Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
zu. »Trotzdem geht es dir besser als manchen anderen. Matt Williams hat in den letzten paar Wochen ein Viertel seiner Herde an die Fliegen verloren. Hoffentlich bleibt mir das erspart, ich hab weiß Gott schon genug andere Probleme.«
»Verlierst du noch immer Kälber?«
»Ja, bisher sind’s dreiunddreißig. Aber in den letzten anderthalb Tagen keines mehr – jedenfalls nicht, dass ich wüsste.«
»Hast du eine Vorstellung, woran das liegen könnte?«
»Nein, ich hab keine Ahnung.«
»Meinst du nicht, es ist Zeit, diese neue Tierärztin zu rufen, Teddy?«
Der nahm seinen Hut ab und ließ ihn auf den Oberschenkel klatschen. Mit dem Hemdsärmel wischte er sich den Schweiß von der Stirn.
John fand, dass Teddy krank aussah. Er schwitzte viel mehr als gewöhnlich und schien ab und zu im Sattel leicht zu schwanken. »Alles in Ordnung, Teddy? Du bist ziemlich blass um die Kiemen!«
»Nur ein leichtes Fieber. Hast du nicht gehört, was diese verrückte Kuh jetzt vorhat?«
John verzog das Gesicht. Er war in einer wohl situierten englischstämmigen Familie in den Darling Downs aufgewachsen, und Teddys Ungeschliffenheit verletzte seinen Sinn für Anstand und Sitte. »Nein. Was denn?«
»Sie versucht bei Stargazer eine ›Massagetherapie‹!« Er lachte anzüglich. »Wenn sie im Ernst glaubt, das würde ihm helfen, hat sie keine Ahnung. Ich hätte dir gleich sagen können, dass man heutzutage an der Universität nichts Vernünftiges mehr lernt! Ein Mann mit Ross Coopers Erfahrung ist nicht zu ersetzen.«
»Ich habe von dieser Massagebehandlung gehört«, erwiderte John. »Marty behauptet, auch Pferdetrainer wenden sie an.«
Teddy lachte leise auf. »Das hat sie ihm wahrscheinlich weisgemacht, damit sie selbst gut dasteht.«
»Als Wags heute Morgen die Post brachte, hat er mir erzählt, dass Murphy sagt, sie hätte mit Stargazer gute Fortschritte gemacht. Sie hofft sogar, dass er wieder Rennen laufen kann.«
»Das soll doch wohl ein Scherz sein?«
»Nein.« John ließ den Blick über die von rotem Staub bedeckte Landschaft schweifen, deren Kargheit nur von vereinzelten Mallee-Büschen aufgelockert wurde. Er suchte beim Rest seiner Herde nach Anzeichen dafür, dass diese von Fliegen befallen war. Erkrankte Tiere stampften mit den Beinen, waren unruhig und geschwächt durch das Gift in ihrem Blut; die Haut löste sich, und die Wolle verlor ihre Farbe. »Kommst du heute Abend zu dem Treffen in der Bar?«
»Ja, das hatte ich vor.«
»Ich glaube, es wäre klug. Barney Everett hetzt die Besitzer der anderen stations mit seinen Vermutungen darüber auf, ob deine Kühe andere Tiere anstecken könnten.«
»Oh, zum Teufel mit ihm!« Das Letzte, was Teddy jetzt brauchen konnte, waren zornige Nachbarn. Selbst wenn er die Tierärztin rief – was seiner Meinung nach völlig sinnlos war –, könnte er eine Behandlung nicht bezahlen. Er schaffte es so schon kaum, den Farmbetrieb aufrechtzuerhalten. »Barney war immer schon hysterisch«, sagte er.
»Du solltest kommen, um dich zu verteidigen, sonst kann alles Mögliche geschehen.«
»Ich werde da sein, keine Sorge!«
Ratlos betrat Estella das Hotel. »Charlie, du musst unbedingt mit Mai sprechen!«, stieß sie atemlos hervor, die Wangen vor Zorn gerötet. »Sie versteht mich einfach nicht!«
»Du solltest dir einen Hut kaufen, sonst bekommst du einen Sonnenstich«, meinte Charlie trocken.
Estella starrte ihn wütend an. »Im Moment wäre ein Sonnenstich das geringste meiner Probleme, Charlie!«, erwiderte sie. »Außerdem wäre bestimmt nicht die Sonne schuld an meinem frühen Tod, solange Mai in der Nähe ist!«
Plötzlich ertönten aus einem Nebenraum laute Männerstimmen.
»Ein paar Farmer halten eine Versammlung ab«, erklärte Charlie auf Estellas fragenden Blick hin und stellte volle Biergläser auf Tabletts. »Was hat Mai denn wieder angestellt?«
»Sie hat wieder die ganze Nacht so laut gekreischt, dass ich nicht schlafen konnte. Und heute Abend haben Binnie und sie den Wassertank abgelassen und sind in dem Strahl herumgetollt, als wäre es ein Wasserfall. Ich habe versucht, Mai klar zu machen, dass ich das Wasser kaufen muss und es mir nicht leisten kann, dass sie es verschwendet. Aber sie scheint gar nicht zu verstehen, warum es so wichtig ist, einen Wasservorrat zu haben.«
Charlie nickte. »Weil sie überall Wasser finden kann.«
Estella wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Schließlich fragte sie: »Aber warum geht sie so verschwenderisch damit
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