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Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman

Titel: Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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zu lernen hatte.
    »Der Schlimmste ist Clem Musgrove von der Florence Hill Station. Er hat ein Pferd namens Plumbago gemeldet, von dem er behauptet, er habe es auf dem Pferdemarkt in Melbourne gekauft. Er gibt in der ganzen Stadt damit an, wie schnell, kräftig und ausdauernd es ist. Jetzt stehen Stargazer und Plumbago bei den Wetten fast gleichauf, und wenn Clems Hengst nicht gewinnt, verliert er die Achtung der Leute hier in Kangaroo Crossing und in Florence Hill, ganz zu schweigen von seinem Einsatz.«
    »Aber Sie können Stargazer nicht die ganze Nacht bewachen, Marty – nicht, wenn Sie ihn morgen reiten wollen!«
    »Ich könnte ohnehin kein Auge zutun.«
    Estella wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich selbst als Wächterin anzubieten. Sie würde garantiert einschlafen. »Haben Sie Mai oder Binnie irgendwo gesehen?«
    »Nein, aber sie sind bestimmt draußen im Camp der Aborigines.«
    »Wo ist dieses Lager?«
    »Südlich von hier, hinter den Sanddünen an der Rennstrecke.«
    Estella beschloss, noch einen Spaziergang zu machen. Sie wusste, dass es im Haus erstickend heiß sein würde. Sie wollte Ordnung in ihre Gedanken bringen und dem Lärm der vielen Menschen für eine Weile entfliehen.
    »Wir sehen uns morgen früh, Marty. Und bitte ... seien Sie vorsichtig.«
    Marty lachte. »Falls jemand herumschnüffeln will, der hiernichts zu suchen hat, tut er gut daran, sich in Acht zu nehmen!« Er schwenkte einen hölzernen Knüppel, und Estella verdrehte entsetzt die Augen.

20
    A ls Estella über den lehmigen Boden der Senke vor den Sanddünen spazierte, bemühte sie sich, nicht an die Ereignisse des nächsten Tages zu denken. Doch das war fast unmöglich. Zwar war sie nun fern vom Trubel im Jockey-Club, und es war still und friedlich, doch sie meinte das dumpfe Stampfen galoppierender Hufe zu hören, die Schreie und Rufe der aufgeregten Zuschauer, die ihren Favoriten anfeuerten, den wilden Lärm des Renntags ...
    Die Rennbahn, die sich über mehr als eine Meile in Richtung Westen erstreckte, sah im Mondlicht wie eine silberne Straße aus, die zu einem verzauberten Ziel führte. Die Boxen der Besucherpferde befanden sich am anderen Ende in der Nähe der Startlinie, doch Estella konnte sie wegen der Kurve in der Rennstrecke nicht sehen. Sie fragte sich, ob die Besitzer dieser Pferde wohl auch in deren Ställen schliefen, wie Marty es tat.
    Estella hatte das Gelände jenseits der Sanddünen noch nie gesehen. Bei ihren Spaziergängen mit Mai waren sie immer nach Norden gegangen, in die Ebene hinter dem Haus oder entlang dem fast trockenen Flussbett des Diamantine River. Deshalb war sie jetzt sehr gespannt. Sie kroch unter dem Geländer hindurch, das die Rennbahn begrenzte, wanderte an knorrigen Bäumen, die die Aborigines nach Mais Worten wanyu nannten, vorbei und stapfte dann durch den lockeren Sand die rote Düne hinauf. Oben blieb sie stehen, um Atem zu schöpfen. Sie sah deutlich das riesige Lagerfeuer neben demJockey-Club. Die Düne war zu weit vom Ort entfernt, um Menschen erkennen zu können, man konnte jedoch dunkle Silhouetten am Feuer sehen und den Rauch, der zum silbrig leuchtenden Mond hinaufstieg.
    Der Klang der Musik wehte durch die stille Nacht zu ihr hinauf – aus der Entfernung wirkte die Szenerie unwirklich. Estella fühlte sich plötzlich wieder wie die Außenseiterin, die sie war, und es fiel ihr schwer, an eine Zukunft zu glauben. Die Stadt, die Menschen, ihr weiteres Leben – alles erschien ihr mit einem Mal wie eine Illusion, und sie kam sich wie eine unbeteiligte Zuschauerin vor. Es war ein seltsames Gefühl. Während der vergangenen Wochen war sie oft einsam gewesen, doch niemals so isoliert wie in diesem Moment. Estella wünschte sich, das alles sei wirklich nur ein Traum, und sie würde irgendwann aufwachen und sich in ihrem früheren Leben in London wiederfinden, in dem eleganten Haus in Mayfair ... Doch es war kein Traum, und sie würde nicht aufwachen. Dies hier war jetzt ihr Leben, und sie musste das Beste daraus machen, um ihrer selbst und des Kindes willen.
    Als sie sich umwandte, sah sie hinter sich in einiger Entfernung den Schein eines anderen Feuers. Das musste das Lager der Aborigines sein. Hinter den Sanddünen gab es mehr Bäume und große Felsen; ansonsten wirkte die Landschaft so trocken und unwirtlich wie überall um den Ort herum. Langsam ging Estella weiter und rutschte schließlich die Rückseite der Dünenkette hinunter, wo der Sand noch warm von der Sonne war. Dann schlug

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