Ein Hippie-Traum
einen guten Sound hinzubekommen, verzichtete ich daher völlig darauf. Ich benutzte einfach keine Bühnenlautsprecher. Ich gab mich gar nicht damit ab. Ich wusste, es würde cool werden. Wie eine durch Kansas wehende Brise. Alles klang hervorragend. Ich machte ein rein akustisches Programm und hatte richtig Freude daran. Eine Gitarre, eine Mundharmonika und sechs Songs, mehr brauchte ich nicht.
Etwas an diesem Programm hängt mir immer noch nach. Das Echo war wie für mich gemacht. Der Sound gab mir das Gefühl, in einer anderen Welt zu sein. Jeder Ton hing frei im Raum. Ich zogjeden einzelnen in die Länge und fühlte, wie sie nachklangen und verhallten. Irgendwie war ich, ganz auf mich allein gestellt, so frei geworden, dass es beinahe transzendent war. Das Stadion war im Grunde kein besonders guter Veranstaltungsort. Es sprach eigentlich alles dagegen, bis ich aufhörte, mich mit der Technik herumzuschlagen, und die Bühnenlautsprecher sein ließ. Als ich das tat, war es, als ob das Himmelstor aufging. Ganz ehrlich, es war ein Klang wie an einem heiligen Ort. Ich war völlig frei und unbelastet, und das kommt wirklich selten vor, sehr selten. Vor allem solo. »Golden« pflegte Briggs solche Momente zu nennen. Wunderbar, wenn es hinhaut. Das Echo war ein Geschenk der Götter.
Vorher hatte ich mit meiner Freundin Carolyn Mugar, der engagierten Leiterin von Farm Aid, einen Spaziergang über das Gelände gemacht, begleitet von Sicherheitskräften. Die Männer verhielten sich ziemlich unauffällig, und alles war in Ordnung. Ich blieb in Bewegung. Ich weiß aus Erfahrung, wie lange ich in einer solchen Situation an einer Stelle bleiben kann: nicht sehr lange. Beim Schlendern durch die Menge, die sich zwischen den Verkaufsbuden drängte, lauschte ich der Musik von der Bühne und fragte mich, wie ich wohl nur mit Gitarre und Mundharmonika klingen würde. Ganz gut, dachte ich bei mir. Da sah ich einen Mann, der ein uraltes cooles T-Shirt mit Neil Young und Crazy Horse drauf anhatte. Er war in Gedanken versunken. Ich ging zu ihm hin, tippte ihm auf die Schulter und sagte: »Echt nettes Shirt.« Er blickte auf und erkannte mich. Dann ging ich weiter. Leute wurden auf mich aufmerksam, und eine kleine Schar schloss sich mir an. Wir verzogen uns in einen Aufzug und gingen zum Bus zurück.
D ie Zen-Kunst des Paddelsurfens oder Stehpaddelns lockt mich seit Monaten. Vor Kurzem hat mein Freund Rick Rubin, ein großartiger Plattenproduzent, in seiner Freizeit damit angefangen. Rick hat etwas von einem Buddha, sich ihn auf seinem Surfbrettvorzustellen, hat etwas sehr Harmonisches. Ich habe es heute Morgen probiert und bin nur fünfmal runtergefallen, worauf ich ganz stolz bin. Meine Knie zitterten, als ich mich in der Bucht an unserem Haus auf Hawaii zum ersten Mal auf dem Board hinstellte und das weite offene Meer vor mir überblickte. Ich paddelte lange, bis mich ein Stocken in der Bewegung aus dem Groove brachte und ich kopfüber in das wartende Wasser stürzte. Verbissen und unbeholfen kletterte ich wieder aufs Brett, nachdem ich mein schönes Koa-Paddel darauf abgelegt hatte. Dann fing ich wieder zu paddeln an, kniend diesmal, bis sich in mir trotz des wackligen Körpergefühls genug Mut zum Hinstellen angesammelt hatte. Plötzlich stand ich wieder und glitt dahin, erfüllt von innerem Jubel über mein neues Dasein als Wassermann. Es gelang mir, geschickt Abstand von einer Klippe zu halten, auf die ich zuhielt, als die Dünung mich erfasste und mich erneut aus dem Gleichgewicht brachte und ins Meer warf. Das Wasser war relativ ruhig, und wenn die Dünung so weit kam, war sie ein wenig wie Wackelpudding. Ich schwor mir, besser aufzupassen, und stellte mich abermals kühn mit dem Paddel in der Hand hin. Ich schaute zum fernen Ufer und fühlte mich eins mit dem Brett.
Die Zeit war gekommen, eine Wende zu machen, den Kurs zu korrigieren, und ich paddelte versuchsweise erst auf der einen Seite und bremste dann auf der anderen, wodurch meine schwimmende Unterlage ins Kippeln geriet und ich wieder im Meer landete. Kniend paddelte ich zum Ausgangspunkt zurück, von meiner neuen Erfahrung gründlich erschöpft und total energetisiert.
Dies, schien mir, war für mich ein ganz neues Kapitel, die Voraussetzung dafür, meinen Platz im Universum umfassender zu verstehen. Vielleicht nahm ich es ein bisschen zu ernst, aber unterm Strich kann ich sagen, dass ich da draußen einen Mordsspaß hatte. Auf dieser meiner Jungfernfahrt war mein
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