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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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sprachlos, aber er ist neu dort und will sich nicht gleich unbeliebt machen. Also sagt er: »Na, wenn das gut für die Moral ist, dann von mir aus.« Er tritt also seinen Dienst an, und nach etwa sechs Monaten hält er es nicht länger aus. Er sagt zu dem Unteroffizier: »Bringen Sie das Kamel rein!« Der Unteroffizier zuckt die Achseln und führt das Kamel in die Unterkunft des Hauptmanns. Der Hauptmann holt einen Schemel und stellt sich drauf, lässt die Hose runter und hat heftigen Sex mit dem Kamel. Als er fertig ist, steigt er vom Schemel runter, knöpft sich die Hose zu und fragt den Unteroffizier: »Machen die Männer das auch so?« Der Unteroffizier blickt auf seine Schuhe. Er weiß nicht, was er sagen soll. Schließlich sagt er: »Na ja, Sir, normalerweise benutzen sie das Kamel nur, um in die Stadt zu reiten und sich dort eine Frau zu suchen.«
    – Oh Gott! Yousef lachte, schlug auf das Lenkrad ein. Zu Anfang hatte ich so meine Bedenken – ich dachte, das wird so ein antiarabischer Witz. Sie wissen schon, die Kamelfickerei und so. Aber der ist gut. Mein Lieblingswitz bisher. Nour wird ihn lieben.
    Yousef fuhr auf ein großes Krankenhaus zu, umringt von einer hohen Mauer. Er hielt am Tor.
    – Das Tor ist nur für mich ein Problem, nicht für Sie.
    Yousef begrüßte den Wachmann, und wie immer deutete er mit wiederholtem Nicken auf Alan, wobei er mehrmals das Wort Amriika benutzte, bis er durchgewinkt wurde.
    Sie parkten und gingen in das Krankenhaus, und bald darauf saß Alan in einem avocadofarben gestrichenen Raum. Die Zeitschriften waren eine Mischung aus amerikanischen und saudischen. Nach kurzer Zeit kam eine Krankenschwester herein, allein, und nahm seinen Puls und den Blutdruck. Sie ging wieder und sagte, die Ärztin würde bald kommen.
    Alan blickte zu Boden, überlegte, wie er seine Entscheidung erklären sollte, mit einem Steakmesser eine OP an sich selbst vorzunehmen. Er sah keinen Sinn darin zu lügen. Nur ein Tier konnte diese Wunde verursacht haben.
    Ein Schatten verdunkelte den Boden unter ihm, und als Alan aufschaute, sah er eine kleine Frau in einem weißen Kittel.
    – Mr Clay?
    – Ja.
    – Ich bin Doktor Hakem.
    Sie hielt ihm die Hand hin. Er schüttelte sie. Sie konnte nicht viel größer als eins fünfzig sein. Sie trug ihren Hidschab eng, und er bedeckte ihr Haar bis auf eine einzelne Strähne, die entwichen war und ihr verwegen über die Wange wehte. Ihre Augen schienen fast ihr ganzes Gesicht einzunehmen und füllten den Raum. Wieder war sein Reiseführer fehlerhaft gewesen. Der hatte unmissverständlich erklärt, dass es zwar sehr viele weibliche Ärzte im Königreich gab, dass sie aber Abajas trugen und selten, wenn überhaupt, Männer behandelten. Nur in absoluten Notfällen, wenn es um Leben oder Tod ging und kein männlicher Arzt in der Nähe war. Vielleicht, dachte er, war ihre Gegenwart der Beweis dafür, dass er todkrank war.
    – Sie haben eine Geschwulst auf dem Rücken?
    – Genau genommen im Nacken. Ich weiß nicht genau, ob …
    Während er sprach, trat sie näher, huschte hinter ihn, und ihre Hände waren an ihm, ehe er seinen Satz beenden konnte. Sie umfasste seine Wunde mit den Fingern. Seine Fassung brach zusammen.
    – Autsch, sagte sie. Haben Sie etwas damit angestellt?
    Ihr Akzent war nicht direkt saudisch. Er schien sich mit einem halben Dutzend anderer zu vermischen, von Französisch bis Russisch.
    Er entschied sich, nicht zu lügen. – Ich hab sie ein bisschen untersucht.
    – Womit?
    – Einem Messer.
    – War das ein Selbstmordversuch?
    Alan lachte. Er konnte nicht genau sagen, ob sie ihn auf den Arm nahm.
    – Nein, sagte er.
    – Nehmen Sie irgendwelche Medikamente? Prozac oder –
    – Ich habe keine Depressionen. Ich war neugierig. Ich wollte bloß sehen, ob –
    – Es sieht aus, als wäre es eine gezackte Klinge gewesen.
    – War es auch.
    – Haben Sie sie sterilisiert?
    – Ich hab’s versucht.
    – Hm. Sie haben eine leichte Infektion.
    Sie trat wieder vor ihn, um ihm in die Augen zu sehen. Ihr Gesicht war herzförmig, ihr Kinn klein, ihre Lippen üppig und rosa. Es kam ihm falsch vor, sie anzusehen. Er wollte zu viel von ihr.
    – Also, es ist bloß ein Lipom, vermutlich.
    – Und das ist nicht schlimm?
    Er blickte auf ihr Namensschildchen: Dr. Sahra Hakem.
    – Nein, es ist bloß eine Geschwulst. Wie eine Zyste.
    – Und es ist …
    – Gutartig.
    – Sind Sie sicher?
    Während er jetzt auf ihre Hände schaute, klein und mit kurzen,

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