Ein Hippie-Traum
über einer Stunde dort. Der Fahrer stieß zurück, stieg aus und erklärte mir, da ich ein Vorzugsmitglied war, könnte er mich bis LA bringen, wenn ich wollte. Das lag noch innerhalb der Zweihundert-Meilen-Zone.
Er sah sich meine Karte genauer an und fragte: »Sind Sie Neil Young?«
Ich antwortete: »Ja, bin ich.«
Er fragte: »Wer ist das Cinnamon Girl?«
Ich sagte ihm, die werde er in LA kennenlernen. Das sei meine Frau und sie hätte die schönsten Augen der Welt.
Er lud den alten Eldorado hinten auf seinen Truck und kettete ihn an. Nina und ich stiegen ins Führerhäuschen. Es war klimatisiert. Wir hielten irgendwo in der Nähe des sogenannten Grapevine an, einer extrem steilen Steigung, die aus dem Tal hinausführt. Ich aß bei Subway ein Sandwich und ging mit Nina Gassi. Unterwegs malte ich mir aus, wie ich den Trip eines Tages im LincVolt machte. In einem wunderschönen 1959er Lincoln Continental wollte ich geräuschlos am Hotel in LA vorfahren, ohne dass ein Motor lief. Ich wusste, der Traum würde wahr werden.
Am Abend erreichten wir LA , hielten vor den Sunset Sound Studios, wo Pegi gerade Aufnahmen machte, und da stand das Cinnamon Girl an der Bordsteinkante, genau wie versprochen, und wartete.
Mit Ben Keith im Fox Theatre in Redwood City, Oktober 2007.
52. Kapitel
52. Kapitel
»Good ’uns«
G enau heute vor einem Jahr ist Long Grain 2010 im Alter von dreiundsiebzig Jahren gestorben.
Ben »Long Grain« Keith war vierzig Jahre lang mein guter Freund. Ich gondelte gerade im Bus mit einigen der Jungs durch die Gegend, darunter mein Bruder Bob und Dave Toms. Das Telefon klingelte. Es war Pegi, die gar nicht mehr aufhörte zu weinen. Mir war klar, dass irgendwas richtig Schlimmes passiert war, und ich ging mit dem Telefon ganz nach hinten im Bus. »Ben, Ben!«, jammerte sie. »Ach, Neil, es ist so furchtbar. Er ist tot.«
Ich stieß, wie Dave es ausdrückte, einen Urschrei aus. Ich versuchte sie zu trösten und dachte dabei, sie würde von unserem Ben Young reden, bis sie schließlich etwas sagte, wodurch mir klar wurde, dass sie Ben Keith meinte, Long Grain. Ich stöhnte erleichtert auf, doch dann überkam mich eine andere Traurigkeit.
Long Grain war immer da. Ein echter Freund und Kumpel. Wenn er dabei war, konnte ich alles machen, jede Musik der Welt, und obendrein jede Menge Spaß haben. Sein Tod legte sich auf mich. Der große Bus rollte weiter über die Prärie von Manitoba.
Es wurde Zeit, Heidi anzurufen, Bens schöne Tochter, die Mutter einer wunderbaren Familie, die Long Grain liebte. Er war Opa.Sie meldete sich. Ich sagte es ihr, und sie weinte. Wir redeten, und ich tröstete sie, so gut ich konnte. Das Gefühl in dem Moment vergesse ich nie.
Ben war ein wunderbarer Mensch, sanft wie der Regen. Der Bus rollte weiter. Er war ein magischer Musiker. Es ging mir immer tiefer ein. Ich begriff, dass damit eine Ära zu Ende ging. Undenkbar, »Heart of Gold« oder »Old Man« oder sonst einen Song von Harvest mit jemand anderem an der Steelguitar zu spielen. Das ging gar nicht. Ich war so gewohnt, zur Seite zu blicken und ihn zu sehen, wie er schenkte und schenkte. Wir waren so lange so viel zusammen gewesen.
Long Grain verstand nie, warum ich manche der Platten, die wir machten, noch mal und noch mal abmischte. »Lass gut sein, Neil. It’s a good ’un!«, sagte er und stiefelte aus dem Studio. »Sag Bescheid, wenn’s weitergehen soll.« Der Bus rollte dahin, und die Weizenfelder zogen vorbei. Ben Keith wurde von allen Steel-Gitarristen als das Original verehrt. Sein Stil war auf der ganzen Welt bekannt. Er arrangierte Bläsersätze, produzierte Platten und spielte Gitarre, Dobro, Autoharp, Fingerzimbeln, Klavier, Blasinstrumente und Bass. Er war ein großartiger Sänger. Einen wie ihn wird es nie wieder geben. Ich trauere heute noch um ihn. Er ist zu früh von uns gegangen.
Der silberne Bus rollte durch die Außenbezirke von Winnipeg. Long Grain war noch nicht so weit gewesen. Ich weiß, dass er sich im Herzen mit dem Tod abgefunden hatte, aber er war noch nicht so weit. Dann kamen wir in Winnipeg an, zum nächsten Konzert, und parkten in der City am Theater. Ich stieg aus und setzte mich hinter dem Gebäude in einem kleinen Park auf den Rasen. Ich ging hinein. Da war sie, die Bühne, auf die ich hinausgehen würde in dem Gefühl, so allein zu sein wie nie zuvor im Leben. Er war für mich wie ein großer Bruder, und er war krank gewesen, aber nicht so krank, dachte ich. Ein Arzt, der
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