Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
besiegen, und Marty musste voller Respekt zugeben, dass Stargazer wirklich ein besonderes Rennpferd war.
Wie als Antwort auf Martys Bemerkung, dass er seine Ruhe verdient habe, nahm Stargazer eine der Bürsten ins Maul und ließ sie in den Wassertrog fallen. Estella hielt sich die Hand vor den Mund, um beim Anblick von Martys verblüffter Miene nicht laut loszulachen.
»Du bist ja wieder so übermütig wie früher!«, rief Marty, während er die Bürste aus dem Wasser fischte und sie kräftig schüttelte. Stargazer warf den Kopf zurück und kräuselte die Oberlippe, als lache er Marty aus. Der drohte ihm mit dem Finger. »Glaub ja nicht, dass ich dir das morgen wieder durchgehen lasse!«
»Er weiß genau, dass du es nicht ernst meinst«, platzte Estella heraus. Sie konnte ihre Belustigung nicht länger verbergen. Marty wandte sich um und starrte die Tierärztin verwundert an. Das Mondlicht warf Schatten auf ihr Gesicht, doch auch wenn er ihre Miene nicht deuten konnte, spürte er ihre besondere Stimmung. »Wo warst du?«, fragte er.
»Hast du mich gesucht?«
Marty schüttelte den Kopf. »Ich dachte, du schläfst schon. Letzte Nacht hast du nicht viel Ruhe gehabt.«
»Du auch nicht.«
»Stimmt, aber heute werde ich gut schlafen!« Er blickte Stargazer an, und als er sich wieder Estella zuwandte, sah er, dass sie lächelte. »Bist du spazieren gegangen?«
»Ja.« Estella konnte beinahe sehen, wie seine Gedanken rasten. »Um genau zu sein, habe ich in den Dünen an der Rennbahn gesessen.«
Jetzt grinste Marty, und Estella strahlte glücklich zurück.Früh am nächsten Morgen machte Estella sich auf in die Bar, um Charlie Bescheid zu sagen, dass sie mit Murphy zur Yattalunga Station flog. Auf der Straße war sie Marjorie Waitman und Wags begegnet und hatte beiden einen guten Morgen gewünscht. Sie hatten Estellas Gruß erwidert – wenn auch knapp –, die Blicke jedoch auffällig schnell wieder von ihr abgewandt.
Als sie die Bar betrat, wusste sie beim Anblick ihres Onkels sofort, dass er sich über irgendetwas geärgert hatte. Estella vermutete, dass mit dem Futtertransport aus Südaustralien irgendetwas schief gegangen sein musste. Außerdem hatte sie bemerkt, dass die Flugzeuge von John Fitzsimmons und den Journalisten verschwunden waren.
»Was ist geschehen?«, wollte sie von Charlie wissen.
»Was meinst du?«, gab er scheinbar verständnislos zurück.
»Raus mit der Sprache. Ich merk doch, dass irgendwas nicht stimmt!«
Charlie versuchte, eine unschuldige Miene aufzusetzen, doch Estella las in seinen Zügen wie in einem offenen Buch.
»Also?«, beharrte sie. »Ich habe schon gesehen, dass John Fitzsimmons nicht mehr da ist.«
»Das stimmt«, erwiderte Charlie und begann mit einem Lappen die Theke abzuwischen. »Er musste in die Stadt zurück, weil ... weil er im Sender gebraucht wurde.«
»Ich dachte, er wollte warten, bis das Futter eintrifft.«
»Das wollte er auch, aber dann ist etwas Wichtiges dazwischengekommen.«
Estella fühlte sich, als habe ihr jemand in den Magen getreten. »Das Futter kommt nicht – ist es das?«
Halb verlegen, halb gekränkt blickte Charlie auf. »Doch, natürlich kommt es ...«
»Und wann?«
»Ich bin nicht sicher, aber der Transport kommt ganz bestimmt.«
»Ist er aufgehalten worden?«
»Ja, aber es ist kein großes Problem.«
»Problem? Was für ein Problem?«
Charlies Verlegenheit wuchs angesichts all dieser Fragen, und Estella wurde immer ungeduldiger.
»Nun ja«, sagte Charlie, »der Zug wurde südlich von Leigh Creek kurzfristig aufgehalten.«
»Wodurch?«
»Nichts Ernstes – nur eine kleine Entgleisung. Manchmal verbiegen die Gleise sich von der Hitze.«
Estella schloss verzweifelt die Augen.
»Sie schicken Arbeiter aus Marree hin, um es zu reparieren. Es dürfte nicht länger als einen Tag dauern.« Shamus Rourke hatte ihm versichert, dass die Kamele in Marree bereitstanden, doch deren afghanische Führer waren nicht gerade für ihre Geduld bekannt.
Estella ahnte, dass Charlie den Ernst der Lage herunterspielte. Plötzlich war sie froh, die Stadt verlassen zu können – und wenn es nur für ein paar Stunden war.
»Ich fliege mit Murphy zu einer der stations .«
Charlie blickte sie verwundert an. »Ich hatte gehofft, Murphy würde mir aus Quilpie Bier holen.«
»Nicht heute Morgen. Ich habe einen Patienten, der mich braucht, das arme Tier hat schon lange genug gewartet.«
Charlie hätte ihr gern erklärt, dass es keine größere Katastrophe
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