scheiße!“ Das war nicht damenhaft, entsprach aber ihrem Gefühl. Das Rad fiel unbeachtet zu Boden, schon kniete Kim neben dem Mann. Er hielt die Augen geschlossen, reagierte auch nicht, als sie ihn ansprach. Aus einer kleinen Wunde an der Schläfe sickerte Blut. Kim tastete nach seinem Puls – das sah man zumindest immer im Fernsehen, also konnte es nicht falsch sein. Nur – wie schnell durfte er sein? Was hatte dieses unregelmäßige Stolpern, das sie festzustellen meinte, zu bedeuten?
    Mit zitternden Fingern holte sie ihr Handy heraus, wählte die Stallnummer, die ihr Pit gegeben hatte. Mit wenigen Worten war die Situation geschildert.
    „Ich hab den Notarzt schon alarmiert. Wo genau seid ihr?“
    „Gute Frage. Keine Ahnung …“ Kim sah sich um. „An einem Feldrand. Wenn ich nach links sehe, kann ich einen hohen Backsteinturm erkennen.“
    „Dann weiß ich, wo es ist.“ Pit, gerade mal siebzehn Jahre alt, bewies viel Nervenstärke. „Lass den Verletzten liegen. Nicht bewegen, klar?“
    „Sicher. Weiß ich doch.“ Kim biss sich auf die Lippen. Was sollte sie nur tun? Sie nahm Karstens Hand, hielt sie fest. Dann beugte sie sich wieder über ihn, um zu kontrollieren, ob er überhaupt noch atmete.
    Endlich erklang das Sirenengeheul des Notarzt-Wagens. Kim wusste jetzt, was es bedeutete, wenn man sagte, dass sich Sekunden zu Ewigkeiten dehnen konnten!
    Ein weiterer Blick auf Karsten Korten-Ryhoff – wie lange war er schon bewusstlos? Wie lange hockte sie schon neben ihm? Wenn es nicht so schrecklich wäre, zur Untätigkeit verdammt zu sein!
    Erst als sich Notarzt und Sanitäter über den Reiter beugten, als eine erste Untersuchung vorgenommen worden war und der Notarzt eine Infusion anlegte – da erst fiel Kim ein, dass sie Bettina informieren sollte.
    Schon hatte sie die Nummer angewählt – und stellte das Gerät schnell wieder aus. Bettina war selbst nicht gesund, wie sollte sie Karsten helfen?
    „Wollen Sie mitfahren?“ Die Stimme des Notarztes riss sie aus ihren Gedanken.
    „Wie? – Ja … nein …“
    „Was denn jetzt?“
    „Ja.“ Sie kletterte in den Notarztwagen. „Wohin bringen Sie ihn?“
    „Uniklinik.“
    „Und – was fehlt ihm?“
    Der Notarzt sah sie zögernd an. „Sind Sie seine Freundin? Oder mit ihm verwandt?“
    „Das nicht, aber … meine Schwester … Sie und er …“ Nie zuvor hatte Kim so gestottert.
    „Er hat wohl eine Gehirnerschütterung. Innere Verletzungen will ich ausschließen.“
    „Und das Blut?“
    „Nicht von Belang. Eine oberflächliche Wunde. Die kann man schnell klammern.“
    „Er muss also nicht – sterben?“
    Der erfahrene Arzt gestattete sich ein verstohlenes Lächeln. „So schnell stirbt’s sich nicht.“ Er legte kurz seine Hand auf ihre zitternden Finger.

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