Ein Hippie-Traum
ich erblicke eine Tankstelle. Ich nehme die Abfahrt und gelange auf eine moderne Anlage, wo es kein E85 gibt und ich deshalb Benzin tanken muss. Mit den dort verfügbaren Tüchern und Kratzern säubere ich sämtliche Scheiben des Lincoln und sogar die Scheinwerfer, dazu die Schnauze des Wagens, die schwarz von toten Insekten ist, den Opfern meiner Fahrt. Wenige Minuten später bin ich wieder auf der großen Straße und dem langen Anstieg. Bis zur Kuppe ist es noch ein Stück.
Um mir noch eine Dosis dieser fantastischen Musik zu verpassen, versuche ich die Pistol Annies mit Hell on Heels auf Rhapsody neu zu starten, aber das Signal ist gestört und wird nicht gestreamt. Vor mir sehe ich den Smog von LA über der Kuppe hängen und erinnere mich, wie ich 1966 zum ersten Mal die Luft von LA roch. Damals war das noch neu für mich, ein Geruch, den ich nicht kannte.
Er war nicht schlimm, aber gut war er gewiss auch nicht. Ich war damals zwanzig.
D urch den Wald zu spazieren, ist für mich, wie in die Kirche zu gehen. Er ist mein Dom, und in letzter Zeit bin ich zu selten da gewesen. Da die Pumas neuerdings so dicht an unser Haus herankommen (wir haben fünf Meter von der Hintertür entfernt Pumakacke gefunden), ist mir der Wald wohl ein bisschen unheimlich geworden. Ich muss diese Furcht loslassen. Ich muss die Verbindung wieder aufnehmen. Auf dem Waldboden zu gehen, ist eine der spirituellsten Sachen, die ich mir vorstellen kann. Allein bei dem Gedanken frage ich mich, warum ich seit zwei Jahren nicht mehr da war. Früher habe ich Ben Young ständig in den Wald mitgenommen. Wir haben seinen Sitz in den alten blauen Jeep geschnallt, und dann sind wir zusammen los. Wir hatten beide viel Freude dort.
Wenn wir das nächste Mal auf der Ranch sind, werden die Sachen gepackt und dann machen wir zusammen einen Ausflug. Wie in alten Zeiten. Langsam werden Ben und ich die alte Jeepstraße hinunterrollen, von riesigen Redwoods umgeben, und wir werden die Strahlenbündel durch das Laubwerk strömen und auf den Waldboden fallen sehen. Wenn der alte Jeep im niedrigsten Gang leise und mühelos dahinkriecht, macht er gerade genug Lärm, um die Waldbewohner von unserem Kommen zu unterrichten, und das soll er auch. Ab und zu halten wir an, um einfach zu lauschen und den Wald zu riechen. Die Vögel verstummen, dann fangen sie zögernd zu zwitschern an, zu trillern, und schließlich, wie auf ein heimliches Zeichen hin, schreit ein Häher eine Warnung in den Wald. Alles wird wieder still, dann beginnt mit Trillern und Zwitschern der Zyklus von vorn.
Durch Spaziergänge mit meinen Hunden hier habe ich gelernt, dass es ein ungeschriebenes Gesetz gibt. Gib vorher stets ein Warnsignal. Überrasche niemals die Tiere im Wald. Wenn du also zu Fuß dahin gehst, ohne dass der Jeep brummt, ist es ratsam, ein Liedchen zu pfeifen und die Tiere in Kenntnis zu setzen, dass du dich ihrem Bezirk näherst. Das gibt ihnen die Gelegenheit, sich darauf einzustellen und irgendwo zu verstecken, wo du sie nicht siehst, aber sie dich beobachten können. Es ist ratsam, sich an das Gesetz des Waldes zu halten.
Einmal ging ich mit meinem Hund Carl, einem Goldendoodle, im Walddom spazieren, als ich merkte, dass er nicht mehr bei mir war. Ich schaute mich um und rief leise. Ich hörte ein kurzes Jaulen. Ich ging ungefähr dreißig Meter zurück, um eine Felsformation auf der Canyonseite herum, und da saß Carl vor mir auf dem Weg. Abermals rief ich ihn leise. Er kam ein Stück und setzte sich etwa drei Meter vor mir hin, näher wollte er nicht kommen. Als ich mich umdrehte, um den Weg weiterzugehen, und ihm winkte zu folgen, stieß er ein leises Bellen aus. Carl war ein sehr stiller Hund, und dass er etwas sagte, war ungewöhnlich, und jetzt saß er dort auf dem Weg und wollte sich nicht von der Stelle rühren. Erst da verstand ich, was Carl mir sagen wollte. Wir bewegten uns auf verbotenem Gelände. Irgendetwas war vor uns auf dem Pfad, und wir hatten dort nichts zu suchen. Er warnte mich vor einer Gefahr. Als ich das spürte und begriff, machte ich sofort kehrt und ging den Weg zurück, den ich gekommen war. Carl lief voraus und wedelte freudig mit dem Schwanz.
Carl ist inzwischen gestorben, und heute haben wir Nina, aber ich glaube, wenn sie mit mir im Wald spazieren ginge, würde sie sich genauso verhalten. Also, Nina, das werden wir ausprobieren. Wenn Pegi und ich wieder auf der Ranch sind, werde ich dich zu einer neuen Erfahrung und einem kleinen
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