Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
Konkurrenz zu befürchten.
Auf dem Heimweg ging Estella am Krankenhaus vorbei, inder Hoffnung, dort Betty oder Kylie anzutreffen. Stattdessen sah sie Dr. Dan, der in seinem Büro saß und eine Krankenakte studierte. »Guten Tag«, sagte sie von der Tür her.
Dan blickte auf, und sie sah, dass er sehr erschöpft wirkte.
»Oh, guten Tag, Estella. Wie geht es Ihnen heute?«
»Gut, danke. Ich bin auf der Suche nach Betty. Ist sie noch hier?«
»Nein, ich fürchte, Sie haben sie verpasst.«
»So was Dummes. Ich wollte mich für die Nierenpastete bedanken, die sie mir geschickt hat.«
»Ich habe gerade den Rest gegessen, den sie mir hier gelassen hat – sie war köstlich.«
Estella sah den Teller und das Besteck auf dem Schreibtisch stehen. »Ist denn Kylie noch da?«
»Sie ist gerade in ihr Zimmer gegangen, um sich auszuruhen. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
Estella sah, dass seine Hand zitterte, und er schien sehr nervös zu sein. Wahrscheinlich brauchte er etwas zu trinken. Estella wusste nicht, ob sie ihn bemitleiden oder wütend sein sollte. »Nein, vielen Dank.« Sie wandte sich zum Gehen, zögerte jedoch. »Wenn Sie sich auch gern etwas hinlegen möchten – ich könnte eine Weile hier bleiben ...«
»Ich werde schon bis heute Abend durchhalten. Trotzdem danke für Ihr freundliches Angebot.«
Estella nickte. »Gern geschehen. Ach, übrigens – als Murphy und ich bei der Mungerannie-Versorgungsstation zwischengelandet sind, bat Hattie mich um ein Medikament gegen Hautflechten. Wenn Sie dorthin kommen sollten, könnten Sie ihr ein Medikament mitnehmen.«
»Ja, sicher.«
Als Estella das Krankenhaus durch den Hintereingang verließ, bemerkte sie als Erstes ein riesiges, von Holzstützen getragenes Dach, das wahrscheinlich einmal so etwas wie ein Heuschober gewesen war. Es war an zwei Seiten offen, undEstella blickte erstaunt auf das alte Flugzeug, das vollständig mit Staub bedeckt war.
An der hinteren Wand stand eine Werkbank, auf der Werkzeuge und ölverschmierte Motorteile lagen. Die Reifen des Flugzeugs hatten nur wenig Luft, was dafür sprach, dass die Maschine seit Jahren nicht mehr geflogen worden war.
»Hallo, Missus«, hörte Estella plötzlich Kylie sagen. Verwundert wandte sie sich um. »Oh, Kylie. Ich habe Sie gar nicht kommen hören.«
»Entschuldigen Sie – ich sah Sie von meinem Fenster aus.« Kylie deutete auf einen der drei Räume im Anbau an der Rückseite des Krankenhauses.
»Wem gehört dieses Flugzeug?«
»Das weiß ich nicht. Es ist noch nie geflogen worden, seit ich hier bin, aber Dr. Dan werkelt manchmal daran herum.«
Diese Neuigkeit überraschte Estella. »Hat er denn einen Flugschein?«
»Das glaube ich nicht. Betty hat oft gesagt, dass er nicht gern fliegt. Mir hat er erzählt, er bastelt gern an Motoren herum. Ich habe einmal gehört, wie er sich mit Murphy über die teuren Ersatzteile unterhielt – wahrscheinlich braucht er deshalb so lange.«
Estella konnte sich nicht vorstellen, dass Dr. Dan zwischen seinen Krankenbesuchen auf den Farmen und stations und seiner Arbeit im Krankenhaus noch Zeit fand, die alte Maschine instand zu setzen. Soweit sie inzwischen wusste, nutzte er seine abendliche Freizeit vor allem dazu, sich zu betrinken. »Ich wollte mich bei Betty für die Pastete bedanken, aber ich habe sie offenbar knapp verpasst.«
»Betty wohnt in der Sydney Street, falls Sie sie besuchen möchten.«
Bei der Vorstellung einer Gebäudereihe in der Sydney Street musste Estella lächeln, denn dort stand nur ein einziges Haus.»Danke, ich gehe morgen zu ihr. Kylie, ich wollte Sie noch etwas fragen. Es geht um Mai und Binnie.«
»Was ist mit ihnen, Missus?«
»Sie sind gestern Abend bei mir gewesen. Mai sagte, sie wolle bleiben, aber heute Morgen waren sie und Binnie fort. Glauben Sie, die beiden kommen zurück?«
»Ich weiß nicht, Missus. Mai war immer ein unruhiger Geist. Alle Aborigines gehen von Zeit zu Zeit auf Wanderschaft, aber Mai ist rastlos.«
»Darum bin ich auch so erschrocken, dass sie mit Ross verheiratet war.«
Kylie sah sie verwundert an. »Er war sehr gut für Mai, Missus.«
Estella seufzte. »Das hat Charlie auch gesagt.« Insgeheim fragte sie sich, ob Mai auch gut für Ross gewesen war.
»Er hat Mai sesshafter werden lassen. Sie ist trotzdem noch oft walkabout gegangen, aber sie hatte immer Ross, zu dem sie zurückkommen konnte.« Kylies Miene spiegelte Besorgnis wider. »Ich weiß nicht, was jetzt mit ihr wird.«
Estella fragte sich
Weitere Kostenlose Bücher