Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
er trotzdem, doch es klang selbst in seinen eigenen Ohren wenig überzeugend. »Natürlich waren alle enttäuscht, dass Stargazer nicht am Rennen teilnehmen konnte. Besonders John Fitzsimmons und die Journalisten. Die Leute hatten sich darauf gefreut, ihn endlichwieder laufen zu sehen.« Und durch seinen Sieg Geld zu gewinnen, fügte er in Gedanken hinzu. »Aber sie werden schon darüber hinwegkommen.«
Die Rennen hatten zwar stattgefunden, doch die Stimmung war nach Stargazers Ausfall nicht mehr dieselbe gewesen. Und dann war in der Bar auch noch das Bier ausgegangen. Außerdem waren einige Rennkamele von der Strecke abgekommen, weil Kinder sie mit Feuerwerkskörpern erschreckt hatten, und in die Zuschauermenge gerast. Zum Glück war niemand verletzt worden, doch eines der scheuenden Tiere hatte die Kamera eines Pressefotografen zertrümmert.
Um seiner Reise zumindest etwas abzugewinnen, hatte John Fitzsimmons beschlossen, Clem Musgrove für seinen Sender zu interviewen. Doch er erkannte schnell, dass es ein Fehler gewesen war: Clem erwies sich als einer der größten Aufschneider des Outback. Er behauptete, Plumbago sei das »neue Wunderpferd«, und ließ sich ausführlich darüber aus, wie er den Hengst »entdeckt« hatte. Doch es war eine ganz alltägliche Geschichte, wie John Fitzsimmons herausfand – nichts, das sich mit Stargazers Höhenflug und Estellas fantastischer Leistung vergleichen ließ.
Kaum war Charlie fort, erschien Dan. Er entdeckte Estella auf der hinteren Veranda. »Wie geht es Stargazer?«, fragte er, doch sein Blick sagte ihr, dass er vor allem wissen wollte, wie sie sich fühlte.
»Es geht ihm gut, Dan. Und um Ihrer Frage zuvorzukommen – mir auch.«
»Das freut mich. Ich weiß, dass Sie enttäuscht sind, aber Aufregung ist nicht gut für Sie und das Baby.«
»Ich werde es bestimmt nicht vergessen, weil Sie mich jedes Mal daran erinnern.« Estella lächelte ihm zu, um ihm zu zeigen, wie sehr sie seine Besorgnis zu schätzen wusste. »Es geht mir wirklich gut, Dan. Es tut mir nur sehr Leid für Marty.«
»Marty weiß, dass es im Renngeschäft Höhen und Tiefengibt. Er kommt schon darüber hinweg. Außerdem ist er vor allem erleichtert, dass es Stargazer wieder besser geht. Und nur das zählt, nicht wahr?«
Estella nickte. »Das stimmt, Dan. Ich habe wohl jemanden gebraucht, der die Dinge ins rechte Licht rückt. Ich finde mich selbst unerträglich, wenn ich so empfindlich bin. Im Moment kann ich mich kaum noch daran erinnern, dass ich mal entschlossen und optimistisch war.«
Dan lächelte. »In ein paar Monaten haben Sie Ihre Gefühle wieder unter Kontrolle.«
»Das hoffe ich sehr.«
»Wie ich sehe, haben Sie einen neuen Patienten im Zwinger?«
»Ja. Ich war gestern Abend im Lager der Aborigines auf der anderen Seite der Dünen. Als ich die infizierte Wunde am Bein der Hündin sah, konnte ich sie einfach nicht dort lassen.«
Estellas Hingabe an ihren Beruf beeindruckte Dan. »Sie erinnern mich an Ross Cooper«, erklärte er.
Estella blickte zu ihm auf, ihr Herz schlug plötzlich schneller. »Wirklich?«
»Ja. Ich glaube, Sie beide hätten sich großartig verstanden.« Dan senkte den Kopf. »Ich wollte Ihnen noch erklären, warum ich den Ball so fluchtartig verlassen habe.«
»Das brauchen Sie nicht, ich verstehe es schon.«
»Wirklich? Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber es war das erste Mal, dass ich an einem solchen Ball am Vorabend der Rennen teilgenommen habe. Ich hätte wissen müssen, dass ich es nicht durchstehe.« Er seufzte tief. Die Versuchung zu trinken war unwiderstehlich gewesen, und nun fühlte er sich wie ein Versager, weil er Estella inmitten all der Fremden hatte stehen lassen.
»Ich hätte nicht mit Murphy tanzen und Sie allein lassen sollen, Dan. Es tut mir Leid.«
»Und ich sollte eigentlich niemanden brauchen, der michbemuttert, Estella«, gab er verlegen und ein wenig bitter zurück.
Estella hätte versuchen können, ihm etwas Nettes zu sagen und so seine Minderwertigkeitsgefühle zu vertreiben. Doch sie hielt es für besser, ehrlich zu sein. »Sie müssen sich mit dem auseinander setzen, was Sie zum Trinken verleitet, Dan. Und wenn es dieser Ort ist, dann gehen Sie fort.«
Dan antwortete nicht. Er konnte Estella nicht sagen, warum er sich zu Grunde richtete. Er war noch nicht bereit dazu – und ebenso wenig konnte er sich verzeihen, was er getan hatte.
Nachdem Dan gegangen war, fühlte Estella sich mit einem Mal unruhig, und sie
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