Ein Hologramm für den König
Und Sie hatten eine Ärztin? Wo kam sie her?
– Keine Ahnung.
– Saudi-Arabien?
– Ich hab sie nicht gefragt.
– Araberin?
– Ich glaube, ja. Genau kann ich das nicht sagen.
– Aber wahrscheinlich eine Araberin?
– Ich würde schätzen, ja.
Yousef fand das faszinierend. Es gab viele Ärztinnen, erklärte er, aber trotzdem grenzte es an ein Wunder, dass Alan gleich beim ersten Mal an eine geraten war.
– War sie verschleiert?
– Bloß ein Hidschab.
– Hat sie Sie allein behandelt?
– Ja, hat sie.
Sie erreichten den Wagen, wo Yousef seine Schlüssel wirbeln ließ. Er wirkte erfreut.
– Interessant, interessant.
XXI.
IM ZELT SAH ES AUS, als wären die jungen Leute vergiftet worden. Sie lagen ausgestreckt da, Beine übereinander, Arme nach außen gereckt. Es sah aus wie Jonestown.
Alan stürzte zu ihnen.
Cayley? Rachel? Brad?
Sie öffneten langsam die Augen. Sie lebten.
Die Klimaanlage hat ausgesetzt, brachte Rachel hervor.
Sie standen langsam auf, stöhnend.
Brad blickte auf die Uhr. – Haben eine gute Stunde geschlafen. Sorry.
Cayley sah mit glasigen Augen hoch. – Moment. Was haben Sie mit Ihrem Hals gemacht?
Alan erzählte von seinem Abstecher ins Krankenhaus. Er zeigte ihnen den Verband, erörterte die Prognose, und sie wirkten ebenso hoffnungsvoll, wie er es war – dass es für sein Unwohlsein eine medizinische Erklärung geben könnte.
– Sie glauben also, wenn Sie es entfernen lassen, geht es Ihnen besser?, fragte Cayley.
Eine unbehagliche Pause entstand.
Rachel kam ihr zu Hilfe. – Das Signal war heute stark, sagte sie und klappte ihren Laptop auf, stieß aber sogleich ein angewidertes Schnauben aus. Jetzt ist gar keins mehr da.
– Irgendeine Chance, dass der König sich heute blicken lässt?, fragte Brad.
– Leider nein. Er ist in Riad, sagte Alan.
Brad ließ sich wieder auf die Teppiche sinken. Rachel und Cayley taten es ihm gleich. Alan stand einige Augenblicke über ihnen, während alle überlegten, was sie zueinander sagen könnten, allesamt scheiterten und demzufolge nichts sagten.
Alan beschloss, sie den Tag verschlafen zu lassen. Er trat nach draußen und sah sich um, ohne irgendeine Idee, was er machen sollte.
Er ging die Promenade hinunter, bis sie an einer Düne aufhörte. Er drehte sich zum Wasser. Er wäre so gern auf den Sand gegangen, fürchtete aber, dass die anderen ihn sahen. Das Zelt hatte diese gazeartigen Fenster.
Ein Stück den Strand hinunter sah Alan einen hohen Sandberg mit einem unbemannten Traktor, einem Frontlader, daneben. Wenn er es an dem Berg vorbeischaffte und dahinter verschwand, könnte er das Wasser unbemerkt berühren.
Er ging eilig den Strand entlang, um den Sandberg herum und setzte sich in dessen Schatten. Sobald er da war, spähte Alan über den Berg, um sich zu vergewissern, dass er nicht zu sehen war von dem weißen Zelt aus, von der Black Box, von irgendwem in dem rosa Appartmenthaus. Er war unsichtbar für alle außer den Fischen im Meer.
Alan hinterfragte unablässig sein eigenes Verhalten. Kaum hatte er irgendwas getan, irgendwas in der Art wie sich hinter einem Sandberg am Roten Meer verstecken, fragte er sich: Wer ist dieser Mann, der das Präsentationszelt verlässt, um sich hinter einem Haufen Sand zu verstecken?
Er zog die Schuhe aus und ging näher ans Wasser. Ein leichter Wind kräuselte das Meer zu haarfeinen Wellen. Der Sand, bloß eine Schattierung entfernt von Weiß, war übersät mit Muschelstücken, als ob jemand seit hundert Jahren Geschirr zerdeppert hätte.
Der Strand war schmal, und bald spürte Alan die leichte Gischt der kleinen Wellen am Spann. Alan krempelte sich die Hosenbeine hoch und tauchte die Füße ins Wasser. Es war so warm wie die Luft darüber, aber je tiefer es wurde, desto kühler war es. Er stand jetzt, achtete darauf, nicht zu viel von sich zu zeigen. Wieder trat er aus seiner Haut heraus und zweifelte an seinem Verstand. Es war eine Sache, auf der Riesenbaustelle herumzuspazieren. Eine andere, an den Strand zu gehen. Aber die Schuhe auszuziehen, die Hosenbeine hochzukrempeln und ins Wasser zu waten?
Das Meer vor ihm wurde nicht vom Mast irgendeines Segelbootes, von irgendeinem Schiff durchbrochen. Es war offenbar ein bemerkenswert wenig benutztes Gewässer, zumindest nach dem, was er davon gesehen hatte. Auf den gut achtzig Meilen Fahrt hierher hatte Alan praktisch keine Bebauung gesehen. Wie konnte eine so lange Küste so wenig erschlossen sein? Er überlegte, eins von den
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