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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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dem Büro erhalten, und ich soll auf der Stelle rüberkommen, zu einer Besprechung. Es ist leider unvermeidlich.
    – Kein Problem.
    – Ich bin bald zurück.
    Alan sah wohl irgendwie pikiert aus, und vielleicht war er das auch, denn er wollte nicht allein sein. Mudschaddid ließ sich einen neuen Plan einfallen.
    – Wie wär’s, wenn Sie allein hoch in den fünften Stock gehen? Klingeln Sie bei Nummer 501. Ich verständige den Eigentümer, dass Sie kommen, und er wird Ihnen die Einheit zeigen. Ich denke, so ist es am besten. Er wohnt schon von Anfang an hier und kann Ihnen mehr über die Wohnung sagen als ich. Er heißt Hasan.
    Mudschaddid entschuldigte sich noch einmal und ging.
    Alan schlenderte durchs Erdgeschoss, durch die Räumlichkeiten vom zukünftigen Wolfgang Puck, durch die zukünftige Pizzeria Uno. Der Boden war mit Staub und Sand bedeckt. Das einzige Einrichtungsstück auf der ganzen Etage war ein riesiges stählernes Kühlgestell, das allein mitten auf dem Boden stand wie der Rohbau eines mobilen und einsamen Wolkenkratzers. Er kam sich albern vor, während er durch das leere Gebäude schlenderte, aber er konnte nicht unhöflich sein. Er musste die Besichtigung machen. Vielleicht lief das nach dem Motto, eine Hand wäscht die andere. Er kaufte eine Wohnung, sie gaben ihm den IT -Auftrag. Zumindest war es nett von ihm.
    Er ging bis ans Ende des Gebäudes, und dort fand er einen weiteren Treppenaufgang, dunkel und aus Beton. Als er in den dritten Stock kam, hörte er Stimmen, nahe, gleich auf der anderen Seite der Brandschutztür. Hatte Mudschaddid fünfter Stock gesagt und den dritten gemeint?
    Alan öffnete die Brandschutztür, und ein hallendes Grölen strömte hindurch. Er war in einem großen, kahlen Raum voller Männer, einige in Unterwäsche, einige in roten Overalls, und alle brüllten. Er hatte mal Bilder von Gefängnisturnhallen gesehen, die in Schlafsäle umgewandelt worden waren, und genauso sah das hier aus. Rund fünfzig Betten standen im Raum, zwischen ihnen waren Wäscheleinen gespannt. Die Betten waren aber leer – alle Männer waren in der Mitte versammelt, schrien, drängelten. Alan war in eine Art Kampf geraten. Das waren die Arbeiter, die Alan auf dem Gelände gesehen hatte; Yousef hatte gesagt, es seien Malaysier, Pakistani, Filipinos.
    Alan wollte gehen, und zwar schnell, konnte sich aber nicht losreißen. Was ging da vor? Er musste wenigstens sehen, worum sie stritten. Im Zentrum standen zwei Männer mit ineinander verschlungenen Armen. Einer von ihnen hatte irgendetwas in der Hand. Alan konnte es nicht sehen – es passte in die Hand des Mannes. Geld? Etwas sehr Kleines. Schlüssel?
    Ein Mann am äußeren Rand sah Alan und machte den Mann neben sich auf ihn aufmerksam. Sie glotzten beide entgeistert. Einer der beiden Männer bedeutete Alan, zu ihnen zu kommen, vermutlich um den Kampf zu beenden, was sie nicht konnten. Alan trat einen Schritt auf sie zu, doch der zweite Mann winkte ab, wollte Alan anscheinend wegscheuchen. Er blieb stehen.
    Jetzt sahen ein paar weitere Männer Alan, und innerhalb von Sekunden hatten sie allen im Raum seine Gegenwart verkündet. Es wurde still, und der Kampf hörte auf. Alle Männer, alle zwei Dutzend oder so, standen reglos da, als wäre Alan gekommen, um sie zu kontrollieren. Der Mann, der ihn ursprünglich näher gewinkt hatte, tat es erneut. Alan machte noch einen Schritt auf sie zu, übersah aber die tiefe Rille im Boden. Er blieb mit dem Schuh hängen und drohte prompt, mit rudernden Armen nach hinten zu kippen. Er fand vorübergehend das Gleichgewicht wieder, rutschte dann aber auf dem sandigen Boden aus, sodass er plötzlich nach links torkelte. Er drohte komplett die Haltung zu verlieren, fand aber rechtzeitig eine Wand und konnte sich abfangen. Die fünfundzwanzig Männer sahen das alles.
    Alan hatte jetzt zwei Möglichkeiten. Er konnte einfach den Rückzug antreten, nachdem er sich zum Narren gemacht hatte, ohne überhaupt ein Wort zu sagen. Oder er konnte bleiben, denn schließlich hatten sie nicht gelacht und schienen noch immer eine gewisse Aura um ihn herum zu sehen. Irgendetwas an seiner Fremdheit, seiner Kleidung, besagte, dass er mehr hierher gehörte als sie.
    Alan hob eine Hand. – Hallo.
    Ein paar Männer nickten.
    Alan ging auf sie zu und nahm den Geruch von arbeitenden Männern wahr, von Schweiß und Zigaretten und muffiger Wäsche.
    – Was ist denn hier los?, sagte Alan. Worum geht’s? Er hörte den leichten Anflug eines

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