Ein Hippie-Traum
beieinander, und es war kein Problem, mit den Tourbussen zum nächsten Motel oder Treffpunktzu gelangen. Wir luden dann den LincVolt in den Sattelanhänger, den wir dabeihatten. Wir benutzten den vorderen Teil als Fitnessraum und den hinteren als Garage für den LincVolt.
Unterwegs trafen wir Leute, die uns von den Fliegern erzählten, die auf Nachtflügen im Schutz der Dunkelheit Chemikalien über dem Golf abwarfen, wodurch der tödliche Ölteppich auf den Meeresgrund absank und aus dem Blick und damit aus dem Bewusstsein war. Diese Leute waren sehr aufgebracht über die von den Medien verbreitete Lüge von der vollständigen Reinigung der Umwelt. Ein Teil der Berichterstattung, der die heimlichen Nachtflüge und die über dem Golf abgeworfenen Dispersionsmittel aufdeckte, war gut, aber die vielen Meldungen, wonach alles gereinigt wurde, waren laut den Einheimischen frei erfunden.
In Mobile, Alabama, trafen wir auf einen jungen Mann, der uns seine Geschichte nur erzählen wollte, wenn wir sein Gesicht nicht filmten. Er hatte Angst, verklagt zu werden. Er erzählte uns, dass er in einer von BP bezahlten Flotte von Booten arbeitete. Wochenlang hatten sie die Ölpest bekämpft und dann plötzlich drei Tage freibekommen. Als sie wieder zur Arbeit kamen, war der Ölteppich verschwunden. Alle dort Arbeitenden wussten, dass Flugzeuge mit Dispersionsmitteln das gemacht haben mussten. Einheimische erzählten uns, dass die Flugzeuge drei Nächte hintereinander über den Golf geflogen waren. Das Öl wurde tief im Meer verteilt, wo es zahllose Lebewesen tötete.
Viele fühlten sich bedroht von dem Ölkonzern, der einen Großteil der Gegend in der Hand hat. Die Leute waren bedrückt, verängstigt, aber trotzdem stark. Sie werden nicht fortziehen. Hier leben sie auf ihre Weise, mit ihren Wurzeln und ihren Familiengeschichten. Fischerfamilien, die seit vier, fünf Generationen den Golf befischen, gehen nicht ohne Weiteres fort. So etwas wirft man nicht einfach ab.
Die Konzerte am Golf liefen großartig. Ich freute mich sehr, in den Casinos und kleineren Sälen zu spielen. Alte Theater voll fröhlicher Menschen, für die ich sonst wahrscheinlich niemals gespielthätte, genossen den Abend und die Musik, die Gemeinschaft und die Augenblicke, wo gelacht wurde und wo Tränen flossen. Man sah es an ihren Gesichtern.
Nach dem Konzert kamen Leute zum Hinterausgang der Spielstätte, um sich den alten elektrischen Lincoln anzugucken, der alle Vorurteile darüber widerlegte, was ein solches Auto leisten konnte. Lautlos glitt er vom Bühnenparkplatz, vollbesetzt mit Verwandten und Freunden. Auf dem Vordersitz wurde Ben Young sanft von dem riesigen Dave Toms gehalten, dessen lange weiße Haare im Wind flatterten, hinten saßen Zeke Young und Ben Johnson. Mit sechs Metern Länge fasst der LincVolt eine Menge Glück und Freude.
Wir spielten in Panama City, Clearwater, Hollywood, Biloxi, Mobile, Pensacola, dann ging’s nach Norden zu Farm Aid in Milwaukee. Farm Aid war anders als unsere normalen Konzerte auf dieser Tour, denn es fand in einem Stadion mit vierzigtausend Leuten statt, aber es war »a good ’un«! Es kommt nur auf die Musik an. Wenn die Musik abgeht und du dich gut fühlst, dann ist das Konzert gut. Wenn die Musik aus irgendeinem Grund nicht abgeht, ist es auch kein gutes Konzert. Man kann vorher nie sagen, wie es wird. Das ist wie beim Wetter.
Diese kurze Konzertreihe wird für alle Zeiten eine meiner besten Tournee-Erinnerungen bleiben. Vielleicht weil ich Zeke wieder mithatte. Ich freue mich schon darauf, demnächst noch einmal mit dem LincVolt und den Jungs eine Fahrt dorthin zu unternehmen. Vielleicht kann ich dann auch Amber überreden, mitzukommen. Es war ein richtig gutes Gefühl, hinter dem Steuer dieses alten Cabrios von dem Auftritt runterzukommen. Vermutlich träumte ich mich in die Zeit zurück, als Unterhaltungskünstler noch in Cadillacs herumreisten, mit dem Equipment im Wohnwagen hintendran.
Damals konnten sich das nur die Paradenummern der größten Konzerte leisten. Ich wollte wie sie sein und einfach von Stadt zu Stadt ziehen. Als ich um 1960 herum Roy Orbison im Winnipeg Municipal Auditorium sah, hatte er ein großes Wohnmobil;sehr eindrucksvoll. Gene Pitney hatte einen Cadillac mit Wohnwagen. Ebenso die Crickets mit Waylon und Sonny Curtis, als ich sie in Winnipeg Beach sah, sechzig Meilen nördlich der Stadt. Dick Clarks komplette Cavalcade of Stars war in einem einzigen Bus unterwegs, als sie im
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