Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
Fehler einzugestehen – das solltest ihr dem Mädchen zugute halten!«
Die meisten Farmer, darunter Teddy Hall, waren bereits gegangen. Sie hatten sich unwohl gefühlt, als alle anderen über Estella hergefallen waren. Schließlich hatte Estella ihr Vieh vor dem Verhungern bewahrt und ihre Existenz gerettet. Die Einwohner von Kangaroo Crossing und Barney Everett jedoch waren noch geblieben und hatten ihrer Enttäuschung über Estellas Täuschung Luft gemacht.
»Wir hätten sie bestimmt nicht als Tierärztin eingestellt, hätten wir gewusst, dass sie Carolines Tochter ist«, meinte Kev.
»Habt ihr schon wieder vergessen, dass sie auch Ross’ Tochter ist?« Murphys Bemerkung wurde mit trotzigem Schweigen quittiert.
»Wir alle haben Ross geschätzt und bewundert«, fügte er hinzu. »Würde er noch leben ... glaubt ihr, er würde sich freuen, dass ihr Estella so mies behandelt? Niemals! Der Ross, den ich gekannt habe, wäre sehr stolz darauf, dass Estella in seine Fußstapfen tritt.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Marty. »Als er noch lebte, hat Estella nie etwas von ihm wissen wollen.«
»Ich weiß, was Ross für ein Mensch war. Er hat nie schlecht über Estella oder ihre Mutter geredet.«
»Er hat über niemanden schlecht geredet, es sei denn, jemand hätte ein Tier gequält«, warf Barney ein.
»Er hätte Grund genug gehabt, hart über Caroline zuurteilen. Aber ich glaube, er hat verstanden, warum sie nicht in Kangaroo Crossing leben konnte«, beharrte Murphy. »Es gibt nicht viele Stadtmenschen, die sich hier wohl fühlen.«
Darauf wusste Marty keine Antwort. Und wenn er darüber nachdachte, hatte Ross tatsächlich nie ein schlechtes Wort über Caroline verloren.
»Estella ist ihrem Vater offenbar sehr ähnlich«, fuhr Murphy fort. »Denkt daran, was sie für Stargazer getan hat!«
Kev und einige der anderen murmelten zustimmend, doch Marty schwieg. Er fühlte sich hin und her gerissen, was Stargazer betraf. Einerseits glaubte er, Ross’ Loyalität zu schulden; andererseits konnte niemand leugnen, dass Estella bei Stargazer etwas vollbracht hatte, das an ein Wunder grenzte. Marty verdankte ihr sehr viel, denn er war sicher, dass Estella dem Hengst das Leben gerettet hatte.
»Sie hat es auf andere Weise versucht als Ross«, erklärte Murphy, »aber Ross wäre stolz und froh, könnte er Stargazer jetzt sehen. Und Dan hat mir gerade von dem Futtertransport erzählt, den Estella und Charlie für die stations hier oben organisiert haben. Das gehörte nicht zu ihrer Arbeit, aber sie hat es trotzdem getan, um die Rinder und Schafe der Farmer zu retten. Und wir alle wissen, dass auch unsere Existenz mit den Farmen steht und fällt. Also haben wir es wahrscheinlich Estella und Charlie zu verdanken, dass wir hier weitermachen können!«
»Hat sie dir erzählt, dass sie Ross’ Tochter ist?«, fragte Marjorie, ein wenig milder gestimmt.
»Nein. Aber sie hat mir von dem Kind erzählt und über die Gründe für die Trennung von ihrem Mann gesprochen. Anscheinend hat er sich ihr gegenüber unmöglich verhalten. Es muss sie viel Mut gekostet haben, herzukommen und neu anzufangen. Die Aussicht, das Kind allein großzuziehen und ein neues Leben unter Fremden zu beginnen, muss erschreckend gewesen sein.«
Marjorie schien sich zunehmend unbehaglich zu fühlen, doch Phyllis blickte immer noch finster. Sie hatte damit gerechnet, dass Murphy wütend reagierte, stattdessen verteidigte er Estella nach Kräften!
»Sie hat alles verlassen, was ihr vertraut war«, fuhr er jetzt fort. »Ihr Zuhause, ihre Familie, ihre Freunde – in der Hoffnung, bei uns einen Neuanfang machen zu können. Wir alle wissen, wie schwierig das ist, und doch hat keiner von uns – auch ich nicht – Estella mit offenen Armen empfangen. Dabei haben wir dringend einen neuen Tierarzt gesucht, der bereit war, in unser Wüstenkaff zu kommen! Estella muss große Angst davor gehabt haben, uns von dem Kind zu erzählen, denn auch mir gegenüber hat sie es erst kurz vor unserer Notlandung erwähnt. Als wir später darüber sprachen, sagte ich ihr, dass die Menschen im Outback in schweren Zeiten zusammenhalten, und dass wir alle ihr helfen. Ich weiß nicht, was ihr tun werdet, aber ich werde mein Versprechen gegenüber Estella einlösen.«
Estella saß auf dem Bett ihres Vaters und schlug das Tagebuch auf. Durch einen Schleier aus Tränen vermochte sie die Worte kaum zu lesen. »Ich wünschte, du wärst hier«, flüsterte sie. »Ich brauche
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