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Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman

Titel: Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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noch immer, was diese Ehe Ross gegeben haben mochte – abgesehen von Binnie, die ein sehr hübsches Geschöpf war. Ob die Heirat Ross für den Verlust Carolines entschädigt hatte? Doch Estella konnte sich nicht vorstellen, dass das Leben mit Mai leicht gewesen war, und sei es nur für kurze Zeit.
    Bei ihrer Rückkehr zum Haus stellte sie fest, dass Mai und Binnie wieder erschienen waren. Sie waren an der Rückseite des Hauses damit beschäftigt, ein Feuer aufzuschichten. Anscheinend waren sie auch wieder im Haus gewesen; dieses Mal hatten sie die Überreste einer Eidechse auf der Spüle liegen lassen: den Kopf, den Schwanz und Eingeweide, bei deren Anblick Estella beinahe übel wurde.
    Sie tat einige tiefe Atemzüge und beschloss, Mai zur Rede zu stellen.
    »Mai!«, rief sie von der Hintertür aus, »werdet ihr jetzt hier bleiben?«
    Die Aborigine-Frau hielt inne und schaute Estella mit ausdruckslosem Blick an. »Ich bleiben«, erwiderte sie.
    »Wenn wir zusammen hier wohnen wollen, müssen wir einen Plan machen«, erklärte Estella.
    »Was du reden, Missus?«
    »Wir müssen entscheiden, wer welche Aufgaben übernimmt. Und weil ich die Praxis habe, musst du dich mehr um die Hausarbeit kümmern. Aber ich werde für mich selbst kochen. Lass bitte keine Reste von toten Tieren auf der Spüle liegen – oder sonst wo, wo ich sie sehe.«
    Mai sah zuerst Binnie und dann Estella an, als hätte diese soeben erklärt, es würde eine Woche lang regnen. Dann deutete sie anklagend mit dem Zeigefinger auf Estella und sagte etwas zu ihrer Tochter, das meiste davon in ihrer eigenen Sprache. Doch Estella hörte das Wort Tierarzt. Sie schloss daraus, dass Mai nicht verstand, warum ein Tierarzt den Anblick von toten Tieren nicht ertragen konnte.
    »Ich jage und töte keine Tiere, wie ihr es tut«, verteidigte sie sich. »Und diese Überreste stinken und ziehen Fliegen an.« Sie rümpfte die Nase. »Außerdem ist es unhygienisch, sie so herumliegen zu lassen.« Estella wurde plötzlich klar, dass es keinen Sinn hatte, diese Dinge jemandem erklären zu wollen, der Kängurus mitsamt Fell und allen Innereien im Feuer briet. Deshalb fuhr sie fort: »Aber darüber brauchen wir jetzt nicht zu streiten. Was die Schlafplätze angeht, würde ich mein Bett in den Behandlungsraum stellen, wenn Binnie gern in meinem Zimmer übernachten möchte. Sie kann nicht jede Nacht draußen im Staub schlafen.« Estella mochte gar nicht daran denken, dass Mai im Zimmer ihres Vaters schlafen könnte, besonders, wenn sie deren schmutzige Füße und das getrocknete Blut auf ihrem Wickeltuch sah.
    Mai schüttelte den Kopf, erwiderte aber nichts. Estellawusste ihre Reaktion nicht zu deuten. Dann sagte Mai in ihrer Sprache etwas zu ihrer Tochter, und beide sahen Estella an und lachten, bevor sie sich daranmachten, das Feuer weiter aufzuschichten.
    Verwundert und verlegen kehrte Estella ins Haus zurück. »Ich habe das dumpfe Gefühl, dass es nicht funktioniert«, murmelte sie vor sich hin.

11
    J ohn Matthews und Teddy Hall ritten Seite an Seite durch die
    glühende Mittagshitze. Sie hielten auf ein Geräusch zu, das im Busch gleichbedeutend mit Tod war: dem Summen tausender Fliegen. Als der Wind plötzlich drehte, legte sich der Gestank nach Aas wie eine erstickende Wolke über die zwei Männer.
    »Ich musste heute Morgen auf der Nordweide dreiundzwanzig Schafe erschießen«, meinte John seufzend. Mit der Hand verscheuchte er die Schmeißfliegen vor seinem verschwitzten Gesicht, während sie auf die verfaulenden Kadaver von mehr als einem Dutzend Schafen starrten, die in einem trockenen Bachbett lagen. Millionen Ameisen krabbelten auf ihnen herum; Wolken von Fliegen summten über den bis auf das Skelett abgemagerten Tierkörpern. »Ich habe jetzt wirklich genug! Es gibt fast kein Futter mehr, und die Schafe, die mir noch bleiben, sind kaum mehr als Haut und Knochen. Diese verdammten Fliegen werden auch sie irgendwann bekommen. Aber wenn ich noch mehr Tiere verliere, kann ich gleich das Handtuch werfen!«
    Teddy hatte seine eigenen Probleme, doch John tat ihm Leid. Sie alle litten unter der Dürre, die nun schon ein Jahr anhielt, und trotz der ständigen Anstrengung, ihre Schafe vor dem Tod und den Fliegen zu retten, war es ein Kampf, den sie nicht gewinnen konnten. »Wann hast du zum letzten Mal ihr Fell desinfiziert?«
    »Vor zwei Wochen. Ich dachte, es sei zu trocken für Ungeziefer, aber offensichtlich habe ich mich geirrt.«
    Teddy warf John einen Seitenblick

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