Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
Vom Netzwerk:
den Schlüssel in die Zündung und drehte ihn. Der Motor sprang dröhnend an. Alan fragte sich, was für ein Tempo oder Kurs hier ratsam wären, in einem Kanal von unbekannter Länge. Erstreckte er sich bis zum Meer mit einer Tiefe, die es ihm ermöglichte, die Stadt zu verlassen und hinaus aufs offene Wasser zu fahren?
    – Sofern hier keine versteckten Sandbänke sind, passiert uns nichts, sagte Alan, und sie lachten beide, weil der Kanal so flach und klar war wie ein Swimmingpool.
    Alan zog den Gashebel zurück. Sie verließen den Liegeplatz und gondelten die türkisfarbene Wasserstraße hinunter. Es war alles makellos – kein bisschen Schmutz im Wasser, keine Unebenheit auf dem Grund.
    Die Luft, die noch Augenblicke zuvor stickig gewesen war, wurde jetzt von einem wunderbaren Wind aufgefrischt, der ihnen das Haar nach hinten wehte. Alan sah al-Ahmad an, der breit lächelte und die Augenbrauen hob, als wollte er sagen: Hab ich uns da was Schönes organisiert oder was? Alan liebte den Mann und liebte das Boot und den Kanal und diese entstehende Stadt.
    Sie passierten die Anfänge von weiteren Gebäuden zu ihrer Rechten und sahen weiter vorn eine hohe Fußgängerbrücke. Al-Ahmad erläuterte den Plan für diesen Teil des Bauprojektes.
    – Sie haben in Chicago gelebt, ja?, sagte er.
    So in etwa sollte es werden, erklärte er, ein bisschen wie Venedig. Promenaden auf beiden Seiten des Wassers, zahlreiche Anlegeplätze mit Restaurants gleich davor, Wassertaxis. Es war etwas Ästhetisches, aber auch eine ökologische Entscheidung. Die Luft um Dschidda herum war oft smogbelastet, und auch die Kunststofffabriken würden Schadstoffe abgeben, daher versuchten sie, möglichst alle Emissionen zu verringern. Die Leute können mit dem Kajak zur Arbeit fahren.
    – Ein Wasserbike nehmen, einen Gondoliere anheuern, was auch immer, sagte al-Ahmad. Biegen Sie hier ab.
    Ein kleinerer Seitenarm zweigte von dem Kanal ab. Alan folgte ihm und sah bald darauf die Anfänge des Finanzzentrums, von dem ihm der amerikanische Architekt auf der Botschaftsparty erzählt hatte. Es war noch nicht viel zu sehen, bloß eine riesige Scheibe Land mitten im Wasser, aber es war trotzdem umwerfend. Die Glastürme, die sich aus diesem kristallenen Wasser erheben und sich drin spiegeln würden.
    Alan wollte hierbleiben. Er wollte die Stadt wachsen sehen, und er wollte ein Jachtbesitzer sein. Vielleicht in Marina Del Sol. Was hatten sie da noch mal für eine Eigentumswohnung haben wollen? Nach diesem Deal könnte er sich das leisten. Und der Deal schien jetzt so gut wie unter Dach und Fach. Es war bloß noch ein Geduldsspiel. Al-Ahmad mochte ihn und vertraute ihm so sehr, dass er ihm erlaubte, eine leuchtend weiße Jacht durch die unberührten Kanäle der Stadt zu steuern. Alan war bereits Teil der frühen Geschichte dieser Stadt. Er umkreiste die Finanzinsel zweimal, dreimal.
    Sie waren beide glückliche Männer, Visionäre. Alan hatte zum ersten Mal seit seiner Ankunft das Gefühl, dazuzugehören.
    Zurück im Zelt stürmte Alan durch die Tür und sah, dass zwei der drei jungen Leute wach waren und an ihren Laptops arbeiteten. Cayley schlief in einer Ecke. Als er sie weckte und alle drei zusammenrief und ihnen die Neuigkeiten mitteilte, wurden sie mehr oder weniger augenblicklich die motivierten und kompetenten Leute, als die Reliant sie eingestellt hatte.
    Binnen einer Stunde war das WLAN stark genug, um damit zu arbeiten. Al-Ahmad hatte sein Versprechen gehalten und sich zu Alans großer Erleichterung als der Mann erwiesen, der Dinge geregelt bekam. Bald darauf waren die Techniker im Zelt und reparierten die Klimaanlage. Schon am frühen Nachmittag waren es kühle zwanzig Grad, und die jungen Leute hatten die ganze Ausrüstung aufgebaut – die Leinwände, die Projektoren, die Lautsprecher. Sie hatten mit Klebestreifen die Markierungen auf der Bühne angebracht, hatten einen kurzen Probelauf gemacht.
    Um vier Uhr waren sie so weit, das Hologramm zu testen. Sie stellten die Verbindung zum Londoner Büro her, der nächstgelegenen Reliant-Außenstelle, die die technischen Möglichkeiten dazu hatte, und um fünf Uhr, genau in dem Moment, als der Shuttle kam, hatten sie zwei komplette Durchläufe der zwanzigminütigen holografischen Präsentation erfolgreich abgeschlossen. Es lief alles wie am Schnürchen. Es war erstaunlich. Einer ihrer Kollegen in London schien in ihrem Zelt am Roten Meer auf der Bühne herumzuspazieren, konnte live auf Fragen antworten,

Weitere Kostenlose Bücher