Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
Tasche, mit dem er versuchte, das Öl abzuwischen. Gleichzeitig versuchte er, sich Estella auf einer Wiese voller Kuhfladen vorzustellen.
Sie hätte ihm liebend gern gesagt, dass sie nur ihres Zustands wegen so empfindlich war, aber das durfte sie auf keinen Fall!
»Ich lasse Ihnen Ihr Gepäck hinausschicken«, sagte die Stewardess und eilte davon.
»Vielen Dank«, rief Estella ihr nach und stellte fest, dass Michael Murphy schon ohne sie das Rollfeld entlangging. »Wo ist denn Ihr Flugzeug?«, erkundigte sie sich, während sie versuchte, zu ihm aufzuschließen.
Michael blieb stehen und deutete auf eine kleine, einmotorige Maschine, die ein Stück abseits von den anderen stand. Sie war über und über mit Staub bedeckt.
Auch Estella hielt inne und starrte entsetzt auf das, was da vor ihr stand: Das traurigste Exemplar eines Flugzeugs, das sie je gesehen hatte. »Das kann nicht Ihr Ernst sein!«
»Wie meinen Sie das?« Michaels Blick ruhte mit Stolz auf seiner Maschine, die in der Morgenhitze flimmerte.
»Ist das ein ... Mähdrescher?« Estella war sicher, dass er sich nur einen Scherz mit ihr erlaubte.
»Natürlich nicht !«
»Ich weiß nicht viel über Flugzeuge, Mr. Murphy, aber offen gesagt sieht dieses ... dieses Gerät mir nicht sehr flugtauglich aus.« Sie deutete in Richtung der Maschine.
»Ich kann Ihnen versichern, dass es mehr als flugtauglich ist. Ich bin gerade über siebenhundert Meilen geflogen, um herzukommen, und sie hat nicht einmal gemuckt!«
Wenig überzeugt trat Estella näher an die staubbedeckte Maschine heran, um sie einer genaueren Inspektion zu unterziehen. »Sind Sie ganz sicher, dass sie nicht nur vom Staub zusammengehalten wird?«
»Sie erwarten doch wohl nicht von einem Flugzeug aus dem Outback, dass es vor Sauberkeit blitzt und funkelt?« Insgeheim fragte er sich, was für andere unrealistische Erwartungen Estella sonst noch hegte. Wahrscheinlich würde der Anblick von Kangaroo Crossing der Schock ihres Lebens sein.
Estella spürte, dass ihre Bemerkung ihn gekränkt hatte, doch sie verstand nicht, warum.
»Glauben Sie mir – wichtig ist nur, was sich unter dem Staub befindet. Und das ist eine Cessna 195, Baujahr 1947. Sie verfügt über einen Sternmotor mit 300 PS und hat eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als hundertsechzig Sachen. Der Tank fasst dreihundert Liter Treibstoff, genug für tausend Flugkilometer. Glauben Sie mir, sie ist so verlässlich wie ein Kutschengaul.«
Estellas Miene drückte Erstaunen und Skepsis zugleich aus.
»Wenn Sie mir die Bemerkung erlauben«, fuhr Murphy fort, »Sie sind sehr jung und attraktiv, wie ich meine, zu attraktiv, um Ihren Arm in den Hintern einer Kuh zu stecken.«
Estella zuckte zusammen und fühlte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. »Solche Untersuchungen sind erforderlich, um festzustellen, ob eine Kuh trächtig ist, und um gewisse Krankheiten zu diagnostizieren.«
»Das weiß ich, ich hab Ross oft dabei zugesehen. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass Sie so was schaffen.«
Estella schnappte nach Luft. Sie konnte kaum glauben, wie direkt und vulgär er sich ausdrückte. »Ich kann Ihnen versichern, dass ich es schon sehr oft getan habe!« Das war leicht übertrieben, denn sie hatte eine solche Untersuchung während des praktischen Teils ihres Studiums genau zwei Mal vorgenommen und sich beide Male sehr unwohl dabei gefühlt.
»Wenn meine Offenheit sie erschreckt, gewöhnen Sie sich besser daran«, meinte Michael Murphy. »Im Outback sagen die Leute, was sie denken. Da ist kein Platz für Diplomatie und übertriebene Rücksicht.«
Estella schluckte schwer. »Ich nehme es mir zu Herzen, Mr. Murphy. Aber ich bin durchaus an Männer mit schlechten Manieren gewöhnt. Um Tierärztin zu werden, habe ich sechs Jahre an der Universität verbracht und war eine von nur zwei Frauen in einem Kurs von zwanzig Personen. Das allerdings war schnell vergessen. Ich habe jeden Fluch und jedesschmutzige Wort gehört, das Sie sich vorstellen können. Wahrscheinlich könnte ich sogar Sie verlegen machen. Und nun, Mr. Murphy«, sie stemmte eine Hand in die Hüfte, »wüsste ich gern, wie weit es bis nach Kangaroo Crossing ist.« Sie hatte kaum ausgesprochen, als ihr einfiel, was er gesagt hatte: Er war mehr als siebenhundert Meilen geflogen, um nach Parafield zu kommen. Und der Gedanke, während des Fluges stundenlang in seiner Gesellschaft zu sein, gefiel Estella mit jeder Minute weniger. »Himmel, nun hören Sie schon mit dem
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